Komturei Brindisi (Italien)
Templer im Tor zum Orient
Brindisi, an der Adriaküste gelegen, war im Mittelalter einer der bedeutendsten Häfen Italiens. Von hier aus öffnete sich das Tor zum östlichen Mittelmeerraum, zum Heiligen Land und zu den Handelsstraßen, die Kreuzfahrer und Pilger gleichermaßen durchzogen. Kein Wunder also, dass auch die Ritterorden – allen voran die Templer – hier Niederlassungen gründeten.
Frühe Hinweise und erste Erwähnungen
Historiker des frühen 20. Jahrhunderts vermuteten, die Templer hätten bereits in der Normannenzeit in Brindisi Fuß gefasst. Diese Ansicht stützte sich auf die Bedeutung der Stadt als Ausfallhafen für das Heilige Land. Doch Belege sind spärlich: Ein Dokument von 1169 nennt einen Bruder Ambrosius als Komtur des Hauses von Brindisi – doch handelt es sich bei dieser Urkunde um eine spätere Abschrift oder gar um eine Fälschung.
Erst im 13. Jahrhundert erhalten wir sichere Nachrichten: 1244 wird ein Bruder Bonasenga als Komtur des Hauses in Brindisi bezeugt.
Wirtschaftliche Privilegien und Seefahrt
Mit dem Aufstieg der Dynastie der Anjou (seit 1267 in Süditalien) wurden die Ritterorden in Brindisi in besonderer Weise gefördert. Johanniter, Deutscher Orden und auch die Templer genossen Zollfreiheit im Handel. Über den Hafen von Brindisi verschifften die Templer nicht nur Waren, sondern auch hochrangige Persönlichkeiten:
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1278 reiste Ruggero di Sanseverino, Generalvikar des Königreichs Jerusalem, auf der „Santa Maria dei Templari“ mitsamt 35 Pferden und Lebensmitteln nach Akkon.
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1286 brachte ein Templerschiff Maria von Ungarn, die spätere Gemahlin Karls II. von Anjou, nach Osten.
Die Komturei Brindisi war somit nicht nur logistisches Zentrum, sondern auch politischer Knotenpunkt im Verkehr zwischen Okzident und Orient.
Konflikte mit Venedig
Doch nicht immer verlief der Handel friedlich. Überliefert sind Klagen venezianischer Händler, deren Schiffe durch den Komtur von Brindisi festgesetzt, ihrer Ladung beraubt und deren Seeleute im königlichen Kastell inhaftiert wurden. Zwar ordnete König Karl I. von Anjou die Freilassung und Rückgabe der Güter an, doch blieb der Erfolg begrenzt – ein kleiner, lokaler Handelskrieg zwischen Templern und Venedig zog sich hin.
Das Ende und der Prozess
Der letzte bekannte Komtur von Brindisi war der Servient Hugo de Samaya. Im Zuge der Templerprozesse wurde er 1310 von der Provinzialkommission unter Leitung des Erzbischofs von Brindisi vernommen. Das Verhör fand in der Kirche Santa Maria del Casale statt – ein letztes Zeugnis der Präsenz des Ordens in dieser Stadt.
Die Gebäude der Komturei
Zur Komturei gehörte eine Kirche unter dem Patrozinium des Hl. Georg (belegt 1260). Doch ihr genauer Standort ist bis heute ungeklärt. Historiker vermuten zwei Möglichkeiten:
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In der Nähe des heutigen Bahnhofs, wo sich eine Station San Giorgio befindet.
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In der Umgebung der Kirche San Giovanni al Sepolcro, einer Rundkirche aus dem frühen 12. Jahrhundert, die als Nachbildung des Jerusalemer Heiligen Grabes errichtet wurde.
San Giovanni befand sich damals außerhalb der Stadtmauern und war zwischen 1128 und 1220 nachweislich im Besitz der Grabeskanoniker. Ende des 15. Jahrhunderts gelangte sie in die Hände der Johanniter. Dennoch will der Lokalhistoriker Federico Sanapo in Symbolen wie Kreuzen, Salomons-Siegeln und vor allem Gralssymbolik Hinweise auf eine Verbindung zu den Templern gefunden haben.
Legenden und Zuschreibungen
In Brindisi werden weitere Bauwerke mit den Templern in Verbindung gebracht, wenn auch ohne gesicherte Beweise:
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Der sogenannte “Portico dei Templari” am Domplatz – tatsächlich die Reste eines Adelspalastes.
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Das Gebäude am Hafen, heute als Tourist-Center genutzt, das man lange als „Arsenale dei Templari“ bezeichnete. Erst im 16. Jahrhundert erwähnt der Lokalhistoriker Maricino diese Zuschreibung.
Auch die Kirche San Giovanni, in welcher zur Zeit Maricinos die griechisch-orthodoxe Gemeinde feierte, wurde mit den Templern in Verbindung gebracht.
Fazit
Die Komturei Brindisi war eine der wichtigsten Niederlassungen der Templer in Süditalien. Von hier aus organisierten sie Transporte, begleiteten hochrangige Persönlichkeiten und sicherten Handelswege. Zugleich gerieten sie in Konflikte mit konkurrierenden Mächten wie Venedig. Heute sind die Spuren der Templer in Brindisi schwer zu fassen, teils verschüttet von Legenden und Zuschreibungen. Doch bleibt die Erinnerung lebendig – an jenes Tor zum Orient, das die Templer auf ihren Schiffen durchquerten.
