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Corona: Warum stecken sich manche nicht an?

Kennt ihr vielleicht aus eurem Umfeld: Manche Menschen stecken sich trotz engem Kontakt mit einem Corona-Infizierten nicht an. Woran liegt das?

Darum geht’s:
Manche Menschen stecken sich trotz Risikokontakt nicht mit Corona an
Wie viele stecken sich an, wenn sie direkten Kontakt mit dem Coronavirus haben? Das wollten Forschende in Großbritannien testen und konfrontierten ein paar Freiwillige extra mit dem Virus: 34 Freiwillige bekamen also Viruspartikel verabreicht und wurden anschließend regelmäßig getestet. 18 infizierten sich, der Rest blieb verschont.
In einer anderen Studie verfolgten Forschende, wie oft Infizierte ihre Partner:innen ansteckten: Von 52 Infizierten gaben 26 das Virus weiter – also genau die Hälfte.

Kleine Studien, aber interessante Hinweise
Diese Studien sind klein und lassen sich nicht einfach so auf die Gesellschaft übertragen. Wir können daraus also nicht ableiten, dass ungefähr die Hälfte aller Menschen trotz Risikokontakten kein Corona bekommt.

Noch dazu wurden die Studien mit dem Wildtyp des Coronavirus durchgeführt, der deutlich weniger ansteckend war als alle folgenden Varianten. Würde man die Studien nochmal mit der ansteckenden Omikron-Variante durchführen, wäre die Quote derer, die sich nicht infizieren, womöglich kleiner.

Doch wahrscheinlich gäbe es auch dann eine gewisse Zahl von Menschen, die sich nicht anstecken würden. Denn auch wenn die Studien klein waren: Sie zeigen zumindest, dass es möglich ist, sich trotz engem Risikokontakt nicht anzustecken.

Wissenschaftler:innen haben bereits untersucht, woran das liegen könnte. Wir schauen uns ein paar dieser Gründe an.

Grund 1: Die T-Zellantwort
Forschende haben festgestellt, dass einige Personen, die sich trotz engem Kontakt mit einem Infizierten nicht mit Corona angesteckt haben, eine starke T-Zellantwort aufwiesen. Die T-Zellen dieser Menschen reagieren also sehr schnell auf fremde Erreger und haben womöglich auch das Coronavirus sofort unschädlich gemacht – ehe es sich so stark vermehren konnte, dass Symptome aufgetreten oder Tests positiv ausgefallen sind.

Wie frühere Erkältungen helfen können
Die Ursache für eine starke T-Zellantwort kann zum einen genetisch bedingt sein. Zum anderen haben Untersuchungen gezeigt, dass frühere Erkältungen einen Einfluss haben könnten. Da Erkältungen auch durch Coronaviren ausgelöst werden können, greifen die Abwehrmechanismen gegen diese Erkältungsviren zum Teil auch gegen SARS-CoV-2. Dieses Prinzip nennt sich Kreuzimmunität.
Wie lange wir nach einer Infektion oder Impfung immun sind, erklären wir hier.

Probanden, die sich trotz Kontakt zu einer infizierten Person nicht mit Corona ansteckten, haben in Studien ein höheres Level an kreuzreaktiven T-Zellen gezeigt. Allerdings sind vergangene Erkältungen mit Coronaviren kein grundsätzlicher Schutz gegen SARS-CoV-2. Nicht jeder scheint so eine Kreuzimmunität zu entwickeln.

Grund 2: Die Blutgruppe
Der Zusammenhang zwischen Blutgruppen und der Schwere einer Corona-Erkrankung wird schon seit Längerem untersucht. Es gab bereits Studien, die zum Ergebnis kamen, dass Menschen mit der Blutgruppe A ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf haben – im Vergleich zur Blutgruppe 0.
Wie Blutgruppen unsere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten beeinflussen können, haben wir hier aufgeschrieben.

Inzwischen haben Forschende zudem entdeckt, dass eine Blutgruppeninkompatibilität zwischen zwei Personen dafür sorgen könnte, dass die eine die andere nicht mit Corona infizieren kann. Blutgruppeninkompatibilität bedeutet einfach, dass die beiden Personen unterschiedliche Blutgruppen haben, also beispielsweise A und 0. Eine Untersuchung an Krankenhauspersonal in Frankreich zeigte, dass Infizierte deutlich seltener ihre Partner:innen ansteckten, wenn sie verschiedene Blutgruppen hatten.

Antikörper gegen fremde Blutgruppen können helfen
Den Grund dafür sehen die Wissenschaftler:innen in Antikörpern, die jeder Mensch natürlicherweise gegen fremde Blutgruppen hat. Wer zum Beispiel die Blutgruppe A hat, besitzt Antikörper gegen Blutgruppe B und andersrum. Wer die Blutgruppe 0 hat, besitzt Antikörper gegen A und B.

Wichtig ist das vor allem bei Transfusionen: Wenn jemand mit Blutgruppe 0 zum Beispiel eine Blutkonserve der Gruppe A bekommen würde, würde sein Körper mit einer heftigen, lebensbedrohlichen Abwehrreaktion auf das fremde Blut reagieren.

