⚔️ Gedanken am 30. Oktober
Die zwei Quellen des inneren Tempels
Im alten Griechenland gab es einen berühmten, dem Gott Asklepios geweihten Heiltempel. Dort fanden die Menschen nicht nur Heilung für den Körper, sondern auch für den Geist und die Seele. Am Ende jeder Behandlung wurde der Genesende zu zwei Quellen geführt, deren symbolische Bedeutung tief in das Herz spiritueller Praxis hineinreicht.
Die erste Quelle trug den Namen Lethe, wie der mythische Fluss der Unterwelt, dessen Wasser den Verstorbenen das Vergessen schenkte. Wer aus Lethe trank, sollte ungesunde Gewohnheiten, zerstörerische Gedanken und alte Lasten zurücklassen – wie Schatten, die im Strom der Zeit davongespült werden.
Die zweite Quelle hieß Mnemosyne, »Erinnerung«. Ihr Wasser erinnerte den Menschen an die Weisheit, die er im Tempel erfahren hatte. Es sollte die Kraft verleihen, diese Einsichten nicht wieder zu verlieren, sondern sie zu lebendigen Gewohnheiten zu machen, die den Alltag veredeln.
So standen beide Quellen nebeneinander: Vergessen und Erinnern, Loslassen und Erneuern, Tod und Wiedergeburt.
Die Bedeutung für den Templerpfad
Auch wir stehen als spirituelle Suchende Tag für Tag zwischen diesen beiden Quellen. Denn kein Ritter des Lichts kann den Pfad gehen, ohne das Alte, Unheilsame und Dunkle zurückzulassen – und zugleich das Neue, Wahre und Gute bewusst einzuprägen.
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Lethe ruft uns dazu auf, Zorn, Neid, Trägheit und alte Muster der Angst loszulassen.
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Mnemosyne erinnert uns, die Tugenden der Güte, Wachsamkeit und Demut täglich neu zu üben.
So wird das Herz gereinigt, und der Geist geformt wie ein Schwert, das nicht nur im Kampf, sondern vor allem im Dienst an der Wahrheit gebraucht wird.
Tägliche Templerarbeit
Bereite dir heute ein einfaches Ritual, inspiriert von den Quellen der Griechen:
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Stelle zwei Gläser Wasser vor dich hin.
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Das eine soll Lethe symbolisieren.
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Das andere Mnemosyne.
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Setze dich still hin, atme tief und gelassen, und gehe in den Ort deiner inneren Weisheit.
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Denke an das, was du loslassen willst: alte Gewohnheiten, die dich binden, Gedanken, die dir oder anderen schaden. Trinke dann bewusst aus dem Glas Lethe.
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Denke nun an die Tugenden, die du kultivieren willst: Güte, Mut, Klarheit, Liebe. Trinke aus dem Glas Mnemosyne und nimm dieses Versprechen in dein Herz.
Dieses einfache Ritual verbindet dich mit der uralten Weisheit der Tempel und macht dich bewusst zum Hüter deines eigenen inneren Quells.
Schlussgedanke
Der Templer weiß: Das Leben selbst ist ein heiliger Tempel. Jeden Tag stehen wir vor zwei Quellen. Die eine lädt uns ein, das Alte sterben zu lassen, die andere erinnert uns, das Neue in Treue zu leben. Wer beide annimmt, wandelt bewusst auf dem Pfad zwischen Vergessen und Erinnerung – zwischen Dunkel und Licht.
