✠ ASTO-Blog ✠

Von den Zisterziensern zu Liebenfels und Hitler

Schlögl trat 1884 dem Zisterzienserstift Heiligenkreuz bei und erhielt den Ordensnamen Nivard. Er wurde 1889 zum Priester geweiht und 1890 zum Novizenmeister bestellt. 1894 wurde er an der Universität Wien zum Dr. theol. promoviert und dozierte zunächst von 1896 bis 1908 als Professor für Altes Testament am Institutum Theologicum in Heiligenkreuz. 1907 erfolgte die Berufung an die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Wien, wo er bis 1936 als Professor für Altes Testament wirkte.

1922 endete Schlögls Forschungskarriere, obwohl er an der Universität im Unterricht biblischer Sprachen noch tätig war und auch als Doktorvater wirkte (oft gemeinsam mit seinem Freund und Kollegen Theodor Innitzer).

Gemeinsam mit Engelbert Dollfuß, dem späteren Bundeskanzler und Begründer des austrofaschistischen Ständestaats brachte er 1920 auf der Generalversammlung des Cartellverbandes erfolglos den Antrag ein, dass Mitglieder der Verbindungen bis zur Generation der Großeltern keine direkten jüdischen Verwandten haben dürfen, Juden also mittels eines Arierparagraphen die Mitgliedschaft zu verwehren sei.
Er stand offensichtlich unter dem Schutz von Theodor Innitzer (Erzbischof der Erzdiözese Wien).

Noch eine Info zu diesem Innitzer: Beim Besuch von Adolf Hitler am 15. März 1938 im Hotel Imperial in Wien ließ der Erzbischof „die Glocken läuten“, stattete dem „von Gott gesandten Führer“ einen offiziellen Besuch ab und unterzeichnete am 18. März eine von Gauleiter Bürckel angeregte Feierliche Erklärung der österreichischen Bischöfe, in der diese den Anschluss Österreichs befürworteten.  Innitzer unterschrieb das Begleitschreiben handschriftlich mit der Formel … und Heil Hitler!.

Der rechtsextreme Antisemit Novizenmeister der Zisterzienser Nivard Schlögl hat unter anderen auch Adolf Lanz ausgebildet und radikalisiert.

Jörg Lanz von Liebenfels, eigentlich Adolf Joseph Lanz war ein österreichischer Ariosoph und Hochstapler. Er prägte den Begriff Ariosophie und gründete den Neutemplerorden. Früher hielt man ihn verbreitet für den „Mann, der Hitler die Ideen gab“. Diese Einschätzung beruht auf einer Selbststilisierung und wurde in einer Biografie von 1958 verbreitet. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen sehen sie als unzutreffend an.

Adolf Lanz war Kind einer Wiener Familie römisch-katholischen Glaubens und wuchs im Ortsteil Penzing auf. Er verbrachte eine wenig ereignisreiche, für damalige Verhältnisse sorgenfreie Jugend und zeigte bereits früh ein intensives, romantisch gefärbtes Interesse an religiösen Ordensgemeinschaften und verschiedenen Formen von Esoterik.
Unmittelbar nach seiner Matura 1893 schloss er sich dem Zisterzienserorden an, dem er bis zum Jahre 1899 angehörte.
Er trat Lanz als Bruder Georg in das Zisterzienserkloster Heiligenkreuz im Wienerwald ein. Sein Novizenmeister war Nivard Schlögl, Professor für Altes Testament und orientalische Sprachen, der in seinen Arbeiten eine antisemitische Haltung einnahm.
Er beschäftigte sich bereits zu dieser Zeit mit Astrologie, Neopaganismus, Okkultismus und dem Gralsmythos. Unter dem Einfluss dieser Studien, der Schriften des Okkultisten Guido von List und der Polemiken des Alldeutschenführers Georg von Schönerer entwickelte sich Lanz bis zur Jahrhundertwende zum radikalen Deutschnationalen und Eugeniker.
Hier noch ein Film von Liebenfels

1898 wurde Lanz zum Priester geweiht. Kaum ein Jahr später wurde er aufgefordert, den Orden zu verlassen. Lanz selbst gab später an, seine ständig „steigende Nervosität“ und seine angegriffene Gesundheit seien der Grund für seinen im April 1899 vollzogenen Austritt gewesen. Quellen im Heiligenkreuzer Stiftsarchiv hingegen vermerken in lateinischer Sprache den Austrittsgrund, Lanz sei „der Lüge der Welt ergeben und von fleischlicher Liebe erfasst.“ Eine alternative Übersetzung lautet „von weltlichem Ehrgeiz erfüllt“ – ein möglicher Bezug auf seine 1900 erfolgte Gründung der faschistischen Neutempler-Organisation.
Kommentatoren verweisen auf das Gerücht, Lanz sei homosexuell gewesen. Von nun änderte er seinen Ordensnamen Georg in das deutscher klingende Jörg und behauptete, sein Vater wäre eine „Baron Johann Lancz de Liebenfels“ gewesen.

