Besser leben

Artikel Kopfzeile: Klimakosten So teuer werden die Folgen des Klimawandels

Darum geht’s:
So teuer werden die Folgen des Klimawandels
Der weltweite CO2-Ausstoß war im Jahr 2021 so hoch wie nie zuvor. Das hat die Internationale Energieagentur (IEA) ermittelt. Machen wir so weiter, hat das Folgen: Es wird noch häufiger Extremwetter-Ereignisse geben, die dazu noch intensiver ausfallen. Konkret bedeutet das: mehr Hitzewellen, mehr Dürren, mehr Überschwemmungen.

Ein paar der Auswirkungen
Ein Kind, das 2020 geboren wurde, wird sieben Mal so viele Hitzewellen und drei Mal so viele Überflutungen erleben wie jemand, der 1960 geboren wurde. Die Extremwetter-Ereignisse haben für Wirtschaft und Gesellschaft viele Auswirkungen – um nur ein paar zu nennen:

Ernte-Einbußen. Sie können Lebensmittelpreise in die Höhe treiben. Gerade einkommensschwache Haushalte haben wenig Spielraum, um das abzufedern.
Flutschäden. Der Meeresspiegel steigt an. Das führt zu einer Zunahme von Überflutungen. Land geht verloren, Infrastruktur wird zerstört. Menschen verlieren ihre Häuser und Unternehmensräume. Produktionsabläufe werden unterbrochen. Die Attraktivität von touristischen Regionen leidet.
Migration. Menschen ziehen aus Regionen, deren Lebensgrundlagen durch Klimawandel besonders beeinträchtigt werden, in Regionen, in denen der Klimawandel nicht so starke negative Auswirkungen hat.
Gesundheitsprobleme. Unter vermehrten Hitzetagen leiden vor allem Vorerkrankte, Kleinkinder und Senioren. Aber auch Arbeitnehmer, die draußen tätig sind, können sich kaum vor Hitze schützen. Mehr dazu, wie der Klimawandel unsere Gesundheit gefährdet, lest ihr hier.
Und wie viel kosten diese Auswirkungen jetzt?
Der Klimawandel hat Auswirkungen auf Infrastruktur, Produktion, Gesundheit und Produktivität. Diese Folgen führen zu einer Abnahme des Bruttoinlandproduktes, stellen mehrere Forschende in einem Bericht des Umweltbundesamts fest.

Deshalb schauen wir uns zunächst diese Kennzahl an – auch wenn das BIP als Gradmesser unseres Wohlstands nicht unumstritten ist, wie ihr hier lest.

Wie könnte sich das deutsche BIP entwickeln?
Das Wirtschaftsunternehmen Deloitte hat mehrere Szenarien für das deutsche BIP verglichen.

In einem wird das 1,5- Grad-Ziel erreicht, weil gehandelt wird.
In einem wird nicht gehandelt – und die Erde erwärmt sich um 3 Grad.

Im 3-Grad-Szenario würde das deutsche BIP 2070 rund 2,5 Prozent geringer ausfallen. Das wären 140 Milliarden Euro Verlust. Arbeitsplätze gäbe es 830.000 weniger.
Will man stattdessen das 1,5-Grad-Ziel erreichen, braucht es massive Investitionen. Die würden, so die Autoren, zunächst die Wirtschaftsleistungen belasten.

Aber: Es kommt der Punkt, wo der Nutzen des Klimaschutzes seine Kosten übersteigt. Dieser Punkt wäre 2038 erreicht. Ab da zahlen sich vermiedene Schäden aus und es ergeben sich neue wirtschaftliche Chancen, so die Autoren.

Die Autoren betonen aber: Ohne ein globales Vorgehen kann der Klimawandel nicht gestoppt werden.

