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Pro-Trump-Demonstranten stürmen das Capitol in Washington

Unterstützer des amerikanischen Präsidenten Donald Trump sind am Mittwochnachmittag gewaltsam ins Capitol in Washington eingedrungen. Sie wollten die anstehende offizielle Bestätigung des Wahlsiegers Joe Biden unterbinden. Kongressmitglieder mussten unter Polizeischutz in Sicherheit gebracht werden. Die Lage geriet für Stunden ausser Kontrolle. Vier Personen kamen dabei ums Leben. Viele Staatsoberhäupter in der restlichen Welt blicken mit Sorge auf Washington.

Präsident Donald Trump hatte die Demonstranten am Vormittag noch begrüsst und dabei erneut behauptet, er habe die Wahl gewonnen. Dass er sie später in milden Worten per Twitter zu Friedfertigkeit aufrief, stand in krassem Widerspruch zur Tatsache, dass er während Wochen massgeblich dazu beigetragen hatte, dass sich bei seinen Anhängern ohnmächtiger Zorn breitmachte. Zuvor hatte sich der gewählte künftige Präsident Joe Biden übers Fernsehen an die Nation gewandt und Trump aufgefordert, sofort das «Ende der Belagerung» anzuordnen. Biden bezeichnete die Handlungen der Demonstranten als beispiellosen Angriff auf den Rechtsstaat, der einem Umsturzversuch nahekomme. Auch viele Republikaner verurteilten die Erstürmung des Parlamentssitzes.

Unter Schock hat das Parlament am Mittwochabend die Beratungen über die Bestätigung der Präsidentenwahl von Joe Biden wieder aufgenommen. Sie waren Stunden zuvor infolge der Erstürmung des Capitols unterbrochen worden. Demokraten und Republikaner sprachen wechselweise von einem «Aufstand» oder einem «Umsturzversuch». Die Ereignisse dürften sich auf die Abstimmungen ausgewirkt haben: Proteste der Republikaner gegen den Wahlsieg Bidens im Gliedstaat Arizona wurden im Senat mit 93 zu 6 Stimmen abgewiesen. Im Repräsentantenhaus scheiterte der Vorstoss, das Resultat der Präsidentschaftswahl durch eine Kommission untersuchen zu lassen, mit 303 zu 121 Stimmen.

Die Szenen vor und im Capitol reflektieren nicht primär den Zustand der USA, sondern den Zustand ihres Präsidenten. «Ich werde niemals eine Niederlage einräumen», hatte Donald Trump erklärt. Wer so spricht, hat den Kern der Demokratie nicht verstanden. Trump entlarvt damit entweder sein despotisches oder sein verwirrtes Wesen – oder beides. Das Kunststück der Republikaner wie der Demokraten wird es sein, sich von Trumps Einflusssphäre und den extremistischen Elementen seiner Anhänger abzusetzen, aber den überwiegenden Teil von dessen 74 Millionen Wählern – mehrheitlich normale Bürger – an sich zu binden. Dass dieses Kunststück gelingt, ist keineswegs ausgemacht, zumal der Demagoge Trump nicht einfach von der Politbühne verschwinden wird.

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