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Wie der Klimawandel unsere Gesundheit gefährdet

Steigen die Temperaturen, nehmen Hitzewellen und Infektionskrankheiten zu. Die Folgen spüren wir schon jetzt.

Darum geht’s:
Klimawandel schadet der Umwelt und damit der Gesundheit
Mit steigenden Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre erwärmt sich unser Klima – das ist bekannt und wird zu einer immer größeren Bedrohung für unsere Erde, wie zuletzt der jüngste Bericht des Weltklimarats gezeigt hat. Doch neben vielfältigen Effekten auf die Umwelt entwickelt sich der Klimawandel auch zunehmend zum Gesundheitsrisiko.
Im Bericht „The Lancet Countdown“ analysiert ein internationales Fachgremium regelmäßig die Gesundheitsrisiken, die die Erderwärmung mit sich bringt. Und die werden von Jahr zu Jahr immer besorgniserregender, heißt es im jüngsten Bericht von „The Lancet Countdown“. So warnen die Fachleute unter anderem davor, dass:

gesundheitsbedrohende Hitzewellen und hitzebedingte Todesfälle zunehmen
sich Tropenkrankheiten in Europa ausbreiten
Mangelernährung durch extremwetterbedingte Ernteausfälle verstärkt zum Problem wird
Waldbrände und ähnliche Feuer zunehmen.
Vor allem Kinder seien den klimabedingten Gesundheitsrisiken ausgesetzt, sagen die Forscherinnen und Forscher. Ihr Körper reagiere empfindlicher auf Krankheiten und Schadstoffe. Und viel wichtiger: Mit all diesen Folgen müssten junge Menschen dann mehr oder weniger ein Leben lang kämpfen.

So wird ein 2020 geborenes Kind, unter den derzeitigen klimapolitischen Bedingungen, viel mehr Extremwettereignisse zu spüren bekommen als seine Großeltern (die 1960 geboren wurden). Im Laufe seines Lebens wird das Kind der Wahrscheinlichkeit nach doppelt so viele Waldbrände, dreimal so viele Überschwemmungen, dreimal so viele Ernteausfälle und siebenmal so viele Hitzewellen erleben. So lautet die Prognose einer neuen in Science veröffentlichten Studie.

Besonders stark wird der Anstieg von Extremwetter-Ereignissen der Studie zufolge für derzeit junge Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika. Grundsätzlich werden junge Generationen in Ländern mit geringem Durchschnittseinkommen laut der Prognose stärker betroffen sein als in reicheren Ländern.

Wie ungerecht die Klimakrise ist, erklären wir hier.
Darum müssen wir drüber sprechen:
Wir spüren schon jetzt die ersten klimabedingten Gesundheitsrisiken
Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels sind nicht irgendwann und in weit entfernten Weltgegenden spürbar, sondern bereits hier und heute – in Europa und Deutschland. Diese vier Gesundheitsrisiken sind durch steigende Temperaturen am meisten spürbar:
Erstens: Tropenkrankheiten können nach Europa kommen
Es wird immer wärmer: In Deutschland war das letzte Jahrzehnt (2011-2020) rund 2°C wärmer als die ersten Jahrzehnte (1881-1910) der Aufzeichnungen, wie Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zeigen. Dadurch können sich Erreger oder deren Überträger bei uns besser ausbreiten, die für gewöhnlich in wärmeren Regionen wie den Tropen beheimatet sind.

So gab es 2019 in Deutschland die ersten Fälle von West-Nil-Fieber bei Menschen, die sich mit dem Virus nicht auf Reisen im Ausland, sondern durch den Stich heimischer Mücken angesteckt haben.

In Südfrankreich wurden erstmals Zika-Infektionen durch Tigermücken gemeldet, die dort heimisch sind. Die Mücken können auch Dengue- und Chikungunya-Viren übertragen.

Dem Lancet-Bericht zufolge wird das Risiko für Infektionskrankheiten steigen. Der Grund: Wenn es wärmer wird, können Tiere wie die asiatische Tigermücke auch in unseren Gefilden überwintern und sich sogar in Deutschland ansiedeln – wie entlang des oberen Rheingrabens punktuell schon geschehen.

