Chastel Blanc (Castrum Album / Safitha / Bordj-Safita)
Eine Templerburg in Syrien
Die Burg Chastel Blanc, auch bekannt als Castrum Album, Safitha oder Bordj-Safita, war eine bedeutende Festung des Templerordens im Königreich Tripolis. Gelegen auf einem über 300 Meter hohen Bergausläufer etwa 20 km vom Mittelmeer entfernt, war die Burg strategisch wichtig und diente der Kontrolle der Handels- und Militärwege der Region. Heute gehört die Burg zum modernen Syrien und ist ein bedeutendes historisches Zeugnis der Kreuzzugszeit.
Bauliche und territoriale Entwicklung
Strategische Lage und frühe Geschichte
Safitha war bereits im frühen 12. Jahrhundert Teil des weltlichen Lehens von Tripolis bzw. Antiochia. Die erste urkundliche Erwähnung der Burg unter den Templern stammt aus einem Vertrag von 1152 zwischen dem Bischof von Tortosa (Tartus) und dem damaligen Templermeister Everard des Barres. Im Vertrag wird Chastel Blanc zusammen mit der Zitadelle von Tortosa dem Orden überlassen.
Architektur der Burganlage
Die Burganlage bestand ursprünglich aus:
- Einem massiven Bergfried (Donjon) mit rechteckigem Grundriss (31 m Länge, 18 m Breite, 28 m Höhe)
- Zwei turmbekrönten Ringmauern, die den Donjon umgaben
- Zweigeschossiger Bergfried: Im unteren Teil befand sich die Kirche mit einer halbkreisförmigen Apsis, die von außen rechteckig verkleidet und mit Schießscharten versehen war. Im oberen Geschoss lag ein säulengestützter Saal.
- Zisterne: Unter dem Bergfried befand sich eine aus dem Fels gehauene Zisterne zur Wasserversorgung.
Die Konstruktion zeigt die für Templer typische Mischung aus sakraler und militärischer Architektur.
Landbesitz und Einkünfte
Zur Burg gehörten auch:
- Acker- und Weideland
- Mehrere Dörfer mit zugehörigen Abgaben und Pachten
Die Einkünfte aus diesen Besitzungen sollten laut der Urkunde von 1152 vollständig den Templern zufallen, ohne dass ein Teil davon als Zehnt an den Bischof von Tortosa abgeführt werden musste.
Beziehungen und Konflikte
Verteidigung gegen die Assassinen
Die Burg war Teil einer Verteidigungslinie gegen die Assassinen, einer militanten islamischen Sekte, die häufig Anschläge gegen Kreuzfahrer und deren Herrschaftsstrukturen verübte.
Eroberung durch Nur ad-Din (1167, 1171)
Die muslimische Chronik von Ibn al-Atir berichtet von zwei Eroberungen der Burg durch den ayyubidischen Sultan Nur ad-Din in den Jahren 1167 und 1171. Die Templer konnten die Burg jedoch beide Male zurückerobern und wiederaufbauen.
Erdbeben und Wiederaufbau
Die Burg wurde durch schwere Erdbeben in den Jahren 1170 und 1202 beschädigt. Nach jeder Katastrophe wurde sie von den Templern wieder instand gesetzt.
Sultan Baybars und das Ende von Chastel Blanc (1271)
In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts rückte die Burg erneut in den Fokus der muslimischen Eroberer:
- 1271: Sultan Baybars belagerte die Festung im Zuge seines Feldzugs gegen die Kreuzfahrer.
- Die Verteidiger sollen die Burg eigenhändig zerstören wollen, um ihre strategische Nutzung durch Baybars zu verhindern.
- Ein Komtur aus Tortosa, möglicherweise Matthieu Sauvage, soll vermittelt haben, um die Übergabe der Burg zu erreichen.
Ergebnis:
- Die Besatzung, bestehend aus 700 Männern, Frauen und Kindern, ergab sich.
- Baybars wollte die Gefangenen zunächst hinrichten lassen, wurde jedoch von seinem Sohn überzeugt, sie zu verschonen.
- Die Burg ging endgültig in muslimische Hand über.
Architektonische Überreste
Der Donjon (Bergfried)
Das beeindruckendste Überbleibsel der Burg ist der Donjon, der das Stadtbild von Safitha bis heute dominiert:
- Grundfläche: 31 x 18 Meter
- Höhe: 28 Meter
- Zweistöckig: Mit einer Kapelle im unteren Teil und einem Saal im Obergeschoss.
- Die Kapelle dient bis heute der griechisch-orthodoxen Gemeinde als Kirche.
Zerstörung und Restaurierung
- 1925: Die Anlage wurde bei einem weiteren Erdbeben schwer beschädigt.
- 1930er Jahre: Der französische Architekt Pierre Coupel leitete umfangreiche Restaurierungsarbeiten.
- Teile der mittelalterlichen Struktur sind in die moderne Stadt Safitha integriert.
Bedeutung der Burg Chastel Blanc
- Militärische Rolle: Die Burg war ein zentraler Stützpunkt zur Sicherung der wichtigen Handels- und Pilgerrouten in der Region.
- Geistliches Zentrum: Die Kapelle diente als religiöses Zentrum für die Templer und später die orthodoxe Gemeinde.
- Symbol des Konflikts: Die wiederholten Angriffe und die endgültige Eroberung durch Sultan Baybars machen Chastel Blanc zu einem eindrucksvollen Beispiel für den militärischen Konflikt zwischen Kreuzfahrern und muslimischen Dynastien.
- Architektonisches Erbe: Der Donjon bleibt ein bedeutendes Zeugnis mittelalterlicher Ingenieurskunst.
Das Erbe von Chastel Blanc
- Religiöse Nutzung: Die Kapelle wird bis heute von der griechisch-orthodoxen Gemeinde genutzt.
- Archäologische Bedeutung: Die Struktur der Burg bietet Einblicke in die Baukunst der Templer und in die mittelalterlichen militärischen Strategien.
- Touristisches Ziel: Safitha und der erhaltene Donjon ziehen historisch Interessierte und Archäologen an.
Fazit
Die Burg Chastel Blanc (Safitha) war nicht nur eine imposante Verteidigungsanlage, sondern auch ein wichtiger wirtschaftlicher und geistlicher Stützpunkt des Templerordens im Königreich Tripolis. Ihr dramatisches Ende während der Eroberung durch Sultan Baybars und die bis heute erhaltenen Überreste machen sie zu einem bedeutenden historischen Denkmal, das von der bewegten Geschichte der Kreuzzüge erzählt.