Die Verhaftung des englischen Provinzmeisters der Templer: Das Schicksal von William de la More
Meine Nachforschungen über das Schicksal des letzten englischen Provinzmeisters der Templer, William de la More, führten mich an einem bitterkalten Dezembertag Ende 2024 in die malerische, aber frostige Landschaft von Lincolnshire in den East Midlands von England. Mein Ziel: die antike Stadt Lincoln und der nahegelegene Ort Temple Bruer, einst ein bedeutendes Zentrum des Templerordens.
Die Verhaftungswelle von 1307
Am 13. Oktober 1307 erließ der französische König Philipp IV. Haftbefehle gegen alle Templer in seinem Reich. Papst Clemens V. unterstützte diese Maßnahme nur widerwillig. In England zeigte sich König Edward II. zunächst skeptisch gegenüber den schwerwiegenden Anschuldigungen der Ketzerei und Sodomie, die gegen die Ritter erhoben wurden. Doch unter dem Druck des Papstes gab auch Edward II. nach, und die Verhaftungen begannen.
Der Weg nach Temple Bruer
Nach meinem Besuch der beeindruckenden Kathedrale von Lincoln, in deren Kapitelsaal die lokalen Templer nach ihrer Festnahme verhört wurden, machte ich mich auf den Weg nach Temple Bruer. Die Fahrt über vereiste, holprige Wege gestaltete sich schwieriger als erwartet – Google Maps erwies sich als wenig hilfreich. Doch als der Turm von Temple Bruer plötzlich vor mir auftauchte, war ich überwältigt: Ein architektonisches Wunderwerk aus dem zwölften Jahrhundert, in erstaunlich gutem Zustand.
Das Schicksal von William de la More
Temple Bruer war die zweitreichste Kommende der Templer in England. Ihr Leiter, William de la More, war nicht nur Komtur dieser Niederlassung, sondern auch der Provinzmeister für ganz England. Als die Männer des Königs Temple Bruer erreichten, gelang es ihnen, sowohl William de la More als auch Himbert Blanc, den Befehlshaber der Auvergne, gefangen zu nehmen. Blanc war zu Besuch, um über einen möglichen neuen Kreuzzug zu beraten – ein Vorhaben, das jedoch nicht mehr im Interesse der europäischen Mächte lag. Stattdessen richtete sich ihr Blick auf die immensen Vermögenswerte des Ordens.
William de la More wurde in den Tower von London gebracht, jedoch nicht wie andere Adlige in eine komfortable Unterkunft, sondern in die dunklen Kellerverliese. Diese waren bereits mit schottischen und walisischen Adligen gefüllt, gegen die die Engländer im Krieg standen. Die schlechten Haftbedingungen führten dazu, dass viele ältere Templer gesundheitlich stark litten und einige hinter Gittern verstarben.
Wie viele seiner Ordensbrüder wurde auch William de la More zahlreichen Verhören und vermutlich Folter unterzogen. Der Papst forderte detaillierte Informationen von der Inquisition, um die Anklagen gegen den Orden zu untermauern. 1312 wurde der Templerorden auf dem Konzil von Vienne offiziell aufgelöst. Kurz vor Weihnachten desselben Jahres starb William de la More im Gefängnis.
Temple Bruer heute
Die Organisation Heritage Lincolnshire hat eine beeindruckende digitale Rekonstruktion von Temple Bruer erstellt, die auf YouTube zu sehen ist. Der verbliebene Südturm war einst Teil einer großen, runden Templerkirche, die als Anspielung auf das Heilige Grab in Jerusalem gebaut wurde. Was heute wie eine Außentür wirkt, war einst der Zugang zu einer Seitenkapelle. Die Kirche wurde während der Reformation zerstört, doch der übrig gebliebene Turm zeugt noch immer von der einstigen Pracht und Bedeutung dieses Ortes.
Fazit
Die Verhaftung und das tragische Ende von William de la More spiegeln das dramatische Schicksal des gesamten Templerordens wider. Was als fromme Bruderschaft begann, endete in Verrat, Habgier und politischen Intrigen. Temple Bruer steht heute als stilles Denkmal für diese bewegte Geschichte und lädt Besucher dazu ein, in die Vergangenheit einzutauchen und das Erbe der Templer zu erforschen.