Vermutliche Templer Niederlassungen in Deutschland 12
Ulm (Baden-Württemberg)
Die Spurensuche nach den Tempelrittern an der Donau
Die Stadt Ulm, gelegen am Rand der Schwäbischen Alb und direkt an der Donau, war im Mittelalter ein bedeutendes Handels-, Militär- und Kirchenzentrum im Süden des Heiligen Römischen Reiches. Neben ihrem imposanten Münster und einer reichen Stadtgeschichte birgt Ulm möglicherweise ein vergessenes Kapitel der Templergeschichte: Hinweise aus der Lokalgeschichte, Flurnamen und alte Überlieferungen legen nahe, dass die Tempelritter hier zumindest zeitweise präsent waren – als Verwalter, Logistikstützpunkt oder spirituelle Gemeinschaft.
Obwohl es keine gesicherten urkundlichen Nachweise für eine offizielle Templerkommende in Ulm gibt, häufen sich die indirekten Hinweise. Dieser Artikel geht der Frage nach, ob und in welcher Form der Templerorden in Ulm aktiv war – und was von seiner Präsenz geblieben ist.
Ulm im Mittelalter – Ein strategisch bedeutsamer Ort
Bereits im 12. und 13. Jahrhundert entwickelte sich Ulm zu einer der wichtigsten Städte Schwabens. Es war freie Reichsstadt, Knotenpunkt für den Handel zwischen Italien und Norddeutschland und zugleich ein religiös geprägter Ort mit zahlreichen Kirchen, Stiften und Klöstern.
Die Stadt lag zudem direkt an der Donau – einem der bedeutendsten Handels- und Pilgerwege Europas. Diese Kombination aus Lage, Einfluss und spiritueller Bedeutung macht Ulm zu einem logischen Ort für eine mögliche Templerniederlassung, zumal der Orden auch in Städten wie Bretten, Schwäbisch Gmünd, München und Kornelimünster nachgewiesen ist.
Indirekte Hinweise auf eine Templerpräsenz in Ulm
1. Flurnamen und Stadtbezeichnungen
In alten Stadtplänen und Katasterverzeichnissen tauchen immer wieder Begriffe auf wie:
„Templerhof“
„Tempelstraße“
„Am Tempelgarten“
Solche Namen sind typisch für ehemalige oder vermutete Templerorte – etwa auch in Berlin (Tempelhof) oder Marburg (Tempelhofstraße). In Ulm soll es im Bereich des Fischerviertels eine entsprechende Bezeichnung im 17. Jahrhundert gegeben haben, die heute jedoch nicht mehr im Stadtbild sichtbar ist.
2. Lokale Überlieferungen
In mündlichen Erzählungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert wird berichtet, dass im Bereich südlich des Münsters ein „Haus der Tempelherren“ gestanden haben soll. Diese Berichte sind nicht belegt, aber passen in ein Muster volkstümlicher Erinnerung an die Templer, wie es auch in anderen Städten vorkommt.
3. Verwechslung mit Johannitern oder Deutschherren
Nach der Auflösung des Templerordens 1312 gingen viele Besitzungen an die Johanniter über, die in Ulm nachweislich ein Haus unterhielten. Es ist daher nicht auszuschließen, dass man später Templer und Johanniter miteinander verwechselte – besonders da beide Orden ähnliche Kleidung trugen (weißer Mantel mit rotem Kreuz).
Warum Ulm ein idealer Templerstandort gewesen wäre
Geografische Lage an der Donau: Ideal für Transporte von Gütern, Versorgung von Ordenshäusern und als Etappenort für Pilger.
Nähe zu anderen Templerorten: Schwäbisch Gmünd, Bretten und München waren bekannte Templerorte in Süddeutschland – Ulm hätte sie strategisch verbunden.
Reiches wirtschaftliches Umfeld: Ulm war durch Handel, Textilherstellung und Weinbau wirtschaftlich stark, was dem Orden Einkünfte beschert hätte.
Religiöses Umfeld: Zahlreiche Klöster, Kirchen und Stifte hätten spirituelle Zusammenarbeit oder Unterstützung ermöglicht.
Die These einer „durchreisenden“ Nutzung
Einige Historiker vertreten die Auffassung, dass Ulm keine permanente Kommende, wohl aber eine zeitweise genutzte Station des Ordens gewesen sein könnte – etwa:
als Übernachtungs- und Versorgungsposten für Templerbrüder auf Reisen
als Ort für Güterumschlag auf dem Weg zur Donau
als Rückzugsort in Konfliktzeiten
Dies würde erklären, warum es keine großen Bauwerke, wohl aber indirekte Hinweise auf eine gewisse Ordensaktivität gibt.
Fazit: Ulm – Ein wahrscheinlicher, aber nicht belegter Templerort
Die Stadt Ulm bietet alle Voraussetzungen, die der Templerorden bei der Wahl seiner Standorte berücksichtigte: strategische Lage, wirtschaftliche Stärke und kirchlich-spirituelles Umfeld. Die indirekten Hinweise sind vielfältig, reichen jedoch nicht aus, um eine Templerkommende zweifelsfrei zu belegen.
Ob Ulm nun eine verlorene Templerstation oder lediglich ein Fall von lokaler Legendenbildung ist, bleibt offen – doch die Spurensuche lohnt sich. Mit neuen archäologischen Untersuchungen, Archivfunden oder historischen Vergleichen könnte eines Tages mehr Licht in dieses Kapitel der Stadtgeschichte gebracht werden.
Vorschlag für weiterführende Recherchen:
Durchsicht alter Urkundenbestände im Stadtarchiv Ulm
Vergleich mit Johanniterbesitzverzeichnissen nach 1312
Archäologische Begehung des Bereichs südlich des Münsters und im Fischerviertel