Die Zellen des Wirtes verändern das Virus
Die Antikörper, die wir gegen fremde Blutgruppen haben, scheinen sich mitunter auch gegen das Coronavirus zu richten. Denn die Zellen der Atemwege, in denen sich das Coronavirus vermehrt, haben Oberflächenstrukturen (Antigene), die sich auch bei den AB0-Blutgruppen wiederfinden.

Die Viren schleppen diese Merkmale ihrer Wirtszellen womöglich mit. Entweder, weil bestimmte Enzyme in den Zellen auf die Virushülle einwirken oder weil die Viren einen Teil der Zellmembran in sich aufnehmen.

Gelangt das Virus nun von einem Infizierten mit der Blutgruppe A zu einem Gesunden der Blutgruppe 0, kann es sein, dass die natürlichen Antikörper gegen die fremde Blutgruppe auch direkt das Coronavirus ausschalten. Das funktioniert allerdings nicht immer – und bisher ist nicht klar, wann dieser Effekt greift und wann nicht. Nur weil ein Risikokontakt eine andere Blutgruppe hat als man selbst, ist man nicht automatisch geschützt.

Grund 3: Das Geschlecht
Epidemiologische Daten zeigen, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Empfänglichkeit für Covid-19-Erkrankungen gibt. Frauen haben vergleichsweise häufiger einen günstigen Krankheitsverlauf. Forschende sehen einen Zusammenhang mit Sexualhormonen wie Östrogenen und Androgenen. Diese können aber nicht nur die Virusbelastung und den Verlauf einer Erkrankung beeinflussen, sondern vermutlich auch den Eintritt von Viren.
Der aktuelle Erkenntnisstand ist, dass Frauen aufgrund einer effektiveren Immunantwort wahrscheinlich besser vor Infektionen mit Corona geschützt sind – und wenn sie sich doch infizieren, scheinen sie weniger zu sogenannten systemischen Entzündungen zu neigen. Während die meisten Entzündungen lokal begrenzt sind und vom Körper örtlich in Schach gehalten werden können, ist der Körper bei systemischen Entzündungen nicht in der Lage, sie zu begrenzen, sodass sie sich auf weitere Gewebe ausbreiten. Das kann zu heftigeren Krankheitsverläufen führen.

Grund 4: Das Alter
Die Immunantwort einer Person verändert sich im Laufe des Lebens und wird tendenziell mit dem Alter schwächer. Das geschieht übrigens unabhängig vom Geschlecht. Ältere Menschen haben dadurch nicht nur schwerere Verläufe, sondern könnten sich auch eher mit dem Virus anstecken.
Das Immunsystem wird im Alter schwächer
Durchs Altern verändert sich das Immunsystem auf vielfältige Weise, was mit altersbedingten Erkrankungen und der Anfälligkeit für Infektionskrankheiten einhergeht. Im Alter wird sowohl die angeborene als auch die erlernte Immunantwort schwächer und weniger spezifisch.

Das hat zur Folge, dass Infektionen schlechter bekämpft werden können. Das wirkt sich auf die Anfälligkeit für Infektionen sowie auf den Krankheitsverlauf und mögliche Folgeschäden aus. Und auch Reaktionen auf Therapeutika oder Impfstoffe sind mitunter weniger effizient.

Grund 5: Die Viruslast
Die Viruslast gibt wieder, wie viel Virusmenge eine infizierte Person in sich trägt. Je nach Krankheitszeitpunkt kann die Viruslast bei Corona im Rachen oder in der Nase recht hoch sein. Forschende gehen davon aus, dass hohe Viruslasten auch mit einer erhöhten Infektiosität verbunden sind.
Nicht jeder Infizierte scheidet gleich viel Virus aus. Untersuchungen von großen Corona-Ausbrüchen zeigen, dass die Virusverbreitung teils von nur wenigen Individuen ausgeht, die viele andere auf einmal anstecken. Symptome sind dabei kein Indikator: Auch asymptomatische oder präsymptomatische Infizierte können hohe Viruslasten aufweisen.

Ob jemand infektiös ist, darüber kann der Ct-Wert des PCR-Tests einen ungefähren Eindruck vermitteln. Ct steht für „cycle threshold“. Der Wert gibt wieder, wie viele Zyklen ein PCR-Test durchlaufen muss, um Virusmaterial zu entdecken. Je mehr Zyklen nötig sind, also je höher der Ct-Wert, desto weniger Virusmaterial findet sich in der Probe. Besonders hohe Ct-Werte sind daher mit einer niedrigen Viruslast verknüpft.

Und jetzt?
Wer sich nicht angesteckt hat, ist nicht unbedingt immun
Die hier genannten Faktoren wirken nicht für sich allein, sie spielen zusammen und verstärken oder schwächen sich gegenseitig. Wer sich einmal nicht angesteckt hat, ist wahrscheinlich nicht grundsätzlich immun. Die Bedingungen können beim nächsten Risikokontakt anders sein – und dann kann es zur Ansteckung kommen. Nachprüfen lässt sich die eigene Anfälligkeit für das Virus leider nicht.
Der beste Schutz gegen eine Infektion sind derzeit Impfungen und AHA-Maßnahmen. Auf eine starke Immunantwort oder auf Vorteile durch Alter und Geschlecht kann man sich im Schutz vor einer Infektion nicht verlassen.

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