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Österreich: „Du kannst völlig neu beginnen“

Der Gründer der Obdachloseninitiative „Emmausgemeinschaft“, Karl Rottenschlager, warnt eindringlich davor, Menschen in schwierigen Lebenssituationen als verloren abzustempeln.

Für Gott gebe es keine hoffnungslosen Fälle – und daher für die Emmausgemeinschaft auch nicht, sagte Rottenschlager im Interview mit den österreichischen Kirchenzeitungen. Im Letzten brauche es Menschen, „die glaubwürdig vorleben und vermitteln können, dass die ausgegrenzten Menschen radikal angenommen werden – unabhängig von ihrer Vorgeschichte”, so der Theologe und Sozialarbeiter: „Ob jemand von der Straße kommt, vom Gefängnis, aus der Psychiatrie oder Prostitution, wir sagen ihm: Du kriegst alle Chancen. Was vorher war, versenken wir auf der Mülldeponie der göttlichen Barmherzigkeit. Ende. Du kannst völlig neu beginnen. Wenn du das einem Menschen, der vor dir sitzt, sagst, spürst du, wie ein Ruck durch ihn geht.”

„Diese Weggemeinschaft bewirkt Unglaubliches. Den Tisch, an dem wir sitzen, hat der Franz gemacht. Erst nach 14 gescheiterten Entwöhnungen ging es wieder aufwärts“

Weggemeinschaft mit Ausgegrenzten
Die Emmausgemeinschaft sitzt in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten. Rottenschlager erinnerte an die Anfänge seines Projekts: „Die ersten fünf Versuche, etwas Emmaus-Ähnliches zu starten, sind jeweils am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Die Begründung war meistens: Es ist super, was Sie da wollen, aber bitte nicht bei uns. Nichts gegen diese Gemeinden, in jedem anderen Ort Europas ist Ähnliches möglich.”

Im sechsten Anlauf habe es schließlich geklappt. „Das war 1982. Die Caritas St. Pölten hat mir ein Sozialarbeiter-Gehalt bezahlt und mich zur Gründung von Emmaus freigestellt. Bald haben fünf bis sieben Haftentlassene mitgelebt. Unter ihnen habe ich mein Gehalt aufgeteilt, jeder bekam 30 Schilling pro Tag, also zwei Euro, und dazu Kost und Quartier. Dafür mussten sie arbeiten. Da haben wir diese Bruchbude, eine ehemalige Fleischhauerei, so weit saniert, dass wir eine Dusche und ein brauchbares WC hatten. In diesem Haus – inzwischen natürlich mehrmals erweitert – lebe ich noch heute.”

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