Lehrbrief GR 121
Gott zum Gruße.
Non nobis Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam.
Die Templer-Dungeons in Domme
Zeugnisse aus der Tiefe – In Stein gehauene Gebete
Hoch oben auf einem 150 Meter hohen Felsplateau, mit majestätischem Blick auf das Tal der Dordogne, liegt die befestigte Stadt Domme – eine der schönsten Bastiden Frankreichs. Doch unter ihrem goldgelben Gestein, verborgen unter der warmen Sonne des Périgord, schläft eine düstere Vergangenheit: Die Templer-Dungeons von Domme.
Domme – Juwel und Gefängnis
Gegründet im Jahre 1281 von Philipp dem Kühnen, war Domme von Anfang an als strategisch wichtige Bastide geplant: Hoch über dem Fluss gelegen, uneinnehmbar und mit weitreichendem Ausblick. Doch nicht nur Kaufleute und Bauern fanden in diesen Mauern Schutz – auch König Philipp IV. wusste um die Vorteile dieser Lage. Und so ließ er im Jahr 1307 zahlreiche Tempelritter unterhalb der Stadtmauern in den Gewölben und Verliesen einsperren.
Was folgte, ist eines der finstersten Kapitel der Templergeschichte.
Die Einkerkerung der Brüder
Die Inhaftierung der Templer war Teil eines groß angelegten Plans. Der französische König, verschuldet bei dem reichen Orden, versuchte durch einen Schlag gegen die Templer sowohl Schulden loszuwerden als auch Macht zu gewinnen. In Domme wurden über 70 Brüder eingekerkert – lange bevor es zum offiziellen Prozess kam.
In den stickigen, dunklen Verliesen – gefangen und von der Außenwelt abgeschottet – harrten sie wochen-, monate-, teils jahrelang aus. Manche starben in der Stille dieser kalten Wände, andere wurden später unter Folter verhört und schließlich verurteilt.
Zeichen im Stein – Botschaften der Seele
Was bleibt, sind ihre Spuren. In den Wänden der Gefängnisse von Domme finden sich bis heute über sechzig Gravuren – Zeichen, Symbole und Gebete, die mit einfachsten Mitteln in den Stein geritzt wurden. Sie erzählen von Hoffnung, Leid, Glauben und Widerstand.
Besonders auffällig sind geometrische Figuren mit tiefer Symbolik:
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Das Achteck – Hinweis auf den Heiligen Gral, das göttliche Gefäß des letzten Abendmahls.
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Das Quadrat – Sinnbild des Tempels von Jerusalem, dem Ursprung des Ordens.
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Der Kreis, der alles umschließt – Symbol für die Gefangenschaft und zugleich für das Ewige, das keine Kette fesseln kann.
Diese Zeichen sind Code und Gebet zugleich. Man glaubt, dass sich die Templer durch diese Darstellungen gegenseitig Mut zusprachen – stumme Liturgie unter Folter, verzweifelte Zuversicht in den Tod.
Domme heute – ein stilles Denkmal
Heute ist Domme ein beliebter Touristenort mit atemberaubender Aussicht und intakter mittelalterlicher Bausubstanz. Doch wer hinter die malerischen Fassaden blickt, wer sich in die Schatten der Stadt begibt, der begegnet dort der stillen Klage jener Männer, die ihren Eid nie brachen.
In Führungen durch die alten Kerker kann man die Templergraffiti noch immer sehen – ein in Stein gehauenes Vermächtnis des Glaubens, der Treue und des Schmerzes. Wer dort steht, zwischen kalten Mauern und geheimnisvollen Zeichen, spürt noch heute den Geist der Tempelritter – unbeugsam, glaubensstark, wach.
Fiat Lux.
Ralph von Reichenberg GM