Dabei trifft es die deutsche Wirtschaft eher indirekt
In einem Bericht des Umweltbundesamts heißt es, dass Deutschland gar nicht so stark von den direkten Folgen des Klimawandels betroffen ist. Andere Länder treffen sie wesentlich stärker. Aber: Man muss trotzdem mit großen Auswirkungen auf die hiesige Wirtschaft rechnen. Denn als Exportnation ist Deutschland von den Entwicklungen im Rest der Welt abhängig.

Wenn Handelspartner mit Naturkatastrophen zu kämpfen haben, kann ihre Produktion ins Stocken geraten. Dann können Materialen oder Komponenten, die für deutsche Produkte gebraucht werden, nicht geliefert werden. Lieferketten brechen also zusammen. Das war schon in der Corona-Pandemie ein Problem. Produkte konnten zum Beispiel nicht verschifft werden, weil die Arbeit in Häfen wegen Lockdowns stilllag.
Wenn andere Länder mit Naturkatastrophen kämpfen, haben sie andere Dinge im Sinn als deutsche Produkte zu bestellen. Und selbst wenn sie Bestellungen tätigen möchten, haben sie vielleicht nicht mehr das nötige Geld dafür übrig.
Wenn man das ignoriert, kann das zu einer „systematischen Unterschätzung“ des Klimawandelrisikos führen, so der Bericht.

Da Deutschland also von der wirtschaftlichen Entwicklung im Rest der Welt abhängig ist, lasst uns auch noch einen Blick auf das globale BIP werfen.

Das weitweite BIP
Ein internationales Team von Forschenden schätzt, wenn der nötige Klimaschutz ausbleibt, könne das globale BIP im Jahr 2100 um ein Drittel niedriger sein.

Negative Auswirkungen sind vor allem in Afrika, Südasien und Lateinamerika zu erwarten. Hinzu kommt: Steigende Temperaturen können zu mehr Krankheitstagen und zu einer geringeren Konzentration führen. Das beeinflusst dann auch die Arbeitsproduktivität.

Es gibt eine Reihe von Experimenten, die zeigen, dass ab einer Temperatur von 25 Grad die Arbeitsproduktivität sinkt, sagen Forschende um den Ökonom Gernot Klepper von der Uni Kiel.

Aber: Das Ausmaß ist nicht voll erfassbar
Es sei allerdings nicht machbar, das „wirtschaftliche Ausmaß des Klimawandels“ vollständig zu erfassen und zu modellieren, so Klepper und Kollegen. Warum das so ist, lest ihr später im Aber.

Folgen sind schon jetzt sichtbar – und kosten
Was wir aber jetzt schon mit Sicherheit sagen können: Von diesen Auswirkungen ist gar nicht alles Zukunftsmusik. Bereits jetzt sind die Folgen des Klimawandels sichtbar – und teuer.

Weltweit ist beispielsweise die Anzahl und Dauer von Dürreperioden seit 2000 um ein Drittel gestiegen. Das geht aus dem UN-Dürrebericht hervor.
Der wirtschaftliche Schaden durch Dürren wird allein für die Jahre von 1998 bis 2017 mit rund 124 Milliarden Dollar beziffert.
Kosten in Deutschland
Auch in Deutschland kommt man, selbst wenn man nur einzelne Ereignisse als Folge des Klimawandels bewertet, „sehr schnell auf sehr hohe Kosten“, sagt Irmgard Buder. Sie ist Professorin für Erneuerbare Energien an der Hochschule Rhein-Waal.

In Deutschland hat es von 2000 bis 2021 insgesamt 619 solcher Extremereignisse gegeben. Das hat eine Studie für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ermittelt.

Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 145 Milliarden Euro. Damit ist die Summe in etwa so hoch wie die neuen Schulden, die Deutschland 2022 aufnehmen will.

Über die Hälfte, 75 Milliarden, entfielen dabei auf drei große Ereignisse: Die Hitzesommer 2018 & 2019 sowie die Flut 2021.

