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Jesus Abbild

Bei der bilderfeindlichen Einstellung, die die frühen Christen vom Judentum übernahmen, bildete sich keine Porträtüberlieferung von Christus aus. Dem Unsichtbaren zugewandt, wollte man nur das Wesen des Heilandes darstellen und kam so in den Fresken der römischen Katakomben zu symbolischen Bildern wie dem Guten Hirten, wobei man das antike Schönheitsideal des καλός καγαϑός in Einklang mit Psalm 45, 3 übernahm. Nur vereinzelt wurde auch das von den Kirchenvätern Justin, Tertullian und Clemens Alexandrinus auf Grund von Jesaia 53, 14 behauptete Unansehnliche und Unschöne von Christi Gestalt in der Zeit um 300 durch den Typus des bärtigen, ungepflegten Wanderphilosophen wiedergegeben [9]. Von den beiden Auffassungen, die sich entsprechend den beiden Naturen Christi bildeten, bevorzugte also die bildliche Darstellung anfangs die idealistische, die das Göttliche, und nicht die realistische, die das Menschliche betont. Christus erscheint als bartloser Jüngling, manchmal sogar von knabenhaftem Typus, wie er vor allem in der stark griechisch beeinflußten Vorstellungswelt der Gnostiker beliebt war. Doch kommt auch der bärtige, ältere Typus, insbesondere bei Passionsszenen, vor. Manchmal finden sich beide Typen nebeneinander auf Reliefs des gleichen Sarkophages. Das Haar wird auf den frühen Katakombenfresken kurzgelockt ohne Scheitel wiedergegeben. In konstantinischer Zeit setzen sich als Hauptmerkmale der Mittelscheitel und das lange, symmetrisch verteilte Haar durch, das in korkzieherartigen oder gewellten Locken häufig bis auf die Schultern herabfällt und im Nacken eine Einrollung bildet. Seit M. 4. Jh. wird die Heiligkeit durch den – zumeist mit dem Kreuz versehenen – Nimbus betont. In jugendlicher Schönheit gleicht Christus der apollinischen Gottesvorstellung. Das große Auge und der ernste Blick kommen häufig schon bei vorkonstantinischen Katakombenfresken zu eindringlicher Wirkung. In der Plastik wird der Blick Christi, dem Hieronymus Macht über Freund und Feind zuschreibt, oft durch ein Bohrloch als Pupille verstärkt. Die große Bildung der Augen verleiht dem Antlitz, vor allem auf den Mosaiken der Apsiden, bezwingende Majestät. Seit dem 6. Jh. überwiegt der bärtige, als würdiger empfundene Typus, der porträtmäßigen Charakter sichtlich auf Wunsch der Gläubigen annahm.

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