Der Schein ist ein gefährlicher Betrüger
„Der Schein ist ein gefährlicher Betrüger. Gerade wenn du glaubst, mit ernsten und hohen Dingen beschäftigt zu sein, übt er am meisten seine täuschende Gewalt.“
– Marcus Aurelius
Der Kaiser als Philosoph
Marcus Aurelius, römischer Kaiser und Philosoph (121–180 n. Chr.), gilt als einer der letzten großen Vertreter der Stoa. Sein Leben war geprägt von Verantwortung, Krieg, Krankheit und der unermüdlichen Suche nach innerer Wahrheit. Was er in seinen Selbstbetrachtungen niederschrieb, sind nicht bloß Gedanken eines Herrschers, sondern geistige Waffen gegen die Verführungskraft des Scheins.
Der trügerische Glanz
Der Schein – das, was glänzt, das, was uns groß und wichtig erscheint – ist selten das, was er zu sein vorgibt. Er zeigt sich in Form von Macht, Ruhm, Reichtum oder auch in der Selbstüberzeugung, das „Richtige“ zu tun. Doch gerade dort, wo wir uns sicher wähnen, übt er seine stärkste Gewalt.
Der Mensch täuscht sich am liebsten selbst.
Wir halten uns für gerecht, während wir eigennützig handeln. Wir glauben, in Wahrheit zu leben, während wir nur den Spiegel unserer Wünsche betrachten. Wir meinen, mit „ernsten Dingen“ beschäftigt zu sein, doch nicht selten ist es Stolz, Ehrgeiz oder Eitelkeit, die uns treiben.
Die Gefahr für den Sucher
Für den Ritter und den Wahrheitssucher ist dies eine ständige Gefahr.
Denn der Weg zu Gott, zur inneren Reinheit, ist voller Verführungen. Je höher wir steigen, desto feiner werden die Masken des Scheins:
-
Tugend wird zum Stolz.
-
Opfer wird zum Werkzeug der Selbstdarstellung.
-
Weisheit wird zur Pose.
Der Schein kann uns glauben machen, wir seien dem Ziel nah – während wir uns in Wahrheit