Die Liebe zu den Armen
Kriterium des wahren Gottesdienstes
Die Heilige Schrift und die Kommentare der großen Kirchenväter lassen keinen Zweifel daran: Die Liebe zu den Armen ist kein „Zusatzelement“ der Frömmigkeit, sondern das entscheidende Kriterium des wahren Gottesdienstes. Wer Gott verehrt und zugleich die Bedürftigen übersieht, verfehlt den Kern der Botschaft Christi.
Stimmen der Väter der Kirche
Der heilige Johannes Chrysostomos ruft uns eindringlich in Erinnerung, dass Christus im Leib der Armen gegenwärtig ist. Er fragt: Welchen Sinn hat es, Altäre mit goldenen Kelchen zu schmücken, wenn draußen vor der Kirche Christus selbst im Hunger leidet? Eine Mahnung, die damals wie heute nichts von ihrer Kraft verloren hat.
Der heilige Augustinus spricht in noch deutlicheren Worten: Für ihn ist der Arme die sakramentale Gegenwart des Herrn. Wer also behauptet, Gott zu lieben, aber kein Mitleid mit den Bedürftigen zeigt, lügt. Die Echtheit des Glaubens zeigt sich nicht in Worten, sondern in Taten der Barmherzigkeit.
Eine unbequeme Frage
Wenn wir diese Stimmen hören, müssen wir uns als Christen auch fragen: Warum lebt die Kirche, die sich auf Christus beruft, nicht stets nach diesem Maßstab? Wie verträgt sich der unermessliche Reichtum des Vatikans, seine Prachtbauten und Sammlungen, mit der Armut Christi? Wie lässt sich Prunk rechtfertigen, wenn doch die Väter lehren, dass Christus draußen, im Armen, verehrt werden soll?
Dies ist keine bloße Kritik, sondern eine Erinnerung an die eigene Berufung. Die Kirche ist dazu gerufen, Dienerin zu sein – und zwar besonders der Schwächsten.
Der Auftrag von „Dilexi te“
In dieser Tradition steht auch die Exhortation Dilexi te. Sie fordert alle Getauften dazu auf, ihre Stimme für die Armen zu erheben, auch wenn dies unbequem ist oder gar Spott hervorruft. Der Ruf ist klar: anprangern, aufrütteln, sich exponieren.
Denn das gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzsystem mit seinen „Strukturen der Sünde“ ist kein unabänderliches Schicksal. Es kann verändert werden – und es muss verändert werden. Dazu braucht es Gesinnungswandel, wissenschaftliche Einsicht, Technik und wirksame politische Maßnahmen.
Das Beispiel von Leo XIV.
Der Ordensmann und spätere Missionsbischof, der als Papst Leo XIV. die Exhortation weiterführte, wusste aus eigenem Erleben, wovon er sprach. Ein Großteil seines Lebens war er unter den Ärmsten – nicht als Herrscher, sondern als Bruder. Er ließ sich von den Armen selbst evangelisieren und erkannte darin die wahre Schule Christi.
Fazit
Die Botschaft ist deutlich: Die Armen sind das Herz der Kirche. Nicht Prunk, nicht Gold, nicht Machtstrukturen – sondern die konkrete Liebe zu den Geringen, die Fürsorge für die Bedürftigen, die Stimme für die Stimmlosen. Darin zeigt sich die Echtheit des Glaubens.
Für uns Templer ist dies nicht nur ein theologischer Gedanke, sondern Auftrag: Christus dort zu dienen, wo er am schwächsten erscheint – im Gesicht der Armen.
