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Vatikan-Außenminister gegen „Logik des Krieges”

Erzbischof Paul Richard Gallagher hat mit Blick auf den Ukraine-Krieg dazu aufgerufen, die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben und den „Raum für das Gespräch, kreativen Dialog und Diplomatie“ weiter als Möglichkeit zu begreifen. Die päpstliche Friedenspolitik verteidigte er gegen Kritik.

In einer Ansprache wandte sich der vatikanische Außenbeauftragte an diesem Donnerstag in Rom gegen eine „Logik des Krieges“, die sich laut Gallagher auch in Bewertungen und Vorhersagen zum Ausgang oder zur Lösung des Konfliktes widerspiegelt.

Weiter an Chancen der Friedensdiplomatie glauben
Dass die Niederlage einer Seite im Ukraine-Krieg die „Voraussetzung für jede Verhandlung“ sei und es „keine Kompromisslösung“ geben könne, wies der Erzbischof zurück. Solche Analysen seien „besorgniserregend“. Auch Prognosen, laut denen die Sicherheit der Ukraine in Zukunft nur im Rahmen einer Abschreckungs-Kriegsmaschinerie garantiert werden könne, so der Vatikanvertreter sinngemäß, seien zwar nachvollziehbar, aber in der Optik langfristigen Friedens nicht konstruktiv.

„Angesichts solcher Vorhersagen kann sich der Gedanke einschleichen, dass man nichts tun kann, dass es keinen Raum für Gespräche, kreativen Dialog und Diplomatie gibt, dass man resignieren und die Fortsetzung der erbitterten Kämpfe, die Tod und Zerstörung bringen, akzeptieren muss.“

Ein Perspektivwechsel, der nicht einfach ist
„einen Frieden gewinnen, in dem der Staat weiterbesteht und sich nicht in der Herrschaft des Gegners oder eines der Länder, die ihm helfen, auflöst“

Der Zuständige für die Beziehungen zu den Staaten und internationalen Organisationen im vatikanischen Staatssekretariat rief zu einem „Perspektivwechsel“ auf. Von einer „Logik des Krieges“ gelte es zu einer „Logik“ überzugehen, „die das Recht auf Verteidigung und einen gerechten Frieden nicht leugnet, sich aber gleichzeitig nicht auf die Logik eines Friedens beschränkt, der auf der Niederlage des Feindes und neuen Machtverhältnissen beruht, sondern auf gegenseitigem Respekt.“

Ein solcher Perspektivenwechsel sei „nicht einfach“, räumte Gallagher ein, „aber auch nicht unmöglich”, so der erfahrene Vatikandiplomat.

Vertrauensaufbau notwendige Basis für die Zukunft
Die Bestätigung der eigenen Identität durch die Negation der Identität des anderen führe nur dazu, „Feindschaft zu verbreiten und den angestrebten Frieden zu gefährden“, gab Gallagher zu bedenken. Das gegenseitige Misstrauen müsse „durch ein noch stärkeres Engagement für den Aufbau gegenseitigen Vertrauens überwunden werden“, plädierte der vatikanische Außenbeauftragte, der wenige Monate nach Kriegsausbruch im Auftrag von Papst Franziskus Kyiv besucht hat.

Hilfreich könnten hier bestehende humanitäre Initiativen wie die zum Austausch von Kriegsgefangenen, zur Ausfuhr von Getreide und zur Rückführung von Kindern sein; gerade was diese Rückführung von Kindern betrifft, engagiert sich der Vatikan. Gallagher verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngste Doppelmission in Kiew und Moskau des Papstgesandten Kardinal Matteo Zuppi.

Gallagher verteidigt päpstliche Friedenspolitik
Der vatikanische Außenminister verteidigte in seinem Redebeitrag die Haltung von Papst Franziskus zu Russlands Krieg in der Ukraine. Es sei nicht zu übersehen, dass „die Reaktion der Ukrainer auf die Haltung von Papst Franziskus eine tiefe Enttäuschung widerspiegelt“. Staatliche, aber auch kirchliche Autoritäten hätten dies bis in jüngste Zeit zum Ausdruck gebracht. Es sei aber nicht korrekt, die Worte und Gesten des Papstes in dieser Frage als „leeren Pazifismus” oder „frommes Theater“ abzutun. Damit werde man der Vision und den Absichten des Papstes nicht gerecht.

„Eine starke und mutige Prophetie des Friedens“

„Er will sich mit dem Krieg nicht abfinden und glaubt hartnäckig an den Frieden, indem er alle einlädt, kreativ und mutig am Frieden mitzuwirken.“ Gallagher führte aus, man müsse anerkennen, dass die Gesten und Worte des Papstes nicht „bloßer Ausdruck einer Friedensrhetorik sind, sondern eine starke und mutige Prophetie des Friedens“, sie stelle die angebliche Unausweichlichkeit des Krieges in Frage.

Gallagher äußerte sich zum 30-jährigen Bestehen der italienischen Zeitschrift „Limes“. Die fünfte Ausgabe des Jubiläumsjahrgangs der Zeitschrift trägt den Titel „Lezioni Ucraine“ (deutsch etwa: Ukrainische Lehren). Im Jubiläumsjahrgang der Zeitschrift wird die Position des Papstes zum Krieg in der Ukraine streckenweise kritisiert.

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