Durch die Dürren gab es Ernteausfälle und Waldbrände. Bei der Flut wurden Wohngebäude, Hausrat und Betriebe zerstört. Auch die Infrastruktur der betroffenen Bundesländer wurde stark in Mitleidenschaft gezogen.

Die Forscherin Irmgard Buder resümiert: Schon die Erwärmung von 1,2 Grad hat in Deutschland „offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen mit entsprechenden Folgen“. Wollen wir verhindern, dass es so weitergeht, müssen wir in Klimaschutz investieren.

Darum sollten wir darüber sprechen:
Investitionen in Klimaschutz und Anpassungen an den Klimawandel sind unumgänglich
Deutschland hat sich vorgenommen, seinen Klimazielen schneller als bisher näher zu kommen. „Die Klimaschutz-Geschwindigkeit muss sich nahezu verdreifachen“, schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Konkret heißt das: Während die Emissionen in den letzten Jahren im Schnitt um 15 Millionen Tonnen pro Jahr gesunken sind, müssen sie von nun an bis 2030 um 36 bis 41 Millionen Tonnen sinken.

Doch das scheint noch ein langer Weg – und ein teurer, wie man immer wieder hört.

Bisherige Investitionen sind die Basis
Wenn man wissen möchte, was Klimaschutz in Zukunft noch kosten wird, muss man zuerst schauen: Was wurde denn bereit investiert? Denn davon ausgehend erstellen Wissenschaftler ihre Prognosen.

Lasst uns daher zuerst einen Blick darauf werfen, wie viel Geld bislang in Klimaschutz geflossen ist.

Wir greifen dabei auf eine Aufstellung des Instituts der deutschen Wirtschaft zurück, das unterschiedliche Berechnungen zusammengetragen hat.

Also: Das haben Klimaschutz und Anpassung bisher gekostet
Weltweit

Der Klimawandel ist ein globales Problem. Dementsprechend sind Investitionen von allen nötig. (Warum sich die Länder damit schwertun, lest ihr übrigens hier). Wie viel Geld ist bislang also global geflossen?

Weltweit wurden laut der Denkfabrik Climate Policy Initiative (CPI) 2017 und 2018 jeweils über 500 Milliarden Dollar in Klimaschutz und Klimawandelanpassung investiert. Zum Vergleich: So viel Geld hat der Facebook-Konzern an der Börse an Wert verloren, nur, weil er sich in Meta umbenannt hat.

Unter die 500 Milliarden Dollar wurden sowohl öffentliche als auch private Investitionen erfasst.
Ihr Geld haben die Investoren vor allem in die Erzeugung von Erneuerbaren Energien gesteckt.
Auch in einen Co2-armen Verkehr flossen einige Dollar: 141 Milliarden in den Jahren 2017 und 2018. Zum Beispiel wurde mehr Geld in Schienenprojekte investiert, mehr private Haushalte haben sich E-Autos zugelegt.
Nur: Laut CPI reichen diese Ausgaben bisher noch lange nicht.

Deutschland
Gucken wir uns an, wie viel Geld in Deutschland in Klimaschutz investiert wurde.

Knapp 43 Milliarden Euro flossen im Jahr 2016 in klimaspezifische Investitionen. Darunter fallen unter anderem Ausgaben für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Das hat das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) 2019 in einem Bericht festgestellt.

Eine Zahl zum Vergleich: 2018 wurde eine wesentlich höhere Summe, 65 Milliarden Euro, in Subventionen investiert – und zwar in solche, die laut Umweltbundesamt umweltschädlich sind.

Warum Subventionen häufiger nicht das bewirken, was sie sollen, lest ihr hier.

So viel werden Klimaschutz und Anpassung noch kosten
Die Klimafinanzierung habe ein Rekordniveau erreicht, stellt CPI fest. Allerdings „bleiben die Maßnahmen immer noch weit hinter dem zurück, was in einem 1,5-Grad-Szenario erforderlich ist“.

