Thomas von Aquin zum Thema der Willens- und Handlungsfreiheit
Thomas von Aquin (1225–1274) gehört zu den bedeutendsten Denkern des Mittelalters und hat das theologische und philosophische Denken maßgeblich geprägt. Insbesondere seine Auseinandersetzung mit dem Thema der Willens- und Handlungsfreiheit hat bis heute große Bedeutung.
In seiner Lehre vertritt Thomas von Aquin einen ausgewogenen Standpunkt, der die Freiheit des menschlichen Willens mit der göttlichen Vorsehung in Einklang zu bringen versucht. Für ihn ist der menschliche Wille durchaus frei, jedoch nicht unabhängig von Gott. Vielmehr ist die menschliche Freiheit eine Teilhabe an der göttlichen Schöpfungsordnung.
Thomas unterscheidet zwischen der Willensfreiheit (libertas arbitrii) und der Wahlfreiheit (libertas electionis). Die Willensfreiheit bezieht sich auf die Fähigkeit des Menschen, zwischen verschiedenen Handlungsalternativen zu wählen, während die Wahlfreiheit die Fähigkeit bezeichnet, das Gute zu wählen und das Böse zu meiden. Diese Freiheit ist jedoch nicht absolut, sondern steht im Rahmen der göttlichen Ordnung und des natürlichen Gesetzes.
Für Thomas von Aquin ist der Mensch von Natur aus zur moralischen Vollkommenheit und zur Vereinigung mit Gott bestimmt. Daher ist die wahre Freiheit nicht darin zu sehen, dass der Mensch tun kann, was er will, sondern darin, dass er das Gute wählt und sich so seinem eigentlichen Ziel nähert.
Dennoch betont Thomas die Verantwortung des Menschen für seine Handlungen. Obwohl Gott als allwissend vorausweißt, was der Mensch tun wird, hindert dies den Menschen nicht daran, frei zu handeln und die Verantwortung für seine Entscheidungen zu tragen. Die göttliche Vorsehung und die menschliche Freiheit sind für Thomas von Aquin kein Widerspruch, sondern ergänzen sich gegenseitig.
In der heutigen Diskussion um Willens- und Handlungsfreiheit bleibt Thomas von Aquin eine wichtige Referenz. Seine Lehre bietet einen Denkrahmen, der es erlaubt, die Freiheit des Menschen im Zusammenhang mit seiner Verantwortung vor Gott und der göttlichen Vorsehung zu verstehen. Sie lädt dazu ein, über die Natur und die Grenzen der menschlichen Freiheit nachzudenken und dabei sowohl philosophische als auch theologische Aspekte zu berücksichtigen.