✠ ASTO-Blog ✠

Der Vatikan hat Cecilia Marogna eine halbe Million Euro überwiesen – für «humanitäre Zwecke». Ausgegeben hat sie das Geld für Luxus

Ein zurückgetretener Kardinal, 490 000 Euro erhalten und eine Mitarbeiterin, die als «Geheimagentin» unterwegs war. Was es damit auf sich hat? Eine ziemlich abenteuerliche Geschichte.

«Wie eine Briefbombe», so fühle sie sich, sagte sie dem «Corriere della Sera». Eine Bombe, die im Vatikan geplatzt sei und gewiss noch zu weiteren Opfern führen werde.

Cecilia Marogna, 39-jährig, Alleinerziehende aus Cagliari und selbsternannte Expertin in Geopolitik, zeigt damit ziemlich viel Selbstbewusstsein: Schaut her, wer alles meinetwegen zittern muss! Nicht schlecht für jemanden, der vor wenigen Jahren noch verzweifelt auf Arbeitssuche war.

Dabei müsste eigentlich auch sie selber zumindest etwas besorgt sein, nachdem herausgekommen ist, dass das Staatssekretariat des Vatikans eine halbe Million Euro auf das Konto ihrer Briefkastenfirma in Slowenien überwiesen hat.

Die Geschichte flog Anfang Oktober auf; im Gefolge des Rücktritts des Kardinals Angelo Becciu, der wegen unlauterer finanzieller Aktivitäten beim Papst in Misskredit geraten war.

Becciu hatte bis zu seiner Ernennung als Kardinal für sieben Jahre das Amt des Substituts des Staatssekretariats inne. Er war somit die Nummer zwei im Vatikan und unter anderem für die Finanzen in der Kirchenleitung zuständig.

In diese Zeit fällt auch die Überweisung der 490 000 Euro an Marogna. Und zwar für «humanitäre Zwecke», wie es in jenen Dokumenten heisst, die italienischen Journalisten zugespielt wurden.

Für die meisten Medien ist Cecilia Marogna nun «la dama del Cardinale»; ein nettes Wort für Geliebte. Im Vatikan selber galt sie bis vor kurzem noch als Nichte des 72-Jährigen, was in gewissen Kirchenkreisen als Chiffre für dasselbe stehen kann.

Beide streiten jedoch heftig ab, eine intime Beziehung zu haben. Belegt ist nur, dass beide aus Sardinien stammen. Gemäss Angaben von Marogna haben sie sich aber erst vor fünf Jahren in Rom kennengelernt.

Die Tochter eines Berufsmilitärs bezeichnet sich als «Studierte in internationalen Themen». Ihr Interesse für Krisenregionen will sie in Libanon vertieft haben. 2015 hat sie Kardinal Becciu eine E-Mail geschrieben.

Sie wollte sich mit ihm über die Erfahrungen diskutieren, die er in seiner Zeit als apostolischer Nuntius in Angola gemacht hat. Als Beweis ihrer Fähigkeiten schrieb sie ihm eine luzide Analyse der geopolitischen und sozioökonomischen Probleme des Vatikans.

Im nachfolgenden Treffen, das eineinhalb Stunden dauerte, soll Becciu zu ihr gesagt haben: «Es kommt mir eigenartig vor, dass eine junge Frau wie sie solche Themen interessieren.» Doch offenbar hatte sie ihn überzeugt.

In der Folge durfte Marogna gewisse Aufgaben übernehmen, bei denen es im Kern um höchst heikle Dinge geht, zum Beispiel entführte Missionare aus den Fängen von Terroristen zu befreien. Um ihr alle Türen zu öffnen, übergab ihr Monsignore Becciu einen Brief.

Darin deklarierte er, Marogna nicht nur zu kennen, sondern auch «Vertrauen und Wertschätzung» zu haben. Sie sei bezüglich Profession und Lebensführung eine «absolut seriöse Person».

Die «007 in gonnella», Geheimagentin im Rock – ein anderer Übername, den sie erhalten hat –, machte sich daran, eine Art Schattendiplomatie innerhalb des Vatikans aufzubauen. Und weil alles so streng geheim war, schrieb sie für ihre Aufwendungen auch keine Rechnungen.

Für jemand, der als Geheimagentin operiert, ist Cecilia Marogna eine ziemliche Plaudertasche.
Dank den recherchierenden Journalisten weiss man indes, wofür sie das einkassierte Geld ausgab: 12 000 Euro für einen Sessel des italienischen Möbelherstellers Poltrona Frau, für Kleidungsstücke von Prada (2200 Euro), Chanel (8000 Euro) oder Tod’s (1400 Euro). Sie ging also shoppen und gab in den letzten zwei Jahren insgesamt 200 000 Euro dafür aus.

Darauf angesprochen, sagte Marogna, dass es wohl ihre Sache sei, was sie mit ihrem Lohn mache. Zudem: Die Handtasche sei für die Frau eines nigerianischen Freundes bestimmt gewesen, «damit er sich fürs Gespräch mit dem Präsidenten von Burkina Faso entsprechend präsentieren konnte».

Für jemand, der als Geheimagentin operiert, ist Cecilia Marogna eine ziemliche Plaudertasche. Sie gab diese Woche mehrere Interviews, bei denen sie unter anderem auch den Wunsch anbrachte, Ministerpräsident Giuseppe Conte zu einem informellen Gespräch treffen zu können.

Doch auch ohne diese noch grössere Trophäe hatte die Sardin diese Woche gewiss das erhalten, was ihr zu ihrem Glück noch gefehlt hatte: ein hübsches Mass an öffentlicher Aufmerksamkeit.

Schreibe einen Kommentar