Was kommt also noch auf uns an Kosten zu?

Weltweit
Welche Kosten stehen für was im Raum?

Laut CPI: In die Energiesysteme müssten zwischen 1,6 und 3,8 Billionen Dollar gesteckt werden – von 2016 bis 2050. Zum Vergleich: Anfang 2022 war allein das US-Unternehmen Apple an der Börse drei Billionen Dollar wert.
Laut OECD: In die weltweite Infrastruktur müssten pro Jahr 6,3 Billionen Dollar gesteckt werden – also zum Beispiel in Verkehr, aber auch in Energieinfrastruktur. Von 2017 bis 2030.
Laut Internationaler Energieagentur: 31 Billionen Dollar mehr müssten in Bereiche wie Energieeffizienz und Infrastruktur gesteckt werden. Bis 2070.
Aber: Forschende gehen auch von einem hohen, wirtschaftlichen Nutzen der Investitionen aus. Laut CPI wäre der Nutzen von Klimaschutz und Klimawandel-Anpassung drei Mal höher als ihre Kosten.

Und Deutschland?
Laut der Denkfabrik Agora Energiewende müssten allein Bund, Länder und Kommunen 260 Milliarden Euro investieren – zum Beispiel in die Modernisierung von Gebäuden oder den ÖPNV. Hinzu kommen noch 200 Milliarden Euro, um Anreize zu setzen, damit private Investoren ihr Geld in Klimaschutz und Anpassung stecken.

Unterschiedliche Zahlen
Die Schätzungen, wie viel Geld noch nötig ist, haben eine recht weite Spannbreite, heißt es von der Initiative CPI.

Das liegt unter anderem daran, dass die Ansätze und Methoden, mit denen Daten erhoben werden, unterschiedlich sind.
Auch das Wörtchen „Investitionen“ wird unterschiedlich definiert. In manchen Berichten geht es beispielsweise „nur“ um Klimaschutzmaßnahmen, in anderen auch um die Anpassung an den Klimawandel.
Welche Gründe es noch für unterschiedliche Prognosen gibt, könnt ihr jetzt im „Aber“ lesen.

Aber:
Darum gibt es unterschiedliche Prognosen
Es gibt diverse Gründe dafür, warum es so unterschiedliche Prognosen zu den Kosten für Klimaschutz und zu den Kosten der Klimawandel-Folgen gibt. Schauen wir uns ein paar an.
Definitionen: Schon das Wörtchen „Investition“ kann sehr unterschiedlich ausgelegt werden. Manche Prognosen beziehen Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein, andere nicht. In manchen geht es „nur“ um Klimaschutzmaßnahmen, in anderen auch um die Anpassung an den Klimawandel.

Es ist auch ein entscheidender Punkt für Kosteneinschätzungen, wie ich Kosten definiere. Und das klingt leichter, als es ist. Denn viele Klimafolgen kann man gar nicht in Geldsummen ausdrücken. Ansonsten müssten wir zum Beispiel nach einer Hitzewelle definieren, wie viel das Leben der Toten „wert“ war. Auch der Verlust von Biodiversität kann nicht in Geld ausgedrückt werden.

Annahmen: Es kommt auch auf das Modell an, mit dem Prognosen erstellt werden. Während der eine Forscher ein Modell nutzt, kritisiert der andere Wissenschaftler dieses. Denn unterschiedliche Modelle enthalten unterschiedliche Annahmen.

„Klimawandelbedingte Kosten entstehen in einer Kaskade von Wirkungsmechanismen und -kreisläufen, die jeweils mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden sind“, so Klepper und Kollegen. Eine Unsicherheit wäre zum Beispiel, dass man noch gar nicht weiß, wie stark sich das Klima in Zukunft überhaupt verändern wird. Oder ob und wie stark wird uns anpassen werden.

Von diesen Veränderungen hängen die Kosten logischerweise ab. Es müssen also Annahmen fürs Modell her. Diese Annahmen können sich dann natürlich als unzutreffend erweisen.

