Templer - Blog

Gedanken zur Karwoche vom Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler

Unweit vom Bauernhof meiner Eltern befand sich eine Müllhalde im Wald. In den 1970er Jahren gab es kein Gespür, was dort hingehört und was nicht – Plastikabfälle, Autoreifen, Batterien und die ersten kaputten Haushaltsgeräte, alles wurde dort entsorgt.

Ich habe mich als Kind nur gewundert, warum die Bäume rundherum zusehends ihren „Geist aufgaben“. Ihre Nadeln verdorrten. Bildhaft das genaue Gegenteil zu dem, was wir durch die Blühkraft des Frühlings jetzt vor Augen haben. Die Qualität des Bodens ist jedenfalls ein Kriterium, ob etwas aufblüht und gedeiht.

Ähnliches gilt für das menschliche Herz. Ist der Boden vergiftet, wird kaum Neues aufblühen. Herz und Geist müssen immer wieder entgiftet werden – die aktuellen Schadstoffbelastungen sind hoch. Unbedingt zu entsorgen ist das „Gift der bösen Gedanken“, auch die toxische Brühe gehässiger Worte und Verdächtigungen. Aus dem Herzen des Menschen kann unendlich viel Gutes hervorkommen, aber auch „Habgier, Bosheit, Neid und vieles mehr” (Mk 7,21). Von Jesus selbst stammt dieser Hinweis: Er bietet seine Hilfe an, um innere Mülldeponien aufzulösen.

“Früchte tragen, und Blumen, auf jedem Flecken Erde, wo man gepflanzt wurde – wäre das nicht der Sinn?“ Diesen Satz schrieb die niederländisch-jüdische Lehrerin Etty Hillesum in ihr Tagebuch. 1943 wurde sie in Ausschwitz ermordet. Durch ihren Einsatz für die Kranken und Alten im Durchgangslager Westerbork hat sie die Folgen einer ideologisch vergifteten Politik hautnah erlebt.

Das Leben aufblühen lassen – frühlingshaft, durch die kalten Krusten hindurch, das wär’s! Ich blicke auf den blühenden Mandelbaum in meinem Garten und denke an das Gedicht von Schalom Ben Chorin: „Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?“

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