Er hatte auch das Wappen der Familie angenommen. Ein tatsächlicher Bezug Lanz’ zu dieser Familie ist nicht nachweisbar.
Wie sich Lanz nach seinem Austritt seinen Lebensunterhalt finanzierte, ist unbekannt. Seit 1902 führte er einen Doktortitel – für eine Promotion gibt es keine Belege, er führte den Titel wohl unberechtigt und nannte sich fortan Lanz-Liebenfels. 1910 änderte er dies zu Lanz von Liebenfels ab. Zwischen 1902 und 1905 verfasste Lanz Zeitungsaufsätze u. a. für die antiklerikale und antijesuitische Frankfurter Zeitschrift Das freie Wort und erhielt dafür kleinere Summen, die aber wohl nicht ausreichten, seinen Lebensunterhalt zu decken.

In Schwaben und auf Schloss Liebenfels im Thurgau existierte tatsächlich eine Adelsfamilie mit dem Namen Lantz (oder Lanz) von Liebenfels. Es ist allerdings nicht nachweisbar, dass zwischen ihr und Lanz eine verwandtschaftliche Beziehung bestand, und die jüngsten Belege für die Existenz dieser Familie datieren von 1790.

Wahrscheinlich hat Lanz auch seine Zugehörigkeit zu dieser Adelsfamilie erfunden.
Unterstützt durch Guido von List überzeugte er damals jedoch nicht nur die breite Öffentlichkeit, sondern auch das für ihn zuständige Wiener Meldeamt von seiner geänderten Identität. Vertrauten gegenüber rechtfertigte Lanz seine Manipulation mit der angeblichen Notwendigkeit, sich einer „astrologischen Überprüfung seiner Person“ zu entziehen. Wahrer Grund ist nach überwiegender heutiger Auffassung hingegen die wahrscheinliche jüdische Abstammung seiner Mutter.

Nach seinem Austritt aus dem Kloster hatte Lanz eine sehr kreative Phase.[14] Er verfasste polemische Schriften über den Einfluss der Jesuiten auf die katholische Kirche, ließ mehrere technische Erfindungen patentieren und schrieb Artikel über Anthropologie, Archäologie und Frühgeschichte, die sich um die arische Rasse drehten. Daneben knüpfte er Kontakte mit alldeutschen und sozialdarwinistischen Kreisen an und schrieb etwa für Theodor Fritschs antisemitische Zeitschrift Der Hammer.

Eigenen Aussagen zufolge hatte sich Lanz der Kern seiner späteren Weltanschauung bereits 1894 bei der Betrachtung eines Grabsteins erschlossen, auf dem ein Ritter abgebildet ist, der einen Hundsaffen niederringt. Einer Vision folgend, deutete er den Ritter als blonden „Herrenmenschen“, der den das „Minderrassige“ und Böse niederzuringen habe. Da die Arier durch Rassenmischung geschwächt seien, hielt er umfassende „rassenhygienische“ Maßnahmen zu ihrer „Reinzucht“ und „Veredlung“ für erforderlich. Diese wiederum bedürften unter anderem einer bedingungslosen Unterordnung der arischen Frau unter den arischen Mann. Tatsächlich aber dürfte weniger „Vision“ als vielmehr Lesen die Basis von Lanz’ „arischem“ Denken gebildet haben. Nach dem Austritt aus dem Kloster widmete er sich ausgiebigen Studien der zeitgenössischen anthropologischen Literatur über die arische Rasse, darunter Origines Ariacae von Karl Penka (1883), Die Heimat der Indogermanen von Matthäus Much (1902) und Die Germanen von Ludwig Wilser (1904).[16]

Lanz’ frühe Artikel waren zwar radikal, aber noch nicht exzentrisch. Die ihnen zugrunde liegende Kombination von Rassismus, Antisemitismus, Antikatholizismus, Antifeminismus und Antisozialismus hatte zu ihrer Zeit viele Anhänger.

