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Putins Teilmobilmachung führt zu einer zweiten Welle der Emigration aus Russland

Putins Ankündigung einer Teilmobilmachung hat die Nachfrage nach Flugreisen aus Russland in die Höhe schnellen lassen. Nach Istanbul oder Belgrad, aber auch nach Erewan und Tbilissi gibt es für die nächsten Tage aus Moskau und St. Petersburg praktisch keine Tickets mehr zu kaufen. Selbst umständliche Verbindungen über die Golfstaaten sind meist ausverkauft – und dies trotz astronomischen Preisen von mehreren tausend Franken für einen Hinflug.

Darum ist es wichtig: Laut Experten ist die Dynamik zurzeit vergleichbar mit den ersten Tagen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, als Gerüchte einer bevorstehenden Grenzschliessung oder einer möglichen Generalmobilmachung viele Russen in die Flucht trieben. Anders jedoch als bei der ersten Emigrationswelle, als vor allem Regimegegner das Land verliessen, dürften sich unter den Exilanten jetzt vermehrt Personen befinden, die den Krieg in der Ukraine unterstützten – solange sie nicht selber kämpfen müssten.

Die Teilmobilmachung in Russland erschüttert die Gesellschaft, die Verzweiflung ist in vielen russischen Familien gross. Zum Aufstand sind allerdings die wenigsten bereit. So bleibt die Wahl zwischen Krieg oder Gefängnis. Für manche ist Ersteres auch dann realistischer, wenn sie Russlands Aggression gegen die Ukraine nicht gutheissen und im Grunde nicht bereit sind, für den russischen Staat den höchsten Preis zu bezahlen.

Mit 90 Minuten Verspätung erschien Sergei Lawrow zur Sitzung des Uno-Sicherheitsrates zum Krieg in der Ukraine. In seiner Rede voll halsbrecherischer Rhetorik zeichnete der russische Aussenminister das Bild von der Ukraine als einen totalitären Nazi-Staat, dessen Bürger von Russland befreit werden müssten. Das Massaker in Butscha sei laut Lawrow eine ukrainische Inszenierung gewesen. In Wirklichkeit seien es die Ukrainer, die Greueltaten begingen; und es sei die Ukraine, nicht Russland, welche die Uno-Charta missachte.

Wer sich angesichts der jüngsten Entwicklungen eine substanzielle Richtungsänderung der beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt erhofft, dürfte enttäuscht werden. Trotz verbaler Unmutsbekundungen deutet weiterhin nichts darauf hin, dass Delhi den Kurs gegenüber seinem wichtigsten Waffenlieferanten grundlegend ändern wird. Ähnlich verfährt China: Wladimir Putin und Xi Jinping verbindet schliesslich die gemeinsame Abneigung gegenüber Amerikas Vormachtstellung.

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