Die Verhaftung der Templer am 13. Oktober 1307
Der 13. Oktober 1307, ein Freitag, markiert eines der dunkelsten Kapitel der mittelalterlichen Geschichte. An diesem Tag begann die koordinierteste und geheim gehaltenste Polizeiaktion des Mittelalters: die Verhaftung der Tempelritter in ganz Frankreich. Unter der Regie von König Philipp IV. (Philipp der Schöne) und mit Unterstützung seines Kanzlers Wilhelm von Nogaret sowie des Großinquisitors Wilhelm Imbert wurde der mächtige Templerorden von einem Moment auf den anderen seiner Freiheit und Würde beraubt.
1. Planung und Vorbereitung der Verhaftung
1.1 Der geheime Haftbefehl
Am 14. September 1307 hatte Philipp IV. ein geheimes Schreiben an alle Baillis und Seneschalle Frankreichs verschickt. Darin ordnete er an:
- Die gleichzeitige Verhaftung aller Templer im Königreich Frankreich.
- Die Beschlagnahmung von Besitz und Eigentum des Ordens.
- Die Einhaltung absoluter Geheimhaltung bis zum Tag der Aktion.
Dieses Schreiben enthielt bereits die zentralen Anklagepunkte gegen den Orden:
- Gotteslästerung
- Götzendienst
- Sodomie
- Geheimrituale und abweichende Praktiken
1.2 Die taktische Vorbereitung
Philipp hatte aus früheren Aktionen gegen die Juden (1306) und die Lombarden wertvolle Erfahrungen gesammelt. Seine Beamten waren erfahren im Umgang mit koordinierten Verhaftungsaktionen, und die Geheimhaltung war strikter als je zuvor. Die königlichen Beamten und Inquisitoren waren instruiert, um:
- Die Führungsriege des Ordens zu isolieren.
- Alle bedeutenden Niederlassungen zeitgleich zu sichern.
- Dokumente und Wertsachen sofort sicherzustellen.
2. Die Ereignisse des 13. Oktober 1307
2.1 Der Überraschungsmoment
In den frühen Morgenstunden des 13. Oktober 1307 stürmten königliche Beamte, begleitet von bewaffneten Soldaten und Bogenschützen, die Niederlassungen der Templer.
- In Paris wurde der Großmeister Jakob von Molay verhaftet, gemeinsam mit vielen anderen hochrangigen Ordensmitgliedern.
- Zeitgleich fanden Verhaftungen in den Provinzen statt, von der Normandie bis zur Provence.
- Die meisten Tempelherren waren unbewaffnet und ahnungslos, viele waren bereits älter oder in schlechter körperlicher Verfassung.
- Widerstand gab es kaum, die Templer wurden überrascht und konnten sich nicht wehren.
2.2 Die Verhaftung in Paris
In Paris war der Templerorden besonders verwundbar:
- Viele führende Mitglieder hielten sich dort auf, da sie an den Feierlichkeiten zur Beisetzung von Katharina von Courtenay, der Schwägerin von Philipp IV., teilgenommen hatten.
- Wilhelm von Nogaret soll persönlich an der Verhaftung beteiligt gewesen sein.
- Der Pariser Tempel, das Verwaltungszentrum des Ordens, wurde von den königlichen Soldaten gesichert.
2.3 Szenen des Überfalls
Einige Berichte schildern dramatische Szenen:
- Templer wurden schlaftrunken aus ihren Betten gerissen.
- Der Großmeister und andere Würdenträger fanden sich gefesselt und hilflos vor den königlichen Beamten wieder.
- Nogaret verkündete feierlich, dass die Verhaftung „im Namen der Heiligen Inquisition und unter königlichem Auftrag“ erfolge.
3. Fluchtversuche und Widerstand
3.1 Einzelne Fluchtversuche
Trotz der strikten Geheimhaltung gelang einigen Templern die Flucht:
- Gérard von Villiers, der Präzeptor von Frankreich, entkam mit etwa vierzig Brüdern.
- Weitere Templer flohen, indem sie sich als Bettler verkleideten oder ihre äußeren Erkennungszeichen ablegten.
- Der dienende Bruder Reginald von Beaupilier konnte sich jahrelang verstecken, bevor er gefasst wurde.
3.2 Verhaftungsbilanz
- In Paris wurden insgesamt 138 Templer festgenommen.
- Frankreichweit wurden Hunderte Tempelritter verhaftet.
- Bei der späteren päpstlichen Untersuchung 1309 wurden 346 Templer aus dreißig verschiedenen Orten Frankreichs verhört.
4. Die ersten Verhöre
4.1 Beginn der Verhöre
Unmittelbar nach der Verhaftung begannen die ersten Verhöre:
- Die Verfahren wurden nach dem Haftbefehl vom 14. September 1307 geführt.
- Die Templer wurden von königlichen Beamten und Inquisitoren verhört.
- Viele wurden unter Folter zu Geständnissen gezwungen, die als Grundlage für spätere Prozesse dienten.
4.2 Die Rolle des Papstes
Papst Clemens V. hatte zwar eine päpstliche Untersuchung angeordnet, war jedoch von der Geschwindigkeit und Brutalität der königlichen Aktion überrascht. Er konnte kaum noch Einfluss nehmen, während Philipp IV. vollendete Tatsachen schuf.
5. Die Bedeutung des 13. Oktober 1307
Der 13. Oktober 1307 markiert den Anfang vom Ende des Templerordens. Einige wesentliche Erkenntnisse:
- Politische und finanzielle Motive: Philipp IV. brauchte Geld und sah die Auflösung des Ordens als Möglichkeit, seine Finanzkrise zu lösen.
- Gezielte Propaganda: Gerüchte und Anklagen gegen den Orden wurden gezielt gestreut und instrumentalisiert.
- Religiöse Legitimation: Die Unterstützung durch den Großinquisitor Wilhelm Imbert und die rhetorische Dämonisierung der Templer machten die Aktion scheinbar „göttlich gerechtfertigt“.
- Unvorbereitete Templer: Trotz wachsender Spannungen waren die Templer schlecht vorbereitet auf den Angriff und hatten keine einheitliche Verteidigungsstrategie.
6. Fazit
Der Angriff auf den Templerorden war nicht nur ein Meisterwerk der politischen und logistischen Planung, sondern auch ein skrupelloser Akt der Machtdemonstration durch Philipp IV. Der König vereinte wirtschaftliche Not, politische Ambitionen und religiöse Rhetorik zu einem scheinbar unangreifbaren Plan. Die Templer wurden überrumpelt, isoliert und systematisch vernichtet.
Der 13. Oktober 1307 bleibt als „Schwarzer Freitag“ in die Geschichte eingegangen und markiert das brutale Ende eines der mächtigsten und reichsten Orden des Mittelalters.