Das Hauptziel des Alten Testaments bestand Lanz zufolge darin, vor den schädlichen Folgen der Paarung mit Äfflingen zu warnen, und überhaupt bestehe wahre Religion in der Reinhaltung der Rasse, um die Reste des göttlichen Erbes zu bewahren, die in besonderem Maße bei der arischen Rasse noch vorhanden seien. Dies verband er nun mit der damals sehr populären Idee der Eugenik, indem er ein Programm der Rassentrennung und gezielten Menschenzüchtung propagierte, um die göttlichen Fähigkeiten der Theozoa wiederherzustellen: In arischen Reinzuchtkolonien, in denen germanische Helden ein Zeugungsvorrecht genössen, sollten ausgewählte nordische Zuchtmütter eine neue Generation von Gottmenschen gebären.

Zu Weihnachten 1900 gründete Lanz zusammen mit seinen Brüdern Herwig und Fridolin den Neutemplerorden oder Ordo Novi Templi (ONT) in Anlehnung an den früheren Tempelherrenorden (1119–1312) entsprechend als „eine Art Geheimgesellschaft“ und reinen Männerbund (Bruderschaft) in dem Verschwiegenheit von den Mitgliedern verlangt wurde (Arkanprinzip) – dafür sollten sich die Mitglieder untereinander auch nur mit ihren Ordensnamen kennen (Deckname).

Er beschrieb den Orden in einem 1907 in der Ostara veröffentlichten Programm als arische Vereinigung zur gegenseitigen Hilfe und zur Förderung des Rassebewusstseins durch genealogische und heraldische Forschung, durch rassisch orientierte Schönheitswettbewerbe sowie durch die Unterstützung rassischer Idealstaaten in unterentwickelten Teilen der Welt. Als Mitglieder waren nur männliche Angehörige der „arioheroischen“ Rasse zugelassen. Die Liturgie, den Ornat und den hierarchischen Aufbau übernahm er zunächst von den Zisterziensern.

Ab 1905 gab Lanz die Ostara heraus, ein von ihm redigiertes Publikationsorgan mit ariosophischen Inhalten. Anfänglich veröffentlichte Lanz in der Ostara neben seinen eigenen Aufsätzen auch Beiträge anderer Autoren; ab 1908 aber war er als alleiniger Autor tätig. Bis 1917 erschienen 89 Ausgaben, danach noch etliche, zumeist kaum veränderte Neuauflagen.

Ostara erreichte zeitweilig eine Auflage von mehreren Zehntausend Exemplaren. Lanz selbst bezifferte die Auflage mit bis zu 100.000 Exemplaren. Diese Behauptung gilt heute allgemein als unhaltbar. Die Ostara war im Wien der Vorkriegszeit weit verbreitet. Sie war in den Tabaktrafiken allgemein erhältlich und wurde auch in rechtsgerichteten Studentenverbindungen regelmäßig gelesen.

Es gilt als gesichert, dass Adolf Hitler in seiner Wiener Zeit (1907–1913) von der Existenz der Ostara wusste und jedenfalls einige Ausgaben gelesen hat. Auch sein späterer Freund und Förderer Dietrich Eckart war Leser der Ostara.

Nachdem Lanz sein gesamtes früheres Leben in Wien und dessen Umland verbracht hatte, emigrierte er nach dem Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918 nach Ungarn, wo er sich eigenen späteren Aussagen zufolge am Widerstand gegen die kurzlebige kommunistische Räterepublik Béla Kuns beteiligte und dafür fast hingerichtet worden wäre. Seine Erlebnisse unter dem Regime des jüdischstämmigen Bolschewiken Kun ließen Lanz’ Hass auf Juden und Sozialisten, der sich – wie dargestellt – schon für die Jahre zuvor nachweisen lässt, Züge von Verfolgungswahn annehmen.

Lanz hatte das Judentum zwar schon in früheren Jahren als natürlichen Feind des deutschen Volks gesehen, es aber für vergleichsweise ungefährlich gehalten, weil es Mischehen seiner Angehörigen mit denen anderer Religionen konsequent ablehne. Bis 1914 waren sein wichtigstes Feindbild „die deutschen Weiber“, denn nur als „Zuchtmutter“ waren Frauen für Lanz wertvoll.

Von 1925 bis 1933 war Lanz zusammen mit Herbert Reichstein als Herausgeber ariosophischer Schriften tätig. Daneben gab er Kurse, hielt öffentliche Vorträge und leitete weiterhin seinen Orden. 1926 erwarb er eine Kirchenruine aus dem 13. Jahrhundert am Nordufer des Balaton, die er zum Priorat ausbaute und auch als Sommerresidenz nutzte.

