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⚔️ Die Beziehung der Templer zu den Katharer

Über die Beziehungen der Templer zu den „Katharern“ im Süden Frankreichs (die Bezeichnung setzte sich erst im 20. Jahrhundert durch, tauchte im Zusammenhang mit angeblichen häretischen Strömungen aber seit dem 12. Jahrhundert in theologischen Traktaten auf) und die Rolle des Ordens während des Albigenserkreuzzuges wurden und werden zahlreiche Legenden verbreitet. Sie nehmen ihren Anfang im 19. Jahrhundert und gehen bis dahin, den Templern eine insgeheim „katharische Religion“ zuzuschreiben. So nannte der Jesuit Augustin Barruel in seinen Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus (1801) die Templer in einem Atemzug mit diversen antiken Häresien, den Albigensern und schließlich den Freimaurern und Protagonisten der Französischen Revolution, die er in einer gewaltigen Verschwörung gegen das Christentum arbeiten sah. Der liberale Gelehrte Gabriel Rossetti – Vater des berühmten Präraffaeliten-Malers – suchte in seinen Ausführungen zur Divina Commedia zu beweisen, dass Templer und Albigenser zu einer Art organisierten antikirchlichen Opposition gehörten.

‚Katharer‘ und Häresie in Südfrankreich:
Vorab muss gesagt werden, dass die Ansicht, in Südfrankreich existiere eine durch und durch verderbte, von Häresie durchsetzte Gesellschaft, auf die Berichte vornehmlich Zisterziensischer Gesandten und Legaten wie Bernhard von Clairvaux und Henri de Marci zurück gehen. Die Idee, bei „den Häretikern“ handele es sich um eine geschlossene Gemeinschaft, die im Geheimen arbeite, seit langer Zeit die Kirche unterminiere und die Christen korrumpiere, lässt sich bei Ademar de Chabannes sowie in den antihäretischen Schriften von Petrus Venerabilis und Eckbert von Schönau nachweisen. Hier tauchen auch erstmals Hinweise auf dualistische Glaubenssätze auf, die in Folge als Synonym der „Katharer“ gesehen wurden. Die genannten Schriften stellen jedoch keine direkte Auseinandersetzung mit selbst erfahrenen häretischen Glaubenssätzen dar, sondern sind rhetorische Fiktionen. Ihr Ziel war nicht primär die Widerlegung tatsächlicher Häretikerlehren, sondern die Darlegung der katholischen Doktrin. Eine geschlossene häretische „Gegenkirche“ wie sie Henri de Marci 1178 beschwört, kann so nicht nachgewiesen werden.
Wie R.I. Moore zeigte, sind diverse Dissidentengruppen in ganz Europa erkennbar, die vermutlich aus der apostolischen Bewegung entstanden, in der auch die Gregorianische Reform fußte. Gemeinsam war diesen Gruppen eine Kritik am verweltlichten Klerus. Zunächst noch mit Billigung aus Rom wurde die Sakramentenspendung sündiger Kleriker boykottiert. Von diesem Fundament aus war es nur noch ein kleiner Schritt, die Sakramente und die kirchliche Hierarchie überhaupt in Frage zu stellen – was bei zahlreichen Dissidentengruppen getan wurde.
Eine Häresieanklage war stets ein (auch) politisches Instrument, das gegen akademische Gegner, Vasallen und unbotmäßige Stadtbürger eingesetzt wurde. Es kann auf keinen Fall davon ausgegangen werden, dass jedes Individuum oder jede Gruppe, die angeklagt wurde, auch überzeugte Anhänger einer wie auch immer gearteten Häresie waren. Die Stadtväter des unter Interdikt stehenden Toulouse beispielsweise, das von einem Kreuzfahrerheer belagert wurde, riefen innig ihren Lokalpatron, den Hl. Saturnin, um Hilfe gegen das Kreuzfahrerheer an (das ebenfalls auf den Heiligen vertraute). Hier wie überall im Albigenserkreuzzug dürfen Antiklerikalismus und politische Ressentiments auf beiden Seiten nicht mit religiöser Divergenz gleichgesetzt werden. Ein nicht zu unterschätzendes Problem war auch, dass aufgrund der Gesetzgebung von Ad Abolendam (1184) und dem IV. Laterankonzil jeder, der nicht entschieden genug gegen Häretiker vorzugehen schien, sofort selbst unter Verdacht geriet und mit entsprechenden Sanktionen belegt wurde. Auch die katholischen Erben eines Häretikers waren nicht rechtsfähig – der Ankläger erbte zum Beispiel den Besitz.
Der modernen Imagination von (Roman-)autoren gehört auch die These an, dass das „kirchenferne“ Südfrankreich besonders fortschrittlich im Vergleich zum „kirchentreuen“ Nordosten Europas gewesen sei. Sowohl soziologisch, als auch wirtschaftlich und kirchenorganisatorisch war die Region im Rückstand.

Templer und Albigenserkreuzzug
Wahr ist, dass die Templer am Kreuzzug gegen die Albigenser nur in geringer Zahl teilnahmen, was aber auch in ihrem gleichzeitigen Engagement im Orient begründet lag. Sie waren enge Vertraute des Kreuzzugsführers Simon de Montfort und schützten beispielsweise 1212 dessen Sohn bei einem Aufruhr in Narbonne. Der Templer-Provinzmeister Guillaume d’Alliac war auf Seiten der Kreuzfahrer bei der Belagerung von Toulouse. Ein Templer war es auch, der ein geplantes Attentat auf den pro-französischen Bischof von Toulouse, Folquet de Marseille, entlarvte.
Nichts desto trotz gab es auf Grund langer familiärer Bindungen Sympathien der ortsansässigen Templer mit dem – als häresieverdächtig eingestuften lokalen – Adel. So wurden derart verdächtige Adlige im Roussillon durchaus auf Templerfriedhöfen bestattet.
Eine dualistische „katharische“ Häresie nachzuweisen wurde sich später während des Prozesses nicht bemüht. Zwar enthalten die Anklagepunkte der Provinzialkonzilien theologische Fragen, die auf katharische Ansichten und Praktiken hindeuten, doch eben auch auf andere abweichende Ansichten. Derartige Fragen gehörten zum Standartrepertoire der Inquisition, die versuchte, die angetroffene oder zugeschriebene Häresie entsprechend zu klassifizieren.

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