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Ewige Sommerzeit Zeitumstellung abschaffen? Nicht die beste Lösung

Darum geht’s:
Die EU will die Uhrumstellung eigentlich abschaffen
Ob wir wollen oder nicht – zweimal im Jahr wird die Uhr umgestellt: am letzten Sonntag im März eine Stunde vor – und am letzten Sonntag im Oktober wieder eine Stunde zurück. Dabei sollte damit eigentlich längst Schluss sein. Im Jahr 2019 stimmte das EU-Parlament dem Vorschlag der EU-Kommission zu, die Umstellung 2021 abzuschaffen. Doch seitdem ist nichts passiert. Die Umstellung soll nun doch bis mindestens Ende 2026 bleiben. Grundlage für die Abschaffung der Uhrumstellung war eine Befragung von Menschen, die in der EU leben.
Bei dieser (nicht repräsentativen) Onlineumfrage stimmten 84 Prozent für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit. 4,6 Millionen Menschen nahmen insgesamt daran teil, zwei Drittel von ihnen kamen aus Deutschland. Die Mehrheit der Deutschen ist laut anderen Erhebungen für eine dauerhafte Sommerzeit. Dabei raten Wissenschaftler:innen von dieser Variante ab.

Auswirkungen wie ein Minijetlag
Die Umstellung der Uhr ist deshalb so unbeliebt, weil sie wie ein Minijetlag auf unseren Körper wirkt. Jede unserer Zellen besitzt eine innere Uhr – tief in unserem genetischen Code. In uns ticken also Millionen Uhren, sie sind unsere zentralen Taktgeber und haben viele Aufgaben. Sie regeln unseren Organismus, steuern lebenswichtige Vorgänge und organisieren uns sowohl tagsüber als auch in der Nacht. Sie folgen aber einem bestimmten Takt. Wenn sich dieser Takt ändert, dann merken wir das.

Hier erklären wir dir, warum der Jetlag schlimmer ist, wenn du nach Osten fliegst!
Bei diesem Jetlag, wie wir ihn durch die Umstellung der Uhren zweimal im Jahr künstlich herbeiführen, müssen die inneren Uhren in uns jedes Mal wieder in den neuen Takt gebracht werden. Es gilt die Regel, dass sie etwa einen Tag benötigen, um eine Stunde Jetlag zu verarbeiten. Das kennen wir von Fernreisen: Um sich etwa von einem Hawaii-Urlaub zu erholen, brauchen wir bei einer Zeitverschiebung von zehn Stunden ungefähr zehn Tage. Erst dann ticken unsere inneren Uhren wieder wie gewohnt. So stark wirkt sich die Umstellung auf Winter- oder Sommerzeit zwar nicht aus, sie wirft uns dennoch etwas aus der Bahn.

Darum müssen wir drüber sprechen:
Nur Sommer- oder Winterzeit hätte Konsequenzen
Szenario: ewige Sommerzeit
Stellen wir uns mal vor, die EU würde es doch noch schaffen, die Uhrumstellung abzuschaffen und auf eine ewige Sommerzeit umzustellen: Hätten wir immer Sommerzeit, würde es im Winter erst sehr spät hell werden, oft erst gegen 9 Uhr oder sogar noch später. Auf unserem Weg zur Arbeit, zur Uni oder zur Schule wäre es den gesamten Winter über dunkel. Abends würde es dafür allerdings viel länger hell bleiben.

Nehmen wir als Beispiel mal Köln am 21. Dezember 2022 (Winteranfang): Bei einer ewigen Sommerzeit würde die Sonne hier erst um 9.33 Uhr aufgehen und um 17.27 Uhr untergehen.

Diese Zeiten wären aber fatal, weil sich unser Körper am Stand der Sonne orientiert. Am fittesten sind wir, wenn die Sonne im Zenit steht – das ist gerade gegen 12 Uhr. Bei einer ewigen Sommerzeit wäre dies deutlich später der Fall, unsere Leistungsfähigkeit wäre womöglich nicht mehr mit den gesellschaftlich etablierten Tagesrhythmen im Einklang.

