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Journalist saß fünf Monate in Auslieferungshaft

Es sind heftige Vorwürfe, die der Rechtsanwalt Markus Haintz erhebt: Sein Mandant, der kritische Journalist Oliver Janich, sei nur deshalb rund fünf Monate in Auslieferungshaft in seiner Wahlheimat, den Philippinen, gesessen, weil ein deutscher Beamter absichtlich falsche Aussagen gemacht hat. Früher hätte man solche Aussagen spontan als abwegig abgetan. Heute scheinen sie leider schlüssig.

Aber der Reihe nach: Im August stürmten Polizisten mit Pistolen und Sturmgewehren Janichs Wohnung im „Seaview Resort“ auf der Insel Tablas. Ein Video, das offenbar absichtlich gestreut wurde, zeigt entwürdigende Szenen: Beamte treffen Janich Zuhause in Boxershorts an, eine Frau kreischt, die Beamten bringen Janich zu Boden bringen und belehren ihn: „Sie haben das Recht zu schweigen.“

Auslöser der Festnahme waren laut Haintz zwei Mails von einem Verbindungsmann des Bundeskriminalamtes an die Philippinischen Behörden. Darin schrieb der Beamte, Janich sei auf der Flucht, und in Deutschland sei ein Passentziehungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden. „Das war, wie sich herausgestellt hat, schlicht frei erfunden und erlogen. Und aufgrund dieser Lüge wurde Janich letztlich festgenommen. Weil der deutsche Haftbefehl, den es auch gab, ist auf den Philippinen zunächst mal ein leeres Blatt Papier, ein Nullum, das interessiert die nicht, es gibt kein Auslieferungsabkommen“, sagte der Anwalt dem kritischen österreichischen Sender AUF1.

Es sei zwar versucht worden, ein Passentziehungsverfahren einzuleiten. Aber die deutsche Botschaft habe mehrfach geschrieben, dass die Vorwürfe gegen Janich dafür nicht ausreichten nach dem Passgesetz: „Wir sind von den Fällen, wo man den Pass entziehen kann, weit entfernt.“

Dass Janich an seinem Wohnsitz, wo er sich seit vielen Jahren aufhalte, festgenommen wurde, zeigt, wie absurd die Angabe des Bundeskriminalamts war, dass er sei auf der Flucht sei: „Das ist irgendwie merkwürdig, wenn jemand auf der Flucht ist und dann Zuhause aufgegriffen wurde. Hier wurde von dem BKA-Beamten, dessen Namen ich kenne, ganz gezielt gelogen, um Janich in den Knast zu bekommen, in die Abschiebehaft. Jetzt hat sich herausgestellt, dass das so nie passiert ist, dieses Passentziehungsverfahren. Das ist ein ziemlicher Skandal! Wir werden in den nächsten Tagen gerichtliche Schritte einleiten.“

Haintz bestätige einen Bericht des „Spiegel“, wonach die Generalstaatsanwaltschaft München Ende November einen Strafbefehl gegen Janich beantragt hat und dieser auch erlassen wurde. „Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus wirft Janich Volksverhetzung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Belohnung und Billigung von Straftaten, Beleidigung und üble Nachrede vor“, schreibt das Blatt.

Janich soll dem Bericht zufolge „sich durch mehrere Veröffentlichungen über den Nachrichtendienst Telegram strafbar gemacht haben. Mit über 130.000 Abonnentinnen und Abonnenten in der Messenger-App zählt Janich zu den einflussreichsten deutschen Verschwörungstheoretikern“. In einem Beitrag soll er es gutgeheißen haben, „sämtliche Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern standrechtlich hinzurichten“. Als Joe Biden US-Präsident wurde, postete der 53-Jährige laut „Spiegel“: „Hängt Biden. Hängt Soros. Hängt sie alle, verdammt noch mal.“ Janich hat diese Vorwürfe stets bestritten und sagte, die Zitate seien aus dem Zusammenhang gerissen, er habe lediglich Dritte zitiert und sich die Aussagen explizit nicht zu eigen gemacht.

