✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

⚔️ Gedanken am 8. Oktober

Zwei Schwingen des Vogels — Das Relative und das Absolute in der Entscheidung des Kriegers

Jemand sagte einmal, das Relative und das Absolute seien wie die zwei Schwingen eines Vogels: die eine trägt den Schein aller Dinge, die andere ihr Sein. Fliegt eine Schwinge falsch, stürzt der Vogel ab. Diese Gleichung hilft uns zu verstehen, warum Arjuna, mit dem Tod konfrontiert, in ein ethisches Dilemma geriet. In der absoluten Wirklichkeit sind wir „geburtlos und todlos“; im relativen Leben aber bluten Wunden, sterben Menschen, trauern Hinterbliebene.

Die Frage, die daraus entsteht — Was soll ein Krieger tun? — ist keine abstrakte philosophische Aufgabe. Sie ist existenziell: sie fragt nach Haltung, nach Maß, nach dem rechten Tun in einer Welt, in der Pflicht und Mitgefühl oft in Konflikt geraten.

Das Paradox begreifen: keine Flucht ins Nur-Absolutistische, kein Verharren im bloß Relativen

Wer nur das Absolute betont, droht die konkreten Nöte der Welt zu verkennen: Leid, Unrecht und die Pflicht, das Leben zu bewahren. Wer nur das Relative sieht, verfällt leicht in Kurzsichtigkeit, Ego oder blinden Aktionismus. Der weise Krieger — der Templer — hält beide Schwingen in Balance:

  • Absolute Klarheit: Er weiß um das Unvergängliche, um Sinn, Berufung und letztes Urteil. Diese Blickhöhe gibt Halt, entbindet aber nicht von Verantwortlichkeit.

  • Relative Verantwortung: Er sieht das Leiden des Nächsten, die konkreten Ungerechtigkeiten, die zerstörerische Macht des Bösen — und erkennt die Pflicht, ihnen zu begegnen, soweit es ihm möglich ist.

Ethische Maßstäbe für das Handeln des Kriegers

Wenn die Frage gestellt wird, ob man in einem Bürgerkrieg töten dürfe, um z. B. Sklaverei zu beenden oder die Familie zu verteidigen, dann hilft eine warentheologische Ethik der Templer — knapp zusammengefasst — mit diesen Leitlinien:

  1. Letztes Mittel (ultima ratio): Gewalt darf nur dann erwogen werden, wenn alle anderen Mittel (Verhandlungen, Flucht, Schutz durch internationale Gemeinschaft, ziviler Ungehorsam) ergebnislos blieben.

  2. Rechtmäßiger Zweck: Das Ziel muss gerecht sein — Schutz von Unschuldigen, Verteidigung vor Aggression, Wiederherstellung von Freiheit. Eigennützige, machtpolitische oder rachsüchtige Motive disqualifizieren.

  3. Verhältnismäßigkeit: Die angewandte Gewalt darf nicht mehr Schaden anrichten, als sie abwenden will. Kollateralschäden sind ernst zu prüfen und so weit wie möglich zu vermeiden.

  4. Absicht (intentio): Der innere Beweggrund zählt. Handelt man aus Mitgefühl und Pflicht oder aus Hass, Gier oder Zorn?

  5. Kontrolle und Rechenschaft: Auch militärisches Handeln muss transparent, unter menschlicher Kontrolle und nachträglich rechenschaftspflichtig sein.

  6. Bereitschaft zur Umkehr: Wer Gewalt anwendet, muss bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, Reue zu zeigen und Suchprozesse für Wiedergutmachung zu unterstützen.

Diese Prinzipien sind kein Rezept gegen das Grauen, sie sind moralische Kompassnadeln. Der Templer entscheidet nicht leichtfertig, und wenn er die Waffe ergreift, trägt er die Schuld und die Verantwortung wie ein Kreuz — nicht wie einen Ehrenlorbeer.

Innere Haltung: Mut, Mitleid und Bescheidenheit

Ein Krieger, der das Absolute kennt, wird nicht in blinden Eifer verfallen. Ein Krieger, der das Relative sieht, wird nicht zu Zynismus verurteilt. Die richtige Haltung enthält:

  • Mut, um das Notwendige zu tun;

  • Mitleid, das das Leid anderer nicht instrumentalisiert;

  • Bescheidenheit, die anerkennt, wie schmal der Grat ist, auf dem gerechte Gewalt geht.

Mut ohne Mitleid wird Tyrannei. Mitleid ohne Mut wird Ohnmacht. Bescheidenheit bewahrt vor Hybris.

Tägliche Templerarbeit

Mache heute, wenn möglich, einen achtsamen Spaziergang in der Natur. Spüre die Kräfte der Erde, die dich umgeben: den Wind, der die Blätter bewegt; das Licht, das die Konturen zeichnet; die Stille unter dem Lärm. Lass die zwei Schwingen vor deinem inneren Blick erscheinen — Absolute (Stille, Ewigkeit) und Relative (Gestaltung, Pflicht).

Stelle dir konkrete Fragen und notiere die Antworten:

  • Was würde ich tun, wenn ein Bürgerkrieg ausbräche?

  • Würde ich töten, um Sklaverei zu beenden?

  • Würde ich töten, um meine Familie zu verteidigen?

  • Erkenne ich, dass manche Antworten nur in der konkreten Situation reifen?

Oktober eignet sich als Zeit der Bestandsaufnahme: prüfe deine grundlegendsten Überzeugungen und Werte. Schreibe auf, wo du heute stehst — und welche Grenzen du dir selbst setzt, damit der Vogel deiner Seele mit beiden Schwingen fliegen kann.

Schlusswort — Die Praxis der Verantwortung

Das Leben stellt uns auf dem Schlachtfeld der Entscheidungen vor harte Prüfungen. Als Templer sagen wir: Handle aus Liebe zur Wahrheit und mit Mitgefühl für das Leben. Bewahre die Schwingen des Absoluten und des Relativen in Balance. So wirst du nicht nur ein Krieger im äußeren Sinn, sondern ein Hüter der menschlichen Würde.

Und denk daran: Am Ende wird nicht nur die Tat gewogen, sondern der Geist, der sie führte.

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