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Kardinal Pell über Hoffnung im Gefängnis, Korruption und Finanzskandal im Vatikan

Kardinal George Pell hat über seine Zeit im Gefängnis, die Bekämpfung sexueller Gewalt sowie Korruption im Vatikan gesprochen.

Der australische Prälat war der ranghöchste katholische Geistliche, der jemals wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden war – bevor ihn der Oberste Gerichtshof in Canberra freisprach. Der Fall erschütterte die Weltkirche wie die australische Justiz, wie CNA Deutsch berichtete.

Nun hat Pell geschildert, wie er während seiner 400 Tage im Gefängnis Hoffnung schöpfte.

“Die Tugend der christlichen Hoffnung ist etwas anderes als der christliche Optimismus. Ganz gleich, wie die Umstände in diesem Leben sind, letztendlich wird alles gut werden. Ein guter Gott hat das Sagen, auch wenn schreckliche Dinge geschehen”, sagte Pell, 79, in einem Interview, das am 16. August ausgestrahlt wurde. Das berichtet die “Catholic News Agency”, die englischsprachige Schwesteragentur von CNA Deutsch.

Pell war ursprünglich im Jahr 2018 in Australien mehrerer Fälle sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen und verurteilt worden. Am 7. April 2020 hob Australiens Oberster Gerichtshof seine sechsjährige Haftstrafe auf. Der High Court entschied, dass Pell keines der Anklagepunkte hätte für schuldig befunden werden dürfen, und dass die Staatsanwaltschaft begründete Zweifel nicht ausräumen konnte.

Pell verbrachte 13 Monate in Einzelhaft. Während des gesamten Zeitraums durfte der Kardinal nicht einmal die heilige Messe feiern. Unklar ist, ob es noch ein kirchenrechtliches Verfahren der Glaubenskongregation in Rom gegen Pell geben wird. Nach dessen Freispruch rechnen einige Kirchenexperten nicht mehr damit.

Pell sagte, dass er trotz des Unbehagens und der Demütigung, im Gefängnis zu sein, oft vom Anstand und der Professionalität der Mehrheit der Gefängniswärter überrascht gewesen sei, die auch Gespräche mit ihm und anderen Männern in Einzelhaft geführt hätten.

Pells Anmerkungen wurden live im Rahmen der 10. Jahreskonferenz des “Napa Institute” übertragen. Wegen der Pandemie wurde diese heuer vom 14. bis 15. August digital abgehalten.

“Intellektuell und kriminaltechnisch war mir klar, dass mein Fall enorm stark war”, sagte er, fügte aber hinzu, dass er auf menschlicher Ebene nicht “optimistisch” gewesen sei. Sein Glaube und sein tägliches Gebet hätten dazu beigetragen, ihn vor Verzweiflung und Verbitterung zu bewahren, sagte er.

Pell sagte, er habe im Gefängnis etwa 4.000 Briefe erhalten. Er habe nur selten geantwortet, außer auf Briefe von Mitgefangenen. Viele seiner Unterstützer schrieben aus den USA; ein paar Frauen aus Texas schickten regelmäßig Briefe, sagte er. Viele seiner Unterstützer baten Pell, für sie zu beten.

Pell sagte, unter normalen Umständen hätte er für die vielen Menschen, die ihn regelmäßig um seine Gebete baten, eine Messe gefeiert.

Während er im Gefängnis war und es ihm verboten war, die heilige Messe zu lesen, sagte Pell, dass er stattdessen sofort ein Memorare an die Jungfrau Maria für das Anliegen der Person betete.

Er sagte, er habe sein Gebetsleben auch durch das Offizium, geistliche Lesungen und das Verfolgen der Messe im Fernsehen jeden Sonntag um 6 Uhr morgens genährt. Er habe sogar evangelikale Prediger aus den USA, wie z.B. Joel Olsteen, im Fernsehen gesehen und “eine theologische Kritik ihrer Bemühungen” in seinem Tagebuch vorgenommen.

Ausserdem schrieb Pell täglich drei Seiten in seinem Tagebuch. Er habe ursprünglich gedacht, dass er drei Monate im Gefängnis sein werde – am Ende waren es 13 Monate.

Er sagte, das Schreiben sei eine gute Therapie für ihn gewesen; er hoffe, dass das, was er schrieb, anderen helfen könne. Der Verlag Ignatius Press plant, im Frühjahr 2021 entweder eine gekürzte Version von Pells Gefängnisjournal, das 1.000 Seiten umfasst, oder den ersten Band des gesamten Textes zu veröffentlichen, teilte der Verleger im Juni mit.

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