Seit Mitte der 1920er Jahre beanspruchte Lanz für sich, ein wesentlicher Vordenker Adolf Hitlers und „Bahnbrecher des Nationalsozialismus“ gewesen zu sein. Die gewünschte Anerkennung blieb aus: Hitler ging auf die Ansprüche Lanz’ nicht ein, verspottete stattdessen die Esoteriker und Geheimgesellschaftler lanzschen Typs in seinem ab 1925 veröffentlichten Werk Mein Kampf. Auch verschiedene Parteipublikationen der NSDAP äußerten sich wiederholt ablehnend bis verächtlich über Lanz und seinesgleichen. Im NS-Staat wurde Lanz an weiteren Publikationen gehindert.

Der durch diese Missachtung tief gekränkte Lanz fuhr bis zu seinem Tod fort, sich als denjenigen Mann darzustellen, „der Hitler die Ideen gab“. Weder der Zusammenbruch des Deutschen Reiches noch die Einflussnahme seiner Verwandtschaft brachten ihn davon ab.

Vor seinem Tod 1954 erhielt er die Sakramente der Katholischen Kirche. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof Penzing.

Laut Wilfried Daim strebte Lanz mit dem Neutempler-Orden an, dem Klassenkampf den Rassenkampf entgegenzustellen und mit Gewalt „bis aufs Kastrationsmesser“ durchzusetzen. Statt Kommunismus sollte Gewaltherrschaft der vermeintlich höherrassigen und ausschließlich männlichen Reichen etabliert werden mit einer konkret durch „Geheimorden und Geheimverbände“ organisierten Gesellschaft nach dem Vorbild des Neutemplerordens. Lanz’ Ideen sollten es der Oberschicht und imperialistischen Gruppen erlauben „jede Ausbeutung“ zu rechtfertigen. Konkret sollte „die Versklavung“ der Bevölkerung wieder eingeführt werden und diese Herrschaft durch „die Entmannung“ von Andersdenkenden durchgesetzt werden. Frauen sollten als „Sklavinnen“ und „Zuchtmütter“ dienen.

Bereits seit den 1920er Jahren bemühte sich Lanz, als angeblicher Wegbereiter Hitlers angesehen zu werden. 1932 schrieb er in einem Brief an einen Ordensbruder, dass „Hitler einer unserer Schüler ist“.[53] Seine Unterstützer gingen dabei sogar so weit, zu erklären, „die Hakenkreuz- und Faschistenbewegungen“ seien „im Grunde genommen nur Seitenentwicklungen der ‚Ostara‘-Ideen“.

Diese Behauptungen wurden bis in die 1950er nur von seinen engsten Anhängern ernstgenommen. Kurz vor seinem Tod gelang es Lanz jedoch, den Psychologen und Schriftsteller Wilfried Daim von seiner Bedeutung zu überzeugen. Daim erarbeitete eine Lanz-Biografie und führte im Rahmen seiner Recherchen mehrere ausführliche Gespräche mit ihm. Sein Buch erschien 1958 unter dem plakativen Titel “Der Mann, der Hitler die Ideen gab” und machte den inzwischen fast vergessenen Lanz nicht nur erneut bekannt, sondern verankerte ihn auch erstmals als vermeintlichen Wegbereiter Hitlers im Bewusstsein der interessierten Öffentlichkeit.
Hier der Film “Hitler hat meine Ideen geklaut”.

Daim stützte seine Auffassung – neben dem Zeugnis von Lanz – vor allem auf die Auswertungen seiner Werke, in denen er Ähnlichkeiten zu den Gedankengängen Hitlers erkannte. Ergänzend zog er Aussagen von Zeitzeugen hinzu. Er befragte hierzu insbesondere Josef Greiner, einen Weggefährten aus Hitlers Wiener Jahren, der bestätigte, dass Hitler im Männerwohnheim Meldemannstraße Ostara-Hefte bei sich geführt habe.[55] Eine Bestätigung seiner Auffassung fand Daim schließlich in dem Buch “Mein Kampf”, in dem Hitler ausführte, er habe „in den Wiener Lehr- und Leidensjahren […] um wenige Heller die ersten antisemitischen Broschüren meines Lebens“ gekauft. Damit sei nach Daims Ansicht zweifelsfrei die günstig über Trafiken verbreitete Ostara gemeint.

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