Templer - Blog

Gedanken zur Karwoche vom Innsbrucker Diözesanbischof Hermann Glettler

„Mein Sohn war tot und lebt wieder!“ Der Barmherzige Vater im berühmten Gleichnis (Lk 15) kann seine Freude kaum bändigen.

Kurz die Szene: Der Gutsherr läuft seinem verlorenen Sohn entgegen. Ja, richtig gehört. Und mit welcher Leidenschaft! Er umarmt ihn, obwohl er alles verschleudert hat und in seinem Elend auch noch nach Schweinemist stinkt. Kein Vorwurf, kein peinliches Verhör, nur Vergebung! Gott umarmt mit seiner verrückten Liebe den Menschen, was auch immer passiert ist. Das ist das Herzstück der Frohbotschaft Jesu – kaum fassbar!

Ich erlaube mir ein Plädoyer für das Sakrament der Versöhnung – wissend, dass die Beichte, wie man sagt, auch von den meisten katholischen Gläubigen neu zu entdecken ist. Viel zu lange ging es nur um ein Aufzählen von Sünden. Die persönliche Begegnung mit dem barmherzigen Gott war kaum Thema. Im Grunde geht es aber darum, dass der Mensch vor Gott sein Herz ausschütten kann. Die darauffolgende Lossprechung ist ein Zuspruch von Vergebung, Gottes „Ja“ zum Menschen, der sich der Wahrheit seines Lebens stellt – gefühlt wie eine herzliche Umarmung.

Wie auch immer die konkreten Schritte von Versöhnung ausschauen. Sie beginnt, wenn wir dem Nächsten in uns Raum und Stimme geben – den Resonanzraum des Herzens öffnen. Der ruandische Kardinal Antoine Kambanda geht noch einen Schritt weiter. Er, dessen Familie zusammen mit nahezu einer Million Menschen im Genozid von 1994 ausgerottet wurde, sagt: „Versöhnung geschieht dann, wenn wir dem Leiden des anderen in uns Raum geben, seinem Versagen und seiner Sehnsucht nach Heilung.“ Wunder des Neubeginns sind dann möglich. Der Hass schwindet und Menschen können das Leben neu umarmen.

Schreibe einen Kommentar