In ihrem Strafbefehl forderte die Generalstaatsanwaltschaft laut „Spiegel“ eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Die „große Reichweite von Janichs Äußerungen“ wertete die Behörde als strafverschärfend. Ihren Angaben zufolge ist der Strafbefehl inzwischen rechtskräftig. Der Spiegel schreibt dazu: „Demnach dürfte Janich der geforderten Strafe der Staatsanwaltschaft zugestimmt haben. Sein Anwalt wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Vorgang äußern.“

Das könnte erklären, warum sich Janich nach seiner Freilassung nur sehr kryptisch geäußert hat und auch Anwalt Haintz sich bei dem Thema bedeckt hält. Auf die Frage des Kollegen von „AUF1“, ob Janich bei dem Verfahren anwesend war oder den Strafbefehl aus taktischen Gründen akzeptiert hat, um frei zu kommen, sagte Haintz: „Anwesend war er nicht. Oft ist es so, dass man einen Strafbefehl akzeptieren kann. Da er auf den Philippinen in Abschiebehaft saß, kann er schlecht in einem deutschen Gerichtssaal gesessen haben. Die Details lasse ich auch hier wieder weg, weil ich will nicht die Taktik verraten, wie wir weiter vorgehen. Aber er würde sich gegen diese Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, in einem rechtsstaatlichen Verfahren vor einem deutschen Gericht verantworten und diese dann entkräften.“

Keine Pistole auf der Brust
Auf die Frage, ob Janich einen Deal gemacht habe oder eingeschüchtert worden sei, antwortete Haintz ausweichend: „Das ist ein bisschen ein Missverständnis. Es ist dieser Strafbefehl in der Welt, deswegen äußert man sich sehr viel vorsichtiger. Weil man heutzutage bei diesen ganzen Äußerungsdelikten nicht mehr weiß, was ist strafbar und was ist nicht strafbar. Da gibt es jetzt viele Beispiele aus der Öffentlichkeit, wo man vor vier, fünf Jahren gesagt hätte: Das ist eine ganz normale Meinungsäußerung. Heute klopft der Staatsanwalt dann doch ganz schnell man die Tür und die Polizei. Deswegen ist da sehr vorsichtig, weil man nicht mehr weiß, was man sagen darf in Deutschland und was nicht. Aber es soll nicht der Eindruck entstehen, dass ihm jemand die Pistole auf die Brust hält, das passiert nicht.“

„Es habe aber eine ‚Nötigungslage‘ gegeben, dadurch, dass er fünf Monate rechtswidrig in den Philippinen ins Gefängnis musste“, so Haintz: „Uns geht es darum, die richtigen rechtlichen Schritte einzuleiten, dass dieser Fall aufgeklärt wird, denn da gibt es wirklich einiges, was dann auch die Öffentlichkeit erfahren muss, was hier in einem definitiv nicht mehr rechtsstaatlichen Verfahren abgelaufen ist. Die ganze Art und Weise, wie es dazu kam, die ist ziemlich spektakulär.“

Ich tue mich offen gestanden schwer, die Causa in der gebotenen Zurückhaltung zu kommentieren. Beim Schreiben musste ich unvermittelt an die finstere Prophezeiung der DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley denken nach der Wende, wonach die DDR siegen und die alten Methoden der Stasi in neuem, geschickterem Gewand wiederauferstehen und Andersdenkende erneut terrorisiert werden. Natürlich kann man immer von einem Einzelfall reden. Aber Untersuchungshaft für Ballweg, Blitzgerichte mit Freiheitsstrafen für Corona-Demonstranten, Gefängnisstrafen für Ärzte wegen Maskenattesten, Hausdurchsuchungen als Mittel, um Regierungskritiker zu terrorisieren, Ausschreibung zur Fahndung von Journalisten wie mir – man muss schon eine dicke rosa Brille tragen, um zu glauben, es seien alles nur Einzelfälle. Der Verdacht, dass hier gezielt die Justiz und die Polizei missbraucht werden, um Kritiker zu terrorisieren, ist nicht von der Hand zu weisen.

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