Templer - Blog

Die feine deutsche Kleinstadt am Roten Meer

Islam ohne Kopftuch und jede Menge Wein: die deutsche Kleinstadt am Roten Meer, die nach Privatrecht funktioniert – von Norbert Bartl in seinem Monats-Online-Magazin „Leben im Ausland“:

Ägypten: El GounaCorona macht einfallsreich. Wer seine Ruhe vor einer lästigen Regierung haben will, der denkt auch über Länder nach, die sonst nicht erste Wahl sind. Ägypten etwa, wo mich eine Leserin auf das kleine, aber feine El Gouna aufmerksam machte, das Ihnen gefallen könnte. Auch wer kein Ägypten-Fan ist, hat sicher schon von Hurghada gehört, dem Urlauber-Hotspot am Roten Meer und Charterziel aus Deutschland. Im Vergleich zu Hurghada mit seinen 200.000 Einwohnern ist das 25 Kilometer nördliche El Gouna mit nur 15.000 Menschen eher ein Dorf, aber ein sehr schönes. Wer es gern warm hat, wer das Meer liebt und es satthat, sich wegen Corona immer neue Vorschriften machen zu lassen, dem wird es hier gefallen. „Das Leben, wie es sein soll“ ist das Motto hier.

Der top-gepflegte Eindruck, mit dem El Gouna auf den ersten Blick punktet, hat damit zu tun, dass es ein künstliches Dorf ist. Vor 32 Jahren war hier nichts als Sand. Jeder Stein und jede Palme sind geplant – vom ägyptischen Milliardär Samih Onsi Sawiris (64), der in Kairo aufwuchs, dort eine deutsche evangelische Oberschule besuchte und 1980 sein Studium an der TU Berlin als Diplom-Ingenieur abschloss. 1989 gründete er dann in Altdorf in der Schweiz die heute an der Schweizer Börse gehandelte Orascom Holding und begann mit der Planung der Lagunenstadt El Gouna ein kleines Paradies am Roten Meer, dessen Entwicklung leider immer wieder von politischen Einflüssen kompliziert wurde.

Ab 2010 schreckte der Arabische Frühling Urlauber und Hauskäufer ab, so dass sich Sawiris, um das Interesse an Ägypten zu fördern, an Reiseunternehmen und TV-Sendern beteiligte und das deutsche Franchise-System von Thomas Cook übernahm, was ihm laut Handelsblatt 2019 zum mächtigsten Reiseunternehmer im deutschen Tourismus machte – bis Corona seine Orascom-Aktie wieder zurückwarf. Das alles hat freilich keine Folgen für das angenehme Leben in El Gouna, wo viele Deutsche in einem der 19 vornehmen Hotels (Sheraton, Steigenberger, Mövenpick usw.) oder in der eigenen Wohnung oder Villa ihr entspanntes Leben genießen und zum Ausgehen unter mehr als 100 Bars, Cafés und Restaurants mit allen Küchen der Welt wählen können.

Wo verschleierte Frauen genauso selten sind wie Menschen mit Masken
Nur auf den ersten Blick ist El Gouna eine gepflegte Anlage im Stil ägyptischer Orte, denn das Leben ist eher deutsch geprägt. Fast 85% der Urlauber sind Deutsche; über 60.000 kamen im Jahr vor Corona hierher. Viele Eigentümer der Häuser und Wohnungen sind Deutsche, und der ganze Ort steht unter der Leitung des Bayern Robert Fellermeier: Es ist eine noble, kleine deutsche Enklave in der Wüste am Roten Meer, in der sich auch allerlei reiche Ägypter wohlfühlen – und wo Frauen mit Kopftuch genauso selten sind wie Menschen mit Corona-Masken, die zur Vermeidung von Strafe auf 2 Meter Abstand halten müssen.

Der internationale Flughafen von Hurghada liegt 20 Kilometer südlich, und für private Flugzeuge und Charter gibt es einen kleineren Flugplatz direkt am Ort.

Der sicherste Ort Ägyptens für Ihr komfortables Leben ohne Corona-Belästigung
Wenig deutsch sehen die Häuser aus. Sie sind im nubischen Stil gebaut mit heimischen Materialien wie Lehm und Natursteine. Teerstraßen sind im besten Zustand. Der öffentliche Transport per Bus, Taxi oder Boot macht das eigene Auto überflüssig, und der eigene Sicherheitsdienst garantiert, dass El Gouna sicherster Ort in ganz Ägypten sein soll. Ein eigenes Telefonnetz sichert gute Versorgung für Handy und Internet. Das Krankenhaus des Ortes wirbt mit europäischem Standard. Es gibt einen Zahnarzt, eine Depressionskammer für Taucher und drei Apotheken, eine davon am zentralen Tamr Henna-Platz.

Frisches Wasser liefern Aufbereitungsanlagen, und mit den gefilterten Abwässern der Hotels werden die Gärten und der 18-Loch-Golfplatz gegossen. Es gibt mehrere Schulen, eine Zweigstelle der Bibliothek von Alexandria, eine Kirche und eine Moschee, eine deutsche Hotelfachschule und seit 2012 den ersten Auslandscampus der TU Berlin mit fünf Master-Studiengängen, dessen akademischer Betrieb von Samih Sawiris finanziert wird. Es heißt, hier forschen deutsche Wissenschaftler zu Dingen wie Solarstrom und Wasserwirtschaft.

Die Abu Tig Marina hat 117 Liegeplätze für Yachten bis 40 Meter. Vor elf Jahren kam die New Marina hinzu, in der 60-Meter-Schiffe liegen, und für kleinere Boote gibt es den Abydos-Yachthafen im Süden.

Für Wassersportler gibt es mehrere Tauchbasen und das Riff Abu Nuhas mit diversen Schiffswracks, die schönen Sandstrände Zeytuna, Mangroovy und Moods Beach sowie viele Hotelstrände mit gutem Wind für Kite-Surfer. Golfer haben auf einer Insel in der Stadt einen 18-Loch-Platz. Ziemlich ruhig und entspannt ist dagegen das Nachtleben mit einigen Cocktailbars und gelegentlicher Livemusik.

Samih Sawiris und Robert Fellermeier tun alles, um nicht nur Wohnungen zu verkaufen und Urlauber nach El Gouna zu holen, sondern auch einen interessanten Alltag für die Bewohner – und um den Ort sportlich und kulturell auf die Landkarte zu bekommen.
Ägypten – Karte
Eine Rallye in der Wüste, ein Film-Festival und ein Erstliga-Club
Seit 2017 gibt es das El Gouna Film Festival, das den Glanz in den Ort bringen soll, der dem einst renommierten Cairo Film Festival verloren ging. Zur Premiere waren Oscar-Preisträger Forest Whitaker und Regisseur Oliver Stone dabei.
Seit 2010 findet jedes Jahr ein Squash-Turnier statt, das inzwischen zur PSA World Tour zählt.
Zum Festival „Women by the Sea” der in El Gouna lebenden ägyptischen Malerin Sarah El Sawi kommen alle zwei Jahre Sängerinnen, Designerinnen und Künstlerinnen aus Kairo und Hurghada nach El Gouna und stellen ihre neuesten Projekte vor.
Der kleine Ort hat sogar einen Fußballclub, den Sawiris 2003 gründete, und der 2018 in die Egyptian Premier League aufgestiegen ist, die höchste Liga des Landes. In das Stadion des FC El Gouna passen immerhin 14.000 Zuschauer, und bis 2015 wurde die Mannschaft vom früheren Bundesliga-Fußballer Rainer Zobel trainiert.
Es gibt die El Gouna Wüsten-Rallye, ein Preisfischen, das El Gouna Open für Golfer, den Spinning-Marathon, ein Beach-Polo-Turnier und einen Halb-Marathon.
Sogar ein Weingut gibt es am Ortsrand, geleitet von der Libanesin Rania Kallas und Ehemann Labib Kallas, dem Kellermeister. Die Rebstöcke aus Europa wurden erstmal ins Treibhaus gepflanzt, um sie an die Sonne zu gewöhnen. Inzwischen stellt die Frau in einem muslimischen Land 30.000 Hektoliter pro Jahr her, und ihr Stolz ist der rote und weiße Beausoleil D’Egypte.
Häuser und Wohnungen sind in El Gouna so teuer wie am Mittelmeer
Wer langfristig oder sogar dauerhaft in El Gouna leben will, muss einige Entscheidungen treffen. Soll er sich etwas kaufen oder mieten, ein Haus oder eine Wohnung? Wer sich etwas kaufen will, muss dazu folgendes wissen:
Sie haben die Wahl zwischen Villen, Stadthäusern und Wohnungen. Immobilien jeder Art und Größe gibt es auch aus zweiter Hand in großer Auswahl.
Bei freistehenden Designer-Villen sind sie schnell im Millionenbereich – in Euro natürlich. Los geht’s bei etwa 650.000 €.
Wohnungen mit ca. 90 qm gibt es ab 160.000 Euro. Bei Luxus-Lagen und -Ausstattungen können auch 400.000 € und mehr aufgerufen werden.
Die Mieten sind mehr für Urlauber geplant. Rechnen Sie für eine Woche in einer Villa etwa 2.000 Euro. Apartments beginnen je nach Größe bei etwa 480 Euro.
Durch den Ort zieht sich ein Netz von Kanälen, vielfach überquert von kleinen Steinbrücken. Die Kanäle ermöglichen vielen Häusern direkten Zugang zum Wasser, was sich auch auf den Preis auswirkt.

Einen guten Überblick über Angebote und Preise finden Sie auf der Webseite von El Gouna. Um sich einen ersten Eindruck von El Gouna zu verschaffen, bietet sich erstmal ein Hotelaufenthalt an. Da gibt es Zimmer ab 35 Euro und Luxus für 300 Euro die Nacht. Einen Überblick über alle Hotels in El Gouna haben Sie hier.

Solche Preise für Immobilien haben Sie vermutlich nicht annähernd erwartet, wenn von Ägypten die Rede ist. Aber El Gouna ist nicht typisch für dieses Land. Es ist eher ein besseres Stück Deutschland am Roten Meer. El Gouna ist eine Privatstadt, die wie eine Firma geführt, gepflegt und in Ordnung gehalten wird. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu einer üblichen Stadt, wo sich niemand für irgendetwas zuständig fühlt. „Der Unterschied zwischen El Gouna und Hurghada ist, dass in El Gouna auch zwischen den Hotels sauber gemacht wird“, sagt Robert Fellermeier, der Manager der noblen Privatstadt, in der Sie nicht von korrupten Politikern gegängelt und an der Nase herumgeführt werden, und wo Vorschriften auch Sinn machen. Natürlich gelten in El Gouna die Gesetze Ägyptens, aber niemand mischt sich hier mehr als unbedingt nötig ins Leben der Menschen ein.

Übrigens, ein Bankkonto eröffnen Sie hier in einer Stunde ohne unnötige Fragen. Die Zinsen auf die Landeswährung liegen je nach Anlagebetrag bei etwa 5%, was ungefähr die Inflation wettmacht. Ihre Aufenthaltserlaubnis kostet ab 25 Euro im Jahr, ohne viel Papierkram. Und wenn irgendwo was klemmt, regeln Sie das meistens mit 20 Euro Bakschisch. Das preiswerte Leben in Ägypten eröffnet auch Rentnern einen deutlich höheren Lebensstandard als zu Hause. Im Straßencafé kostet ein Cappuccino etwa einen Euro. Im Restaurant gibt’s preiswerte Menüs. Zigaretten kosten 90 Cent.

Machen Sie immer vorher den Preis aus, wenn Sie was in Auftrag geben
Das Rote Meer hat zwei Jahreszeiten: den sehr heißen Sommer von Mai bis Oktober (bis 40 Grad) und den milden Winter, wo die Temperaturen selten unter 20 Grad fallen. Das ganze Jahr ist es extrem trocken, Regen ist selten.

Durch viele zugezogene Ausländer gibt es in einigen Branchen gute geschäftliche Chancen. Wer hier lebt, hat gute Voraussetzungen als Unternehmer, etwa am Immobilienmarkt durch Beteiligung an Bauprojekten oder Vertrieb von Immobilien in Europa. Auch rund um den Wassersport, in der Gastronomie oder bei Lebensmitteln ist durch immer mehr Ausländer viel Bedarf zu decken.

Eine Firma gründen Ausländer problemlos. Sie können 100% der Anteile halten. Eine Limited wird ab etwa 400 Euro Stammkapital eingetragen. Allerlei bürokratische Hürden sind zu vernachlässigen, weil Löhne und Honorare sehr niedrig sind. Die Kosten für eine Gründung können stark schwanken, je nachdem, wie gut Sie sich auskennen und zu welchem Anwalt Sie gehen. Also immer gut die Preise vergleichen und gut verhandeln.
Strand bei El Gouna, Ägypten

In der Praxis zahlt hier kaum einer Steuern auf Auslandseinkommen
Firmen in Ägypten zahlen Gewinnsteuern in Höhe von 22,5%. Personen, deren geschäftlicher oder beruflicher Mittelpunkt in Ägypten liegt, werden mit ihrem weltweiten Einkommen besteuert. Das erweist sich aber in der Praxis oft als Theorie, wenn z.B. ein digitaler Nomade über eine Auslandsfirma abrechnet und sich ab und zu einen Teil der Gewinne überweist. Bei hohen Investments, durch die auch einige Arbeitsplätze entstehen, ist die Chance gut, ganz offiziell z.B. 10 Jahre Steuerfreiheit auszuhandeln.

Auf Waren und Dienstleistungen gibt es eine Sales Tax zwischen 10 und 14%. Es gibt keine Vermögenssteuer, keine Erbschaftsteuer und keine Steuer auf Kapitalgewinne. Deutsche Renten müssen in Ägypten nicht versteuert werden, und das Land nimmt auch nicht am automatischen Austausch von Kontoinformationen teil.

Die erste Einreise erfolgt mit einem Besuchervisum, das es für 25 Euro bei der Ankunft gibt. Oder für 60 Euro, wenn Sie mehrfache Einreise brauchen. Mit dem Besuchervisum können Sie 90 Tage bleiben, und es ist ziemlich unkompliziert, Ihren Aufenthalt bis zu 5 Jahre zu verlängern. Zurzeit ist ein negativer Coronatest auf Englisch nötig, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Bei Hurghada-Flügen ist der Test auch bei der Einreise möglich, aber dann gibt es Quarantäne, bis das Resultat da ist.

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