Wer war Gilbert Erail
Ein bedeutender Meister des Templerordens
Gilbert Erail, dessen Name in Urkunden auch als „Eral“, „Herail“, „Arayl“ oder „Roral“ erscheint, war ein hochrangiger Würdenträger des Templerordens im späten 12. Jahrhundert. Seine Herkunft ist nicht eindeutig geklärt, doch er stammte vermutlich aus der Provence oder Katalonien. Seine Tätigkeit ist durch verschiedene Urkunden gut dokumentiert, die sein Wirken innerhalb des Ordens und seine politischen sowie administrativen Aufgaben belegen.
Frühzeitige Erwähnungen und erste Ämter
Im Jahr 1183 wird Gilbert Erail in einer Urkunde des Patriarchen Heraclius von Jerusalem erwähnt. Diese Urkunde bezieht sich auf einen Rechtsstreit zwischen der Abtei Sancta Maria de Josaphat und dem Templerorden. Der Streitpunkt war die Frage, ob die Templer verpflichtet waren, den Zehnten an die Abtei zu entrichten. Letztlich wurde ein Vergleich geschlossen, bei dem sich die Templer zur jährlichen Abgabe der Hälfte des Zehnten verpflichteten. Erail unterzeichnete dieses Dokument in seiner Funktion als „magnus preceptor“, gemeinsam mit dem damaligen Ordensmeister Arnaud de Torroja und dem Seneschall Gerard de Ridefort.
Der Titel „Magnus Preceptor“
Die Amtsbezeichnung „magnus preceptor“ taucht sowohl bei den Templern als auch bei den Johannitern dieser Zeit auf. Sie wurde in der Regel nur bei der Wahl des Ordensmeisters verwendet, scheint aber insbesondere für den Komtur von Jerusalem von Bedeutung gewesen zu sein. Spätere Urkunden belegen, dass auch ein Bruder Terricus 1187 und 1188 als „magnus preceptor domus Templi Jerusalem“ amtierte. Dies deutet darauf hin, dass dieser Titel möglicherweise eine spezifische Führungsrolle im Königreich Jerusalem kennzeichnete.
Führungspositionen innerhalb des Ordens
Von 1185 bis 1189 war Gilbert Erail als Meister der provenzalisch-katalanischen Provinz tätig. In dieser Funktion taucht sein Name in mehreren Urkunden auf, die die Verwaltung und Organisation des Ordens in dieser Region dokumentieren. Ab 1190 wurde er zum „magister cismarinus“ ernannt und übernahm damit die Verantwortung für die europäischen Provinzen des Ordens. 1193 erfolgte seine Wahl zum Ordensmeister des Templerordens.
Politische und militärische Aktivitäten
Während seiner Amtszeit als Ordensmeister nahm Erail aktiv an politischen und militärischen Entscheidungen teil. Im Jahr 1197 unterstützte er gemeinsam mit dem Meister des Johanniterordens die Ehe zwischen Königin Isabella von Jerusalem und Amaury de Lusignan, dem König von Zypern. Diese Verbindung stärkte die politische Stabilität der Kreuzfahrerstaaten.
Zwei Jahre später, 1199, führte Erail ein Kontingent von Templern in den Kampf an der Seite von Boemund IV. von Tripolis gegen den Sultan von Aleppo. Aufgrund dieses Feldzuges konnte er jedoch einen anberaumten Gerichtstermin gegen den Bischof von Sidon nicht wahrnehmen. Der Bischof hatte den Orden aufgrund eines Geldstreits exkommuniziert. Gilbert Erail wandte sich daraufhin an Papst Innozenz III., der den Fall untersuchen ließ. Der Papst stellte sich auf die Seite der Templer, lobte deren unermüdlichen Einsatz im Dienst Christi und enthob den Bischof von seinem Amt.
Letzte Jahre und Tod
1197 kehrte Erail in die spanische Ordensprovinz zurück, wo er die Vereinigung des Templerordens mit dem Orden von Montjoy ratifizierte. Dies stärkte die Position des Ordens auf der Iberischen Halbinsel, insbesondere im Kampf gegen die muslimischen Herrscher.
Gilbert Erail verstarb im Dezember 1200. Sein Wirken hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die Geschichte des Templerordens. Seine diplomatischen Fähigkeiten, seine organisatorische Weitsicht und seine militärische Führung machten ihn zu einer der prägenden Figuren des Ordens im ausgehenden 12. Jahrhundert.