Eine Geschichte von Haben und Sein
Durch Kriege und Krisen hat sich in Europa ein neues Werteverständnis etabliert, das der Turbo-Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte ein Ende bereiten könnte. Neue Konsumformen, die das Wir statt dem Ich in den Mittelpunkt stellen drängen auf den Markt. Die Forderung nach einem ethischeren und nachhaltigeren Konsumverständnis wird lauter.
Der Konsumismus etablierte sich mit der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts. Die Notwendigkeit etwas zu besitzen, wich dem Bedürfnis sich über Besitz zu identifizieren. Das Geld liefert im Kapitalismus die Erfüllung aller Bedürfnisse, Waren und Güter den Sinn. Schon Georg Simmel hat in seiner „Philosophie des Geldes“ vor der Währung als Weltdeutungsmittel gewarnt, eine Reaktion auf die aufstrebende Konsumgesellschaft. 76 Jahre später liefert der Sozialpsychologe Erich Fromm sein gesellschaftskritisches Buch „Haben oder Sein“. Vor allem seine Kritik am Konsumismus, also jener Konsumausformung, die sich als Ersatzreligion versteht, wurde von der 1968er Generation gefeiert. Im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts setzt sich der zwanghafte Konsumkapitalismus dennoch fort. An die Stelle des consumer tritt der prosumer der nicht mehr alleiniger Konsument, sondern ebenfalls Produzent ist. Verbraucherinnen und Verbraucher nehmen aktiv am Marktgeschehen teil und krempeln die Unternehmenswelt um. Gleichzeitig sind jene, die in diesem Klima aufwachsen auch die, die mehr konsumieren als Generationen zuvor.