✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Der Reliquienkult bei den Templern

Einblicke in die heiligen Schätze eines geistlichen Ritterordens

Der geistliche Schatz des Ordens

Der Templerorden, gegründet zu Beginn des 12. Jahrhunderts, war nicht nur eine militärische und wirtschaftliche Großmacht des Mittelalters, sondern auch tief in der religiösen Welt des Hochmittelalters verwurzelt. Der Glaube war die tragende Säule ihres Selbstverständnisses, und dementsprechend kam auch dem Reliquienkult innerhalb des Ordens eine bedeutende Rolle zu. Die Templer verehrten zahlreiche Reliquien von Heiligen, die eng mit dem Heiligen Land, mit der Jungfrau Maria, sowie mit frühchristlichen Märtyrern und dem Leiden Christi verbunden waren.

Das Heilige Kreuz in Akkon

Besondere Bedeutung hatte ein Partikel des Heiligen Kreuzes, das sich im Besitz der Templer in Akkon befand. Dieser heilige Gegenstand zog nicht nur Pilger aus allen Teilen der christlichen Welt an, sondern war auch Zentrum einer aktiven Wunderverehrung. Der Zeuge Antonius Sicci berichtete während des Templerprozesses detailliert über Heilungswunder, die im Zusammenhang mit dieser Kreuzreliquie standen – ein Hinweis auf die spirituelle und medizinische Dimension solcher Objekte im mittelalterlichen Glauben.

Reliquien im Abendland: Paris und Toulouse

Auch in den westlichen Niederlassungen bewahrten die Templer bedeutende Reliquien. Die Komturei von Paris beherbergte unter anderem ein Hauptreliquiar einer der Elftausend Jungfrauen, der legendären Gefährtinnen der Heiligen Ursula von Köln. Dieses silberne und teilweise vergoldete Reliquiar existierte Berichten zufolge noch im 18. Jahrhundert im Pariser Temple.

In Toulouse wiederum wurde eine wundertätige Marienikone verehrt, deren Wirkung sich bis in die Templerhäuser von Laramé und Larmont erstreckte. Votivbilder, also gestiftete Dankesbilder, zeugen von Pilgerbesuchen und den Gebetserhörungen, die man der Muttergottes zuschrieb.

Heilige Orte im Osten: Euphemia und Polykarp

Im heutigen Israel, im Château de Pélerin, war die Verehrung der Heiligen Euphemia verbreitet. Auch hier lassen sich Pilgertradition und Wunderberichte nachweisen. Auf der Insel Zypern, in der Templerniederlassung von Nikosia, befand sich eine Reliquienbüste des Heiligen Polykarp von Smyrna, eines der frühen Kirchenväter und Märtyrer. Dies zeigt die geographische und theologische Breite der im Orden verehrten Gestalten.

Rom und die Verehrung des Heiligen Bernhard

In Rom schließlich ehrten die Templer ein besonders persönliches und symbolträchtiges Heiligtum: die Tunika des Heiligen Bernhard von Clairvaux, jenes Zisterzienserabtes, der als geistiger Vater des Ordens gilt. Diese Reliquie verdeutlicht die tiefe Verbindung zwischen dem Orden und seiner spirituellen Wurzel im zisterziensischen Mönchtum.

Systematischer Reliquienschatz: Bestandsaufnahme und Weitergabe

Die während der Prozesse gegen den Orden angefertigten Inventare geben einen systematischen Einblick in die Vielzahl an Reliquien in Templerbesitz. Besonders Kreuzreliquien tauchen in den Kapellen der Häuser von Limaye, Grasse und Sainte-Eulalie en Cernon auf. Moderne Forscher konnten insgesamt etwa 36 Reliquiare mit rund 46 Kreuzespartikeln identifizieren – ein beachtlicher Schatz heiliger Objekte. Nach der Aufhebung des Ordens im Jahr 1312 gingen die meisten dieser Reliquien an den Johanniterorden über.

Die Reliquien aus Konstantinopel und ihr tragisches Schicksal

Ein besonders interessantes Beispiel für den transkontinentalen Reliquienhandel ist der Fall des Unter-Provinzmeisters Barozzio aus der Lombardei. Nach seiner Teilnahme am vierten Kreuzzug brachte er kostbare byzantinische Pretiosen und Reliquien, darunter Ikonen mit Kreuzpartikeln, aus dem eroberten Konstantinopel mit. Diese waren für den Papst und den Templerorden bestimmt – doch das Schiff wurde unterwegs von Piraten überfallen, und die Reliquien gingen verloren. Ein tragisches Kapitel in der Geschichte des Ordensschatzes.

Der Kopfkult – Mythos oder Realität?

Ein besonders umstrittener Aspekt des Templerprozesses war der Vorwurf der Verehrung eines Kopfes, was manche Forscher mit einem möglichen Schädelreliquiar des Ordensgründers Hugues de Payens in Verbindung bringen. Doch es fehlen jegliche Quellen außerhalb der Prozessakten, die eine solche Verehrung belegen. Ebenso gibt es keine Hinweise auf einen offiziellen Kult um die Ordensgründer innerhalb der Templer.

Fazit: Der Reliquienkult als Ausdruck spiritueller Tiefe

Der Reliquienkult der Templer offenbart eine wenig beachtete, aber zentrale Seite des Ordens: seine tiefgreifende Verwurzelung in der mittelalterlichen Frömmigkeit. Die zahlreichen Wunderberichte, die Pilgertraditionen und die Qualität der aufbewahrten Objekte zeigen, dass die Templer nicht nur Krieger, Banker oder Bauherren waren – sondern ebenso Hüter des Heiligen. In einer Zeit, in der die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits durch die Gegenwart von Reliquien durchlässig erschien, waren sie Bewahrer eines unsichtbaren Schatzes von immenser geistlicher Bedeutung.

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