Immerhin: „Aktuell ist das Risiko einer Etablierung neuer, durch Mücken übertragener Infektionserkrankungen in Deutschland gering“, sagt Alina Herrmann von der Universität Heidelberg gegenüber dem Science Media Center Deutschland.

Zweitens: Bakterien vermehren sich, wenn es wärmer wird
Auch schädliche Bakterien profitieren, wenn die Temperaturen steigen – etwa Cyano- und Vibrio-Bakterien in Seen und in der Ostsee, was beim Baden Gesundheitsprobleme verursachen kann. Vibrionen können zum Beispiel Magen-Darm- und Wundinfektionen verursachen.

Seit den 1980er-Jahren hat sich durch höhere Wassertemperaturen die Anzahl der Tage verdoppelt, an denen sich Menschen überhaupt mit Vibrionen in der Ostsee anstecken können. 2018 waren es schon 107 Tage. Bisher sind tatsächliche Infektionen mit den Bakterien glücklicherweise selten: Zwischen 2002 und 2019 wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) jährlich bis zu 20 Fälle gemeldet, vor allem in wärmeren Sommern. Die betroffenen Personen waren fast ausnahmslos älter und hatten Vorerkrankungen.

In Einzelfällen sind Menschen an einer Vibrioneninfektion gestorben, die sie sich beim Baden in der Ostsee zugezogen haben. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bietet daher eine interaktive Karte an, mit der Nutzerinnen und Nutzer verfolgen können, wie gut die Bedingungen in den europäischen Küstengewässern für die Vibrionenvermehrung sind.

Drittens: Mehr Menschen würden an Allergien leiden
Der Klimawandel trägt auch dazu bei, dass Menschen verstärkt mit Allergien zu kämpfen haben, denn: Ein insgesamt milderes Klima mit einer längeren ⁠Vegetationsperiode⁠ begünstigt, dass Pollen länger und in teils höheren Konzentrationen in der Luft fliegen. So breiten sich allergene Pflanzen wie die Ambrosia in Europa weiter aus.

Sie ist aller Wahrscheinlichkeit nach als Samen in Vogelfutter nach Deutschland eingeführt worden und kann sich nun bei zunehmend warmen Temperaturen gut etablieren.

Unbestritten ist auch, dass sich die Pollensaison durch klimabedingt wärmere und kürzere Winter verlängert. Pollen, die sich mit Feinstaub verbinden, können übrigens tiefer in die Lunge eindringen – und damit aggressiver wirken.

Viertens: Hitzewellen nehmen zu
Die Häufigkeit und Intensität von Hitzewellen in Deutschland haben zugenommen, wie Auswertungen des DWD zeigen. Das heißt: 14-tägige Hitzeperioden mit einer täglichen Temperatur von mindestens 30 °C treten in allen Regionen immer häufiger auf. Den damit einhergehenden Hitzestress und hohe bodennahe Ozonkonzentrationen steckt der Körper nicht immer unbeschadet weg.

Für Wärmebelastung am stärksten gefährdet sind Menschen über 65 Jahre, Säuglinge, Patient:innen mit chronischen Erkrankungen sowie Personen, die schwere körperliche Arbeit im Freien verrichten, etwa auf Baustellen oder in der Landwirtschaft .
Nach einer Analyse des Helmholtz-Zentrums München gibt es bereits jetzt mehr Herzinfarkte und Todesfälle infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen an heißen Tagen. Eine andere Studie kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Menschen in Deutschland durch die Auswirkungen von Hitze starben – 2015 waren es demnach 6100 Menschen. Wie schwer Hitzewellen die Bevölkerung treffen können, wurde hierzulande im bislang heißesten Sommer im Jahr 2003 sichtbar. Damals lag die Übersterblichkeit aufgrund der hohen Temperaturen laut einer Studie bei rund 9400 Toten.

Auch künftig werden Hitzewellen Menschen zunehmend beeinträchtigen und könnten Tausende Todesopfer fordern, prognostizieren die Fachleute im Lancet-Countdown-Bericht. In Norddeutschland könnte es bis zu 5 zusätzliche Hitzewellen im Jahr geben, in Süddeutschland sei sogar mit jährlich bis zu 30 zusätzlichen Hitzewellen zu rechnen.

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