Emmerstedt (Helmstedt, Komturei, Deutschland)
Einleitung
Emmerstedt, heute ein Ortsteil von Helmstedt im Bundesland Niedersachsen, liegt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt, strategisch günstig zwischen Braunschweig und Magdeburg. Im Mittelalter war Emmerstedt Standort einer bedeutenden Niederlassung des Templerordens, die später in den Besitz des Johanniterordens überging. Der Standort war wirtschaftlich geprägt von Landwirtschaft und Schäferei und spielte auch in regionalen Rechtsstreitigkeiten eine Rolle.
Gründung und territoriale Entwicklung
Anfänge der Templer in Emmerstedt
Die genaue Gründung der Templerniederlassung in Emmerstedt ist nicht dokumentiert, doch es ist bekannt, dass sie ursprünglich als Hofstelle von der Komturei Süpplingenburg verwaltet wurde. Es handelte sich um einen freien Hof mit eigener Schäfereigerechtigkeit, ein hoheitliches Recht, das es dem Besitzer erlaubte, Schafe auf jeglichem Brachland der Umgebung weiden zu lassen.
- Der Hof war steuerfrei und von weiteren feudalen Dienstleistungen befreit.
- Die landwirtschaftlichen Tätigkeiten konzentrierten sich auf Schäferei und Ackerbau, ergänzt durch kleine Handwerksbetriebe.
- Kothöfe, kleinere bäuerliche und handwerkliche Betriebe, gehörten ebenfalls zur Niederlassung. Die dort lebenden Familien mussten nur bei gutem Wetter Dienst leisten und wurden daher im Volksmund als „Sonnenkieker“ bezeichnet.
Eigenständigkeit als Komturei?
Die Niederlassung in Emmerstedt wurde bis Anfang des 14. Jahrhunderts von Süpplingenburg aus verwaltet. Erst im Jahr 1304 wird ein Komtur von Emmerstedt, Johannes de Bornstede, in einer Urkunde erwähnt. Die Familie von Bornstede war ein angesehenes Adelsgeschlecht aus dem Ohrekreis und dem Mansfelder Land.
Ob Emmerstedt zu dieser Zeit eine eigenständige Komturei war, bleibt in der Forschung jedoch umstritten. Es ist möglich, dass die Niederlassung lediglich als Dependance von Süpplingenburg fungierte und nie den vollen Status einer eigenständigen Komturei erlangte.
Beziehungen und Konflikte
Streit mit dem Kloster Marienthal
Ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte der Templerniederlassung Emmerstedt ist der Güterstreit mit dem Kloster Marienthal.
- 1304 berichtet eine Urkunde von einer gütlichen Einigung zwischen den Templern von Süpplingenburg und Emmerstedt und dem Kloster Marienthal.
- Vermittelt wurde der Konflikt von Friedrich von Alvensleben und Bertram von Feldheim (Veithheim).
- Streitgegenstand war ein Waldstück, das beiden Parteien Ansprüche auf Nutzung und Besitzrechte bot.
- Eine frühere Urkunde aus dem Jahr 1303 erwähnt einen Vasallen des Templerordens in Marienthal, was die Verbindung zwischen den beiden Orten unterstreicht.
Der Historiker Schüpferling (1915) vermutet, dass die Ursache des Konflikts in Templerbesitzungen in Marienthal lag.
Der Übergang an die Johanniter
Nach der Auflösung des Templerordens im Jahr 1312 durch Papst Clemens V. gingen die Besitzungen in Emmerstedt, wie vielerorts in Europa, an den Johanniterorden über.
- Die Johanniter übernahmen die Verwaltung und setzten die landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Tätigkeiten der Templer fort.
- Bis ins 19. Jahrhundert bestand in Emmerstedt ein Erbzinshof, der als wirtschaftlicher Restbestand der ehemaligen Komturei diente.
Wirtschaftliche Bedeutung der Niederlassung
Die Templerniederlassung in Emmerstedt spielte eine bedeutende Rolle für die regionale Wirtschaft:
- Schäferei: Dank der Schäfereigerechtigkeit konnten die Templer große Herden auf gemeinschaftlichen Weideflächen halten.
- Landwirtschaft: Ackerbau und Ernte von Getreide stellten die Basis der wirtschaftlichen Stabilität dar.
- Handwerkliche Tätigkeiten: Die kleinen Kothöfe sorgten für handwerkliche Güter und Dienstleistungen.
- Steuerfreiheit: Die Steuerfreiheit verlieh der Niederlassung eine ökonomische Sonderstellung in der Region.
Architektonische Überreste
Von den ursprünglichen Templergebäuden in Emmerstedt ist heute kaum noch etwas erhalten:
- Die ursprünglichen Gebäude wurden nach der Übernahme durch die Johanniter teilweise umgebaut und erweitert.
- Der Erbzinshof blieb bis ins 19. Jahrhundert bestehen, verfiel danach jedoch.
- Archäologische Funde könnten potenziell weitere Hinweise auf die frühere Struktur der Komturei geben.
Die Bedeutung der Komturei Emmerstedt
- Regionalwirtschaftlicher Einfluss: Die Templerhofstelle war ein wichtiger Akteur in der lokalen Landwirtschaft und Schäferei.
- Geistlicher Einfluss: Die Komturei trug zur Christianisierung und kirchlichen Struktur der Region bei.
- Rechtsstreitigkeiten: Die Komturei spielte eine Rolle in bedeutenden Rechtsstreitigkeiten, die Einfluss auf regionale Verwaltungsstrukturen hatten.
- Symbol für Templerhistorie: Emmerstedt ist ein Beispiel für die enge Verbindung zwischen wirtschaftlicher, geistlicher und militärischer Aktivität des Templerordens im mittelalterlichen Europa.
Fazit
Die Templerhofstelle in Emmerstedt war ein wichtiges Zentrum für Landwirtschaft und Schäferei, mit einer starken regionalen und wirtschaftlichen Bedeutung. Trotz der unklaren Frage, ob Emmerstedt den Rang einer eigenständigen Komturei hatte, bleibt die Geschichte der Templer in dieser Region ein faszinierendes Kapitel mittelalterlicher Geschichte. Nach der Auflösung des Ordens ging das Erbe der Templer an die Johanniter über, die es bis ins 19. Jahrhundert weiterführten.
Heute erinnern nur noch wenige Spuren an die Präsenz der Templer in Emmerstedt, doch historische Dokumente und Flurnamen geben einen Einblick in die einstige Bedeutung dieser Niederlassung.