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⚔️ Gedanken am 2. April

Die leere Tasse – Vom Wissen zur Weisheit

In den meisten spirituellen Traditionen findet sich ein gemeinsames Werkzeug, das über Kulturen und Religionen hinausreicht: das Gleichnis. Es ist kein trockener Lehrsatz, keine dogmatische Vorschrift, sondern ein lebendiges Bild, das sich nicht an den Verstand, sondern an das Herz richtet. Warum? Weil Gleichnisse oft dazu dienen, unsere besserwisserische, intellektuelle Schutzschicht zu durchbrechen – jene Schicht, die uns vom wahren Erkennen trennt.

Ein berühmtes Gleichnis aus dem Zen-Buddhismus bringt diesen Punkt auf den Punkt:

Die übervolle Tasse

Ein angesehener Universitätsprofessor besucht einen alten Zen-Meister. Er will wissen, ob dieser Mönch ihm noch etwas beibringen kann – schließlich ist er selbst ein Gelehrter, ein Mann des Wissens.

Der Mönch lädt ihn freundlich zum Tee ein, nimmt eine Kanne und beginnt, die Tasse des Professors zu füllen. Als die Tasse voll ist, hört der Mönch jedoch nicht auf zu gießen – der Tee läuft über den Rand, tropft auf den Tisch, bildet eine heiße Lache.

Der Professor springt entsetzt auf: „Was machen Sie da?! Die Tasse ist doch voll!“

Da schaut der Mönch ihn ruhig an und sagt:

„So wie diese Tasse ist auch dein Geist – zu voll, um noch etwas aufzunehmen.“

Wissen ist nicht Weisheit

Diese Geschichte ist keine Kritik an Bildung oder Lernen – ganz im Gegenteil. Doch sie zeigt, dass wahre Erkenntnis nicht entsteht, wenn der Geist bereits alles zu wissen meint. Wer festhält an Meinungen, Theorien, Dogmen – der hat keinen Platz mehr für das Neue, das Lebendige, das Unbekannte.

Kinder haben diesen Platz noch. Ihre „Tasse“ ist leer – sie fragen, staunen, probieren aus, irren, lernen. Das ist geistige Unschuld, und viele spirituelle Wege – auch der Weg der Templer – versuchen, diese innere Offenheit wiederherzustellen.

Templerarbeit: Die Flügel der Demut

„Großer Geist, lasse mich in die Freiheit fliegen auf den Schwingen der Demut.“

Auf dem Pfad des inneren Ritters erkennen wir:
Demut ist keine Schwäche, sondern der Beginn wahrer Stärke.
Sie ist der Mut, zuzugeben: „Ich weiß es nicht. Ich bin bereit zu lernen. Ich bin bereit, leer zu werden.“

Denn nur eine leere Tasse kann gefüllt werden.

Übung für den heutigen Tag

  1. Verweile ein paar Minuten in der Stille.
    Komm zur Ruhe – atme – sei einfach da.

  2. Sprich innerlich:

    „Ich lasse los, was ich glaube zu wissen. Ich öffne mich für das, was ist.“

  3. Erlaube dir, nichts zu erwarten.
    Kein Ziel, kein Plan, kein „So sollte es sein“. Nur gegenwärtige Offenheit.

Du wirst erstaunt sein, wie viel sich zeigt, wenn du nicht suchst, sondern empfängst.

Fazit: Die Leere ist der Anfang

Der Zen-Meister mit der überlaufenden Tasse erinnert uns an eine zeitlose Wahrheit:

Erkenntnis beginnt mit Leere.
Weisheit beginnt mit Demut.
Transformation beginnt mit einem offenen Herzen.

Möge dieser Tag ein Schritt sein auf deinem Weg –
von der vollen Tasse zum offenen Gefäß,
bereit, die Gaben des Großen Geistes zu empfangen.

🕯️ In Demut und Freude – dein innerer Templer.

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