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⚔️ Die Anfänge des Templerordens

Die Kreuzzugsbewegung
Im Jahre 1095 rief Papst Urban II. zum ersten Kreuzzug auf. Seine Rede auf dem Konzil von Clermont gipfelte in dem Ausruf „Deus vult“ (Gott will es) und fand eine breite Resonanz unter den Rittern des Abendlandes, denen für die Beteiligung am Kreuzzug die Vergebung ihrer Sünden versprochen worden war. Sie sollten ihre privaten Fehden, die aus Sicht der Kirche eine Verletzung des Gottesfriedens darstellten, aufgeben, und sich vereinigen, um gemeinsam gegen die „Heiden“, also die Moslems, die Jerusalem beherrschten, kämpfen. Dem Bischof von Puy wurde die Leitung des Kreuzzugs übertragen, doch auch er konnte nicht verhindern, dass fehlgeleitete religiöse Fanatiker Juden ermordeten und ganze Landstriche geplündert wurden. Die Kreuzfahrer wurden über den Bosporus gesetzt und verschonten dafür Konstantinopel. Nach einem ersten Sieg über die Seldschuken bei Doryläon und der Einnahme Antiochias wurde am 13. Juli 1099 Jerusalem eingenommen. Dabei gingen die Kreuzfahrer mit unerbittlicher Härte vor, mitgereisten Chronisten zufolge wateten die Christen bis zu den Knien im Blut.
Für viele Christen war damit das Ziel erreicht: am Grabe Christi zu beten und sich Gott ganz nah fühlen zu können. Sie hatten die heiligste und angesehenste Pilgerfahrt vollbracht und die „Ungläubigen“ aus der Heiligen Stadt vertrieben. Ihre Mission war erfüllt und sie kehrten nach Hause zu ihren Familien zurück – allerdings nicht alle.

Diejenigen, die ohne Rückkehrwunsch auf den Kreuzzug gegangen waren, bildeten eine Minderheit. Unter ihnen war z. B. Bohemund von Tarent, der Fürst von Antiochia wurde. Doch schon bald wurde deutlich, dass die Einnahme Jerusalems eine Sache war, das Halten der Stadt eine andere. Die Christen waren einfach nicht zahlreich genug, um die eroberten Gebie te langfristig zu halten; anfangs stellte das allerdings noch kein großes Problem dar, da der Erfolg des Kreuzzugs ungeheure Auswirkungen in Westeuropa hatte und Jahr für Jahr Scharen bewaffneter Pilger ins Heilige Land zogen und mit der Unterstützung der Flotten von Pisa, Genua und Venedig sogar noch weitere Küstenstädte (Akkon 1104, Tripolis 1108) erobern konnten.

Es bildeten sich vier Kreuzfahrerstaaten: im Norden die halb armenische, halb fränkische Grafschaft Edessa, gegründet von Balduin von Boulogne, dem Bruder des ersten Königs von Jerusalem, Gottfried von Bouillon, weiter südlich das Fürstentum von Antiochia (heutiges Syrien), die kleinere Grafschaft Tripolis und das Königreich Jerusalem.

Trotzdem blieben einige islamistische Enklaven eine ständige Bedrohung für die Christenheit, so brachen von Tyrus und Askalon immer wieder Gruppen auf, um Pilger zu überfallen. Die Ebene von Ramleh und die Pässe von Judäa galten zu diesen Tagen als ständiges Schlachtfeld, und genau hierdurch führte die einzige Pilgerstraße vom Okzident zum Orient. So trauten sich dann immer weniger Pilger, ins Heilige Land zu reisen. Die Tatsache, dass es keinen sicheren Reiseweg mehr gab, war Teil eines Teufelskreises: Ohne die Sicherheit der Wege blieben langfristig die Pilger aus, die zur Besiedlung der eroberten Gebiete benötigt wurden, doch erst eine größere Christengemeinde wäre aus eigener Kraft in der Lage gewesen, ein Aufgebot von bewaffneten Männern zu stellen, das wiederum die Pilger vor Angriffen geschützt hätte. Es gab bereits eine Einrichtung, die sich der Hilfe der Pilger widmete: das Spital der Johanniter, deren Ursprung ebenso unklar ist wie der des Templerordens. Zwei Klöster nahmen Reisende auf, ein Hospiz ermöglichte den Pilgern Zuflucht im Heiligen Land und in den wichtigsten Kreuzfahrerhäfen (Pisa, Bari, Tarent) hatte der Orden Spitäler eröffnet.1113 machte eine Bulle des Papst Paschalis diesen Zweig der Benediktiner zum eigenständigen Orden. Er operierte international und widmete sich vor allem der Armen- und Krankenpflege und konnte trotz gelegentlicher militärischer Unterstützung nicht für die Sicherheit der Pilger sorgen. Hugo von Payns erkannte das Problem und beschloss im Jahr 1119, einen militärischen Verband zu gründen, der die Pilgerwege sichern sollte.

Hugo von Payns und seine Brüder
Hugo von Payns, der Gründer des Ordens stammte aus der Champagne, einer Region Frankreichs, knapp 150 km südöstlich von Paris. Sein Heimatort Payns liegt knapp 10 km entfernt von Troyes, am linken Ufer der Seine. Hugo wurde zum Ritter geschlagen, war Herr von Montigny-Lagesse und hatte noch weitere Besitzungen bei Tonnerre. Er war verheiratet und hatte einen Sohn, Theobald. Da er zu einer Seitenlinie der Grafenfamilie der Champagne gehörte, waren seine Beziehungen zum Grafen Hugo sehr eng. Über mehrere Ecken war Hugo von Payns auch mit Bernhard von Clairvaux verwandt.
Im Jahre 1104 begab sich Hugo auf seine erste Pilgerfahrt nach Jerusalem, kehrte jedoch schon bald nach Hause zurück. 1114 zog er erneut los – diesmal in Begleitung des Grafen der Champagne – und blieb diesmal dort.

Von diesem Zeitpunkt an nahm die Idee einer militia christi greifbare Gestalt an, doch das genaue Gründungsdatum des Templerordens ist nicht zu rekonstruieren. Verschiedene Forscher haben sich mit die ser Frage beschäftigt und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen: 1118, 1119 oder auch 1120.
Im Grunde genommen ist das aber auch nicht von entscheidender Bedeutung. Sicher ist jedoch, dass es nur einige wenige Ritter waren (wahrscheinlich nur neun), die vor Garimond, dem Patriarchen von Jerusalem, einen Eid ablegten, nach den Regeln des heiligen Benedikt zu leben (Armut, Keuschheit und Gehorsam) und die Straßen zu sichern, um Pilger gegen Raubüberfälle zu schützen. Wichtig ist hierbei, dass das Armutsgelübde nur für die einzelnen Ritter, nicht jedoch für den gesamten Orden galt. Neu eintretende Mitglieder überschrieben dem Orden ihren Besitz (wie z.B. Graf Hugo der Champagne 1126), und bereits kurz nach der Gründung begannen die Schenkungen zu fließen. Balduin II., König von Jerusalem, schenkte dem neuen Orden seinen eigenen Palast, der genau auf dem früheren Standort des Tempels Salomons gebaut worden war, so dass die Ritter bald als Brüder des Tempels, Ritter des Tempels bzw. Tempelritter oder einfach als Templer bezeichnet wurden. Offiziell hießen sie Arme Soldaten Christis.
Hugo von Payns gründete den Orden explizit zum Schutz der Pilger, wovon Balduin II. begeistert war, weil die Templer eine wichtige Aufgabe im Reich übernahmen (praktisch polizeiähnliche Funktion) und außerdem ein Gegengewicht zum nach Unabhängigkeit und gegen den König strebenden Kreuzfahreradel bilden sollten.

Mit dem Eintritt des Grafen der Champagne im Jahre 1126 begann der Orden bekannt zu werden: Neue Mitglieder traten ihm bei , und die Schenkungen flossen. 1127 begab sich Hugo von Payns, zum ersten Großmeister des Ordens ernannt, zurück nach Frankreich. In Begleitung von fünf Templern wollte er die Ordensregel von den kirchlichen Autoritäten des Okzidents absegnen lassen, den Orden bekannt machen und neue Mitglieder werben.

Der Konzil von Troyes
Zwischen 1127 und 1129 reiste Hugo quer durch Europa, und überall fand seine Idee regen Anklang. Doch ihm wurde nicht nur bloße Zustimmung entgegengebracht, sondern es fanden sich auch neue Mitglieder und Gönner des Ordens. Den Höhepunkt seiner Europareise bildet eindeutig der Konzil von Troyes, auf dem eine Ordensregel ausgearbeitet wurde. Dort anwesend war ein Legat des Papstes Honorius II., dem Hugo von Payns zuvor einen Besuch abgestattet hatte, zwei Erzbischöfe, mehrere Äbte und der Adel der Region. Außerdem nahmen mit Stefan Harding, Abt von Citeaux, Hugo von Mâcon, Abt von Pontigny, und Bernhard von Clairvaux die wichtigsten Würdenträger des Zisterzienserordens teil. Bernhard verkörperte wie kein zweiter die Ideale der Zisterzienser, die Machtstreben und Reichtum ablehnten und ein weltabgewandtes Leben führten, um ihr Seelenheil zu erringen. Er avancierte zum einflußreichen Berater der geistlichen und weltlichen Führer des 12. Jahrhunderts; zwei Päpste standen praktisch direkt unter seinem moralischen Diktat. Bernhard wurde zum bedeutendsten Fürsprecher des Temple rordens und überarbeitete auf diesem Konzil ihre Ordensregel und verfasste ein Vorwort dazu, in dem aber durchaus seine anfangs noch vorhandene Skepsis durchklingt, weil er ein reines Mönchsleben als heiliger als das Mönchsrittertum ansah.

Die eigentliche Regel ist aber nicht – wie später behauptet – von Bernhard verfasst, sondern vom Großmeister des Ordens, Hugo von Payns. Sie legt in insgesamt 72 Artikeln das Zusammenleben des Ordens fest und ist in lateinischer Sprache gehalten. Die Templer verpflichten sich zu Armut, Gehorsam und Keuschheit; das Motto „ora et labora“ bestimmt ihren Alltag, sofern sie nicht in militärische Aktionen verwickelt sind. Sie tragen fortan einen weißen Habit und darüber einen weißen Mantel, da Weiß die Reinheit der Seele symbolisiert. Das markante rote Kreuz wurde erst 1147 hinzugefügt.
Die Anzahl der Paragraphen ist ein Spiel mit der Zahlenmystik. 72 ist das Produkt von acht mal neun, wobei die acht für Erneuerung und Wiedergeburt, die neun für Vollkommenheit steht, was eindeutig den hohen Anspruch der Templer an sich selbst demonstriert.

Die Regel besteht aus zwei Teilen, die für sich allein ziemlich unspektakulär sind: Das mönchische Zusammenleben funktioniert wie bei den Zisterziensern, der Waffendienst basiert auf einem ritterlichen Ehrenkodex. Das Revolutionäre liegt in der Kombination der beiden Elemente, da Mönchtum und Rittertum zwei völlig konträre Ideologien waren. Jeder freie Mann, der sich unterordnete, konnte Mitglied der Templer werden, so dass der Templerorden in gewisser Weise die Fremdenlegion des Mittelalters war. Durch den Konzil entwickelte sich der Templerorden von einer kleinen elitären Bruderschaft zu einem Massenverein, dem auch Exkommunizierte beitreten konnten. In erster Linie war es wichtig, neue Mitglieder zu werben, um endlich die Polizeifunktion im Heiligen Land ausüben zu können, so dass die moralische Integrität der Mitglieder in den Hintergrund rückte. Das Ziel, die Pilgerwege zu schützen, wurde nicht explizit in den Statuten verankert, weil die Templer von vornherein ihre Aufgabe auch in militärischen Großaktionen zum Schutz der Christenheit sahen.
Die Begünstigung der Templer nach dem Konzil

Bernhard von Clairvaux verfasste 1130 das Lob der neuen Miliz, in dem er den bewaffneten Kampf für die Kirche als ebenso heilig wie das mönchische Leben pries. Bei Bernhard hatte mit dem Konzil von Troyes ein Denkprozeß eingesetzt, er hatte nun seine Vorurteile abgelegt und legte mit seinem Lob eine Euphorie an den Tag, die die Erwartungen der Templer bei weitem übertraf, die bei Bernhard um eine Legitimation ihrer Arbeit gebeten hatten. Das Lob der neuen Miliz war der Anfang einer unverbrüchlichen Allianz zwischen den Templern, Bernhard von Clairvaux und dem Papsttum. Bernhard warf seinen ganzen Einfluss in die Waagschale, um den Papst und den Rest der Welt von der Sache der Templer zu überzeugen. Dank der Fürsprache Bernhards entwickelte sich eine symbiotische Beziehung zischen dem Papsttum und dem Templerorden: Die Ritter dienten dem Heiligen Stuhl quasi als Privatarmee und erhielten dafür einzigartige Privilegien von den verschiedenen Päpsten, so z.B. die völlige Autonomie von weltlicher und geistlicher Gerichtsbarkeit.

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