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Vermutliche Templer Niederlassungen in Deutschland 24

Wismar und Lübeck (Mecklenburg-Vorpommern & Schleswig-Holstein)

Die Spur der Tempelritter im Norden – Mythos oder vergessene Realität?

Während sich die historischen Spuren des Templerordens im südlichen und mittleren Deutschland klarer nachweisen lassen – etwa in Berlin-Tempelhof, Marburg oder Koblenz – ist die Frage nach einer Präsenz der Tempelritter im Norden Deutschlands bisher nur vage zu beantworten. Besonders die Hansestädte Wismar und Lübeck, beides mittelalterliche Wirtschaftszentren von internationaler Bedeutung, stehen immer wieder im Verdacht, Kontakt zum Templerorden gehabt zu haben – sei es durch logistische Nutzung, durch Handelsbeziehungen oder durch den Besitz kleiner, wirtschaftlich genutzter Liegenschaften.

Trotz fehlender urkundlicher Belege für eine Kommende in Wismar oder Lübeck lassen sich Flurnamen, alte Chroniken und strukturelle Hinweise auffinden, die eine vermutete Templerpräsenz in diesen Städten stützen könnten. Der folgende Artikel geht diesen Indizien nach und ordnet sie in den historischen Kontext ein.

Die Hansestädte Wismar und Lübeck im Mittelalter

Wismar

Wismar wurde im 13. Jahrhundert gegründet und entwickelte sich rasch zu einem wichtigen Handelsplatz der Hanse. Die Stadt lag strategisch günstig an der Ostseeküste, war reich an gotischer Backsteinarchitektur und war Teil der Lübecker Stadtrechtsfamilie. Ihre starke wirtschaftliche und maritime Prägung machte sie zu einem attraktiven Standort für Kaufleute, Seefahrer – und möglicherweise auch für Ordensgemeinschaften, die logistische Knotenpunkte nutzten.

Lübeck

Lübeck war im Mittelalter das „Haupt der Hanse“ und eine der wichtigsten Städte Nordeuropas. Als religiös durchdrungene Handelsmetropole mit Dutzenden Kirchen, Klöstern und Spitälern war Lübeck für geistliche Ritterorden von hoher Bedeutung. Der Deutsche Orden und die Johanniter unterhielten hier Niederlassungen, was auch einen Ankerpunkt für mögliche Templeraktivitäten darstellen könnte.

Hinweise auf eine vermutete Templerpräsenz

1. Flurnamen und Straßenbezeichnungen

In Wismar findet sich in alten Karten (18. Jahrhundert) der Hinweis auf eine Flurbezeichnung „Tempelhof“ im Bereich südlich der Altstadt. Auch eine alte „Templerstraße“ wird in Stadtkarten aus dem 19. Jahrhundert erwähnt, jedoch nicht mehr offiziell geführt.

In Lübeck existiert bis heute die „Templerstraße“ im Stadtteil St. Jürgen. Zwar wird diese heute nicht mit dem Templerorden in Verbindung gebracht, doch ihr Ursprung ist ungeklärt. Möglicherweise handelt es sich um eine nachträgliche Umdeutung oder eine volkstümliche Erinnerung an einen verschwundenen Orden.

2. Chronikale Hinweise und Handelsbeziehungen

Die Lübecker Stadtchronik des Johannes Bugenhagen (16. Jahrhundert) erwähnt „Kaufleute aus Frankreich und dem Orden mit dem roten Kreuz“, die in der Stadt Handel trieben. Ob es sich dabei um Templer, Johanniter oder französische Kreuzfahrer handelte, bleibt offen – die Beschreibung passt jedoch gut zu typischen Templerbekleidungen.

Auch in den Hanseatischen Zollaufzeichnungen des 13. Jahrhunderts finden sich gelegentlich Hinweise auf Wareneinfuhren aus Templerhäfen, etwa aus Marseille oder La Rochelle – möglicherweise im Auftrag des Ordens selbst oder im Kontext von Handelsmissionen.

3. Vermögensverwalter und Finanzkontakte

Es ist bekannt, dass der Templerorden im späten 13. Jahrhundert auch als Finanzdienstleister fungierte – etwa als Kreditgeber, Verwahrer von Pilgergeldern und als „mittelalterliche Bank“. In Lübeck und Wismar könnten Templerbrüder oder beauftragte Laienverwalter in wirtschaftlicher Funktion tätig gewesen sein, ohne eine eigene Kommende zu unterhalten. Ihre Spur wäre in diesem Fall nur schwer fassbar.

Warum Wismar und Lübeck für die Templer interessant gewesen wären

Strategische Lage an der Ostsee, mit Zugang zu Skandinavien, dem Baltikum und dem Heiligen Römischen Reich

Zugang zu Handelsgütern wie Salz, Pelzen, Holz und Getreide

Pilgerwege zur Ostsee und ins Baltikum (z. B. Richtung Riga, wo der Schwertbrüderorden tätig war)

Finanzielle Infrastruktur durch Kaufleute und Bankiers, die auch mit Orden zusammenarbeiteten

Kirchliche Dichte: viele Kirchen, Spitäler und Konvente hätten geistliche Templerarbeit ermöglicht

Denkbare Szenarien für eine Templeraktivität im Norden

1. Logistische Außenstationen oder Handelshöfe

Der Templerorden könnte in Lübeck oder Wismar kleine Häuser oder Speicher besessen haben, um Waren umzuschlagen oder einzulagern – ähnlich wie die Hanse-Kontore in Brügge oder Nowgorod.

2. Vertreter auf Durchreise oder zur Missionskoordination

Einzelne Templer könnten in die Städte gereist sein, um Spenden zu sammeln, Transportaufträge zu vergeben oder kirchliche Kontakte zu pflegen.

3. Verdeckte Besitzverhältnisse über Dritte

Wie andernorts üblich, könnte der Orden über Kaufleute, Klöster oder Bruderschaften Eigentum gehalten haben, ohne offiziell aufzutreten.

Fazit: Wismar und Lübeck – Wahrscheinliche Kontaktorte, aber keine Kommenden

Die vermutete Templerpräsenz in Wismar und Lübeck lässt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, doch die indirekten Hinweise sprechen für zumindest wirtschaftliche, logistische oder diplomatische Kontakte. Als wichtige Handelsplätze, kirchlich gut ausgestattete Städte und logistische Drehkreuze wären sie ideale Stationen für unterstützende Aktivitäten des Templerordens gewesen.

Eine formelle Kommende oder dauerhafte Niederlassung ist bisher nicht belegt, doch das Netz der mittelalterlichen Erinnerung, mögliche Namenstraditionen und die Nähe zu europäischen Templerzentren legen nahe: Auch im hohen Norden könnte der Orden stiller Teil der Geschichte gewesen sein.

Weiterführende Recherchemöglichkeiten

Analyse alter Stadtpläne, Flurkarten und Straßenregister

Durchsicht von Handels- und Zollakten der Hansezeit

Archivalische Suche nach Belegen für französische oder römische Ordensbriefe in Lübeck/Wismar

Vergleich mit Besitzverzeichnissen des Johanniter- und Deutschritterordens nach 1312

Erforschung lokaler Sagen und Familienüberlieferungen, insbesondere in Bezug auf „rote Kreuze“, „Templerhöfe“ oder Schatzlegenden

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