Das Ende der Briefe
In Dänemark sind die Tage des guten alten Briefes – egal, ob Liebesbriefe oder Steuerbescheide – gezählt. Das dem dänischen und schwedischen Staat gehörende Postunternehmen PostNord wird ab dem kommenden Jahr keine Briefe mehr zustellen. Schon in den vergangenen Jahren wurde den Dänen das Briefeschreiben gezielt abgewöhnt. Horrende Preise (der Standardbrief kostet in dem skandinavischen Land sage und schreibe umgerechnet rund 4 Euro) und lange Laufzeiten (bis zu 5 Tage, was dem Begriff der Schneckenpost zeitgenössische Aktualität verleiht) setzten all jene auf Entzug, die noch an die Faszination und die Emotionalität eines persönlichen Briefes glaubten.
Doch nicht nur das. Mit dem Brief könnte – sollte die dänische Lösung Schule machen – ein weiteres Stück Privatsphäre verloren gehen. Erst stirbt der Brief, dann das Bargeld. Und was folgt anschließend im Zeichen der angeblich so segensreichen Digitalisierung? Es gibt eine Reihe von Hinweisen, dass die Entscheidung der dänischen Post kein Einzelfall bleiben wird. In Deutschland will die Post offenbar bis zum Jahresende bis zu 8000 Stellen im Bereich der Briefzustellung abbauen. Und in Großbritannien fordert Royal Mail bereits seit einiger Zeit, nicht mehr an allen Wochentagen Briefe austragen zu müssen.
Der Brief darf nicht sterben. Er ist ein jahrtausendealtes Kulturgut. Wie uns der antike Historiker Hellanikos berichtet, hat die persische Königin Atossa etwa 500 v. Chr. den ersten Brief verschickt. Wer einen Brief schreibt, nimmt sich Zeit. Nicht nur zum Schreiben, sondern auch zum Nachdenken. Man denkt nach, bevor man schreibt. Bei E-Mails ist es bisweilen umgekehrt.