Unsere innere Uhr ist auch schon ohne die ewige Sommerzeit durcheinander. Schuld daran ist das künstliche Licht: Weil wir uns am Tag meist drinnen aufhalten – wo es um diese Zeit in der Regel dunkler ist als draußen –, es dafür nachts aber nicht richtig dunkel wird, weil es viele Lichtquellen gibt, hat sich die innere Uhr verschoben. Sie ist um etwa vier Stunden vorgestellt.

Zurzeit ist für unsere innere Uhr etwa um vier Uhr morgens Mitternacht und um vier Uhr nachmittags Mittagszeit. Deshalb brauchen die meisten Menschen auch einen Wecker, um morgens aus dem Bett zu kommen.

Szenario: ewige Winterzeit
Eine dauerhafte Winterzeit käme unserem Rhythmus schon eher entgegen. Allerdings ginge dann im Sommer die Sonne schon auf, wenn unsere Uhren noch frühes Morgengrauen anzeigen. Und sonnige Sommerabende würden nur noch kurz sein.

Nehmen wir wieder Köln als Beispiel, dieses Mal am 21. Juni 2022 (Sommeranfang): Würde es eine ewige Winterzeit geben, würde die Sonne schon um 4.19 Uhr aufgehen und um 20.48 Uhr wieder untergehen. Auch das wäre nicht optimal, aber angenehmer als eine ewige Sommerzeit.

Jeder Mensch tickt anders
Die Rhythmik von uns Menschen unterscheidet sich individuell um ein paar Stunden. Die Ursache hierfür ist Cortisol. Das Wachmacherhormon aktiviert unseren Körper und wird grundsätzlich in den Morgenstunden zwischen sechs und acht Uhr ausgeschüttet.
Auch Testosteron ist in dieser Zeit am höchsten; bei Frauen allerdings in geringerer Menge. Testosteron steigert unseren Antrieb und wirkt ebenso wie Cortisol aktivierend. Das Schlafhormon Melatonin ist zu diesem Zeitpunkt auf dem Tiefpunkt, weil seine Produktion vom Licht gestoppt wird.

Eulen versus Lerchen
Das ist der Grund dafür, warum es sogenannte Eulen und Lerchen gibt, also Abendmenschen und Frühaufsteher. Eulen schlafen länger und sind dafür abends fit und munter. Lerchen hingegen stehen früher auf, werden allerdings zumeist auch eher müde.

Die meisten von uns liegen irgendwo dazwischen. Unser Biorhythmus ist auf Aktivität und Verdauung bei Licht und auf Ruhe bei Dunkelheit eingestellt.

Und jetzt?
Mehrere Zeitzonen in Europa oder Umstellung behalten
Das ständige Hin und Her der Umstellung bringt unsere innere Uhr durcheinander und hat negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Statt einer dauerhaften Sommerzeit empfehlen Schlafforschende, zur Winterzeit zurückzukehren.
Bis 1980 war diese Zeit der Normalfall. Dann wäre es im Sommer zwar extrem früh hell – in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands, würde die Sonne etwa um Viertel vor vier aufgehen – aber dafür wären wir tagsüber deutlich fitter.

Eigentlich wäre es ideal, sich in Europa auf mindestens drei verschiedene Zeitzonen zu einigen, sagt Steffen Schädlich, Schlafmediziner im Krankenhaus Martha-Maria in Halle (Saale). So könnte man am besten auf den Sonnenstand und die Gegebenheiten vor Ort – die in Frankreich und Spanien anders als etwa in Deutschland sind – eingehen.

Fest steht aber auch: Die Abschaffung der Uhrumstellung hätte – egal welche Zeit am Ende bleibt – Konsequenzen und wir müssten uns ziemlich umgewöhnen. Die Umstellung einfach beizubehalten, wäre eine Möglichkeit, über die wir angesichts möglicher Konsequenzen einer Abschaffung noch mal nachdenken sollten.

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