Der Templerprozess im Ausland
Während der Templerprozess in Frankreich unter König Philipp IV., dem Schönen, von Brutalität, Propaganda und juristischer Willkür geprägt war, verliefen die Verfahren in anderen Ländern Europas und des östlichen Mittelmeerraums oft deutlich differenzierter. Die Ergebnisse waren meist geprägt von lokalen politischen und kirchlichen Strukturen, der Haltung der jeweiligen Monarchen und der Bereitschaft, sich dem Druck von Papst Clemens V. und dem französischen König zu beugen.
1. Die päpstliche Bulle Pastoralis Praeeminentiae
Am 22. November 1307 erließ Papst Clemens V. die Bulle Pastoralis Praeeminentiae, die alle christlichen Herrscher anwies, die Templer zu verhaften und ihre Besitztümer zu beschlagnahmen. Obwohl Clemens unter Druck von Philipp IV. handelte, betonte er dennoch, dass die Verhöre gerecht und nach kirchlichem Recht geführt werden müssten.
1.1 Einfluss des französischen Königs
Philipp IV. übte enormen Einfluss auf die Einsetzung von Inquisitoren und Kommissionen in anderen Ländern aus. Französische Prälaten und Mönche spielten dabei in vielen Untersuchungskommissionen eine führende Rolle. Clemens V. betonte in Briefen an die Herrscher von Spanien und Portugal, dass die Folter angewendet werden müsse, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Dennoch blieb das Ergebnis außerhalb Frankreichs überraschend eindeutig: Die meisten Templer wurden freigesprochen, und die Verhöre förderten keine belastenden Beweise zutage.
2. Die Templer in England
In England verlief der Prozess unter König Eduard II. deutlich gemäßigter als in Frankreich.
- Erste Reaktionen: Zunächst verteidigte Eduard II. die Templer und schrieb an die Könige von Portugal, Kastilien, Aragon und Neapel, dass die Vorwürfe gegen den Orden auf Neid und Verleumdung basierten.
- Verhaftungen: Nachdem er jedoch die päpstliche Bulle erhielt, ordnete er am 10. Januar 1308 die Verhaftung der Templer an.
- Einführung der Folter: Die Folter war in England bis dahin kein anerkanntes Mittel der Wahrheitsfindung. Erst im September 1309 kamen päpstlich entsandte Folterknechte nach England.
- Ergebnisse: Trotz Anwendung der Folter legten die meisten der 43 verhörten Templer keine Geständnisse ab. Selbst unter schwersten Bedingungen blieben die führenden Templer, wie Wilhelm von la More und Imbert Blake, standhaft.
- Ende des Prozesses: Der Prozess endete im Juni 1311 mit Freisprüchen für die meisten Templer. Die führenden Köpfe starben jedoch im Kerker, darunter Wilhelm von la More im Tower of London.
3. Die Templer in Irland
- Verhaftung: Auf Anweisung von Eduard II. wurden die Templer in Irland im Januar 1308 verhaftet.
- Verhöre: Die Verhöre begannen im Januar 1310 in der Kathedrale von St. Patrick in Dublin.
- Ergebnis: Kein einziger Templer legte ein Geständnis ab. Die externen Zeugen lieferten nur vage Gerüchte als Beweise.
- Freilassung: Nach der Aufhebung des Ordens im Jahr 1312 wurden die Templer in Irland entlassen.
4. Die Templer in Schottland
In Schottland wurden nur zwei Templer verhaftet. Auch hier kam es zu keinen belastenden Aussagen. Ein Prozess fand nicht statt, und die Templer blieben praktisch unbehelligt.
5. Die Templer in Spanien und Portugal
5.1 Aragon
- König Jakob II. von Aragon zögerte zunächst, gegen die Templer vorzugehen, ließ aber schließlich die wichtigsten Ordensmitglieder verhaften.
- Widerstand: Die Templer leisteten aktiven Widerstand und verschanzten sich in Burgen wie Miravet und Monzón. Erst 1309 wurden die letzten Festungen erobert.
- Verhöre: Trotz mehrfacher päpstlicher Anweisungen zur Anwendung von Folter gab kein Templer ein Geständnis ab.
- Freispruch: Am 4. November 1312 wurden die Templer in Aragon freigesprochen.
5.2 Kastilien-León und Portugal
- In beiden Ländern fanden Verhöre statt, die jedoch keine Schuld der Templer feststellen konnten.
- Freispruch: In Salamanca und Lissabon wurden die Templer freigesprochen, trotz päpstlicher Aufforderung zur Anwendung von Folter im Jahr 1311.
6. Die Templer in Italien
In Italien verliefen die Verfahren regional unterschiedlich:
- Sizilien: Einige Templer legten Geständnisse ab, wahrscheinlich unter Folter.
- Rom: In sorgfältig durchgeführten Verhören wurden keine belastenden Aussagen gefunden.
- Ravenna: Ein Konzil entschied, dass die Templer unschuldig seien, wenn ihre Geständnisse unter Folter erzwungen worden waren.
7. Die Templer in Deutschland und Mitteleuropa
- Schutz durch die lokalen Herrscher: In den meisten deutschen Territorien blieb der Orden unbehelligt. König Albrecht I. von Deutschland widersetzte sich den Forderungen aus Frankreich.
- Freispruch in Trier: Der Erzbischof von Trier sprach die Templer von allen Anklagen frei.
- Protest in Mainz: Der Komtur Hugo von Salm erschien schwer bewaffnet vor dem Konzil und protestierte erfolgreich gegen die Anklagen.
8. Die Templer auf Zypern
- Zypern war einer der Hauptsitze der Templer nach dem Verlust des Heiligen Landes.
- König Heinrich II. von Lusignan: Zögerte zunächst, ging dann aber mit Gewalt gegen die Templer vor.
- Verhöre: Die Verhöre zwischen 1308 und 1310 ergaben keine belastenden Aussagen.
- Ergebnis: Trotz Folter und Inhaftierung blieb der Orden unschuldig.
Fazit
Der Templerprozess im Ausland zeigt deutlich, dass die Vorwürfe gegen den Orden außerhalb Frankreichs nicht überzeugend waren. Die meisten Templer wurden freigesprochen, und die Prozesse verliefen oft gemäßigt und transparent.
- Frankreich blieb das einzige Land, in dem es zu massenhaften Geständnissen und brutalen Exekutionen kam.
- In den meisten anderen Ländern endeten die Verfahren mit Freisprüchen oder milden Strafen.
Die Gründe für die Zerstörung des Ordens lagen somit nicht in tatsächlichen Verfehlungen der Templer, sondern in den politischen und finanziellen Motiven Philipps IV. von Frankreich und der Schwäche von Papst Clemens V.