Zeit: Prognosen beziehen sich oft auf unterschiedliche Zeithorizonte. Es gibt Ansätze, die sich auf kurzfristige Auswirkungen von Extremereignissen und mögliche Notfallmaßnahmen beziehen. Oder Ansätze, die sich auf die langfristigen Auswirkungen eines anhaltenden Klimawandels konzentrieren.

Daten: Wenn es an die konkreten Zahlen geht, ist eine weitere Frage, wo Forschende ihre Daten herbekommen. Hat man, ganz praktisch betrachtet, überhaupt Zugang dazu? Und vor allem: Mit welchen Methoden wurden die Daten erhoben?

Ein Beispiel: Daten zur Arbeitsproduktivität sind generell schwierig zu ermitteln. Sie basieren häufig auf Feldstudien, die Produktivitätseinbußen über- oder unterschätzen können. Außerdem wird die heutige Arbeitswelt zu Grunde gelegt. Zukünftige Effekte, beispielsweise der Digitalisierung, bleiben unberücksichtigt.

Ob die Digitalisierung jetzt schon Auswirkungen auf die Produktivität hat, erfahrt ihr übrigens hier.

Einen weiteren Stolperstein: Versucht man, zukünftige wirtschaftliche Schäden zu prognostizieren, greift man auf Daten aus der Vergangenheit zurück. Diese Daten berücksichtigen dementsprechend aber nicht, ob die Wirtschaft zum Beispiel widerstandsfähiger gegenüber den Temperaturschocks werden konnte.

Und jetzt?
Die „Kosten des Nichtstuns“ vermeiden
So, was sagt die Forschung denn nun? Sollten wir uns lieber zurücklehnen, weil Klimaschutz teuer wird? Oder wiegen die Kosten des Klimawandels doch schwerer? Wir haben gesehen, dass es viele unterschiedliche Folgen gibt – und einige Probleme, Prognosen zu erstellen. Es ist also nicht leicht, die Kosten des Klimawandels zu modellieren.
Dennoch sind sich viele Forschende einige: Die gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen eines ungebremsten Klimawandels wären höher.
Einmal, weil unsere Erde dann verdammt ungemütlich wird. Es können dann Prozesse in Gang gesetzt, die nicht wieder rückgängig gemacht werden könnten.

Wenn wir das verhindern wollen, müssen wir also investieren. Und dann sind die „Kosten des Nichtstuns“, so ein geflügeltes Wort, auch schlichtweg höher.

Investitionen rechnen sich
Auch Manfred Fischedick, Direktor des Wuppertal Instituts, betont: Die Kosten des Nichtstuns müssten unbedingt vermieden werden. Es braucht stattdessen „massive zusätzliche Investitionen, die sich aber rechnen“.

Warum? Fischedick zählt Energiekosten, verringerte Importrisiken, Innovations- und Beschäftigungsimpulse durch Wandel auf – und: vermiedene Schadens- und Anpassungskosten.

Schnelles Investieren lohnt sich, sagen auch Andreas Fischer und Sandra Fluchs vom Institut der deutschen Wirtschaft. Das „verlangt ebenso die rationale und rein volkswirtschaftliche Perspektive“.

Denn: Zwar sind klimaschonende Technologien aktuell oft noch „deutlich kostenintensiver“ als konventionelle. Aber nur, wenn nun umfangreich in sie investiert wird, können sie zügig kostengünstiger und damit wettbewerbsfähiger werden. Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel der Erneuerbaren.

Beispiel Erneuerbare
Lange Zeit waren fossile Brennstoffe billig, während grüner Strom teuer war. Mittlerweile sind die Erneuerbaren aber deutlich billiger geworden. Harry Wirth, Forscher am Fraunhofer Institut ISE, sagt: „Der Preis ist dramatisch gesunken. In einem Umfang, an den vor 20 Jahren nicht mal die Optimisten geglaubt haben.“

Mittlerweile wäre Solarstrom in den meisten Regionen die günstigste Form der Energie. „Auch die Preise für PV-Module sind stark gefallen: in den vergangenen 12 Jahren um rund 90 Prozent.“ Wie das funktioniert? Werden die PV-Module mehr nachgefragt, können sie in größeren Mengen produziert werden. Diese Größenvorteile sorgen für Einsparungen. Beispielsweise lohnt es sich dann, die Produktion zu automatisieren. Das ist bei den Solar-Modulen mittlerweile der Fall, sagt Wirth.

Die IW-Ökonomen Fischer und Fluchs resümieren: „Folglich ergeben sich Kosteneinsparungen nicht durch schlichtes Abwarten, sie müssen vielmehr jetzt aktiv angeregt werden.“ Zumal Investitionen die Konsequenzen von Klimaschäden reduzieren würden.

Am Beispiel der Erneuerbaren zeigt sich auch, was passiert, wenn Kosten immer weiter in die Zukunft verschoben werden.

Kosten nicht weiter in die Zukunft schieben
Seit Herbst 2021 steigen die Energiepreise stark. Deutschland leidet darunter – weil es sich von Importen, vor allem aus Russland, abhängig gemacht hat.

„Wir haben den Ausbau der Erneuerbaren nicht genügend vorangetrieben, weil wir lieber fossile Rohstoffe billig irgendwo eingekauft haben. Dafür werden wir jetzt bestraft“, resümiert Michael Berlemann vom Weltwirtschaftsinstitut in Hamburg. „Hätten wir das getan, was Klimaforscher seit 20 Jahren propagieren, hätten wir diese Probleme gar nicht.“

Weil wir dann weniger abhängig von Rohstoff-Importen wären. Maßnahmen für Klimaschutz erzeugen also nicht nur Kosten, sie können auch langfristig zu Entlastungen führen. Das Problem daran: Die Kosten müssen heute getragen werden, die Vorteile gibt es erst in Zukunft.

Klimapolitik vs. Sozialpolitik
Hier zeigt sich ein weiteres Problem: Oft werden Klimapolitik und Sozialpolitik gegeneinander ausgespielt.

„Klimapolitische Maßnahmen können insbesondere ärmere Haushalte vor große Herausforderungen stellen“, sagen Forschende von verschiedenen Akademien in einem Impulspapier. Aber: „Richtig gestaltet kann Klimapolitik die sozialen Folgen jedoch ausgleichen.“

Wie kann sowas aussehen? Ein Beispiel sind die Diskussionen um die CO2-Abgabe. Sie wird seit 2021 auf Energie aus fossilen Energieträgern erhoben – und soll einen Anreiz setzen, weniger Energie zu verbrauchen oder auf grüne Quellen umzusatteln. Der Preis für fossile Energie wird damit höher. Er wird allerdings auch realitätsnäher, weil sich durch die Abgabe nun negative Effekte wie Umweltschäden im Preis widerspiegeln. Die Abgabe korrigiert also, dass Kosten vorher nicht eingepreist waren.

Nichtsdestotrotz trifft die Abgabe ärmere Menschen, die einen hohen Anteil ihres Einkommens für Strom ausgeben müssen, schwer. Daher wird nun vielfach von Forschenden gefordert, hier einen Ausgleich für weniger wohlhabende Haushalte zu schaffen, beispielsweise mit einem Klimageld.

Es braucht auch einen starken Willen
Für eine wirksame Klimapolitik braucht es aber auch einen politischen Willen „in einem bislang nicht erkennbaren Ausmaß“, sagen Forschende in dem Impulspapier.

Sie drängen zur Eile: „Die jetzt anstehende Legislaturperiode bietet die letzte Chance, die entscheidenden Weichen zu stellen.“

Schreibe einen Kommentar