Tomar (Burg und Komturei, Portugal)
Grenzregion im Wandel: Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau
Im 12. Jahrhundert lag die Region um Tomar an der Grenze zwischen dem christlichen Königreich Portugal und den muslimischen Almohaden, die große Teile der Iberischen Halbinsel kontrollierten. Diese strategisch bedeutende Lage führte zu regelmäßigen militärischen Expeditionen beider Seiten, die wiederum Verwüstungen und eine weitgehende Entvölkerung des Gebietes zur Folge hatten.
Um die Region dauerhaft zu sichern, wurde der Orden der Templer mit der Verteidigung und Wiederbesiedlung des Territoriums betraut. Die rechtliche Grundlage für die Gründung der Komturei Tomar bildete eine Vereinbarung zwischen dem Orden und dem Bischof von Lissabon über die Kirchenrechte in Santarém. Die Templer verzichteten zugunsten des Bischofs auf ihre Rechte, erhielten dafür jedoch im Einvernehmen mit König Afonso Henriques das Gebiet von Ceras mitsamt einer dort befindlichen Burg – wobei in der Forschung umstritten ist, ob es zu diesem Zeitpunkt dort wirklich eine signifikante Befestigungsanlage gab.
Einige Jahre später folgte eine förmliche königliche Schenkung, die neben Tomar auch die Ländereien und Burgen von Zêzere und Cardiga umfasste. Damit war Tomar offiziell zum Sitz des Provinzmeisters der Templer in Portugal erhoben worden.
Bau der Burg Tomar: Ein neues Zentrum des Ordens
Die Grundsteinlegung der Burg Tomar erfolgte am 1. März 1160 unter der Leitung von Gualdim Pais, dem ersten Provinzmeister der Templer in Portugal. Der älteste Teil der Festungsanlage, der Bergfried, wurde auf einem rechteckigen Grundriss errichtet. Er ist 15 Meter hoch und verfügt über drei Stockwerke. Wann die Burg vollständig fertiggestellt wurde, ist unklar, aber spätestens 1190 war sie verteidigungsbereit, als ein Angriff des Almohadenherrschers Yakub Al-Mansur erfolgreich abgewehrt wurde.
Mit dem Bau der Charola, der ikonischen Rundkirche innerhalb der Festung, wurde vermutlich bald nach der Errichtung des Bergfrieds begonnen. Allerdings war die Kirche 1190 noch unvollendet, da der Angriff der Almohaden die Bauarbeiten unterbrochen hatte. Diese Kriegsspuren sind bis heute sichtbar. Neben der Charola gab es innerhalb der Burg auch eine zweite Kirche, die Santa Maria do Castelo, die auf einem rechteckigen Grundriss errichtet wurde.
Tomar als geistiges Zentrum der Templer
Auch außerhalb der Burg entstanden bedeutende religiöse Bauwerke. In der kleinen Siedlung unterhalb der Festung wurde auf den Ruinen eines alten Benediktinerklosters die Kirche Santa Maria do Olival errichtet. Sie diente später als Grabeskirche der portugiesischen Templermeister und entwickelte sich zu einem spirituellen Zentrum des Ordens.
Die Bedeutung Tomars wuchs weiter, und im Jahr 1542 wurden die Besitztümer, Privilegien und historischen Hintergründe der Stadt in einem offiziellen Dokument festgehalten – dem „Livro dos Bens“.
Die wirtschaftliche Entwicklung: Landwirtschaft und Stadtplanung
Neben der militärischen Sicherung der Region hatten die Templer auch die Aufgabe, das Gebiet wirtschaftlich zu revitalisieren. Dazu gehörte die Regulierung des Flusslaufs in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Dieses großangelegte Infrastrukturprojekt diente einerseits dazu, Feuchtgebiete trockenzulegen und für die Besiedlung nutzbar zu machen, andererseits wurden damit auch Wassermühlen betrieben, die für die landwirtschaftliche Produktion entscheidend waren.
Eine erste gesetzliche Regelung für die Stadt Tomar erfolgte 1162, als Gualdim Pais ein Foral – ein Stadtrecht – erließ. Darin wurden die Rechte und Pflichten der Bewohner festgelegt, die sich in zwei Gruppen unterteilen ließen:
🔹 Ritterbürger – Sie waren verpflichtet, bei der Grenzverteidigung mitzuhelfen, erhielten dafür aber steuerfreie Ländereien und waren an der Kriegsbeute beteiligt.
🔹 Bauern – Sie durften das Land bewirtschaften, mussten aber Abgaben an den Orden leisten.
Ein zweites Foral folgte 1174, das weitere Rechtsfragen regelte. Die Stadt wuchs rasch, und bereits in den 1170er Jahren entstanden die ersten Gebäude außerhalb der Stadtmauern.
1190: Angriff der Almohaden und Verteidigung Tomars
Der Höhepunkt der frühen Geschichte Tomars war die Belagerung durch die Almohaden im Jahr 1190. Der berüchtigte Sultan Yakub Al-Mansur, der große Teile der Iberischen Halbinsel kontrollierte, wollte die Stadt zurückerobern. Doch die Templer verteidigten die Festung erfolgreich, auch wenn die Stadt selbst erhebliche Schäden erlitt.
Eine Gedenkinschrift erinnert noch heute an diesen Angriff – allerdings wird vermutet, dass die in ihr genannte Truppenstärke der Almohaden übertrieben dargestellt wurde, um die heroische Verteidigung der Templer noch eindrucksvoller erscheinen zu lassen.
Fazit: Tomar als Vermächtnis der Templer
Die Gründung und Entwicklung von Tomar im 12. Jahrhundert zeigt eindrucksvoll die strategische, wirtschaftliche und religiöse Bedeutung der Templer in Portugal.
✔️ Die Stadt war ein militärischer Vorposten der Reconquista.
✔️ Sie wurde zum wirtschaftlichen Zentrum durch Flussregulierungen und Landwirtschaft.
✔️ Ihre religiösen Bauwerke – vor allem die Charola und Santa Maria do Olival – machten sie zu einem spirituellen Zentrum des Ordens.
Noch heute ist die Stadt Tomar ein bedeutendes Erbe der Templer in Portugal, und ihre Festung gehört zu den eindrucksvollsten Zeugnissen der mittelalterlichen Geschichte der Region.