Gedanken am 14. Oktober
Jetzt, da wir uns ein paar Tage lang Gedanken über die
Kultivierung der Tugend gemacht haben, sind wir bereit für
deren natürliche Folge, für ein Handeln, das »nicht verletzt
«. Auch wenn nichtverletzendes Handeln die selbstverständliche
Folge wohlwollender Güte zu sein scheint, ist das
Leben voller Konfliktsituationen. Genau dadurch, daß wir in
solche Situationen gebracht werden und Gut und Böse nach
bestem Vermögen aussöhnen, wächst unsere Seele. Was ist
beispielsweise mit den fanatischen Abtreibungsgegnern, die
mit den lautersten Absichten Frauen seelische und vielleicht
sogar physische Gewalt antun? (Anm. d. L . : bezogen auf die
Verhältnisse in den USA). Auch wenn sie ihr Verhalten damit
rationalisieren können, daß ihre jetzige Gewalttätigkeit später
Babys das Leben retten wird, sind sie außerstande, ihren
Kurs zu verfolgen und »nicht zu verletzen«.
Tempelarbeit:
Verweile für ein paar Minuten in der Shamatha-Vipassana-Meditation.
Stell dir vor, du seist eine 40jährige alleinstehende Frau,
die infolge einer Vergewaltigung schwanger ist. Du versuchst, die
Klinik zu betreten, in der der Schwangerschaftsabbruch vorgenommen
werden soll, aber fanatische Abtreibungsgegner versperren
dir den Weg und beschimpfen dich als Kindermörderin. Als
nächstes stell dir vor, du seist ein Abtreibungsgegner und glaubtest
aufrichtig, du bewahrtest durch dein Verhalten Frauen vor der
Hölle, während du gleichzeitig ungeborenes Leben rettest. Als
nächstes stell dir vor, du seist eine Seele, die diese Verkörperung
erwählen würde, wenn das ungewollte Kind ausgetragen würde.
Zuletzt stell dir ein respektvolles Gespräch zwischen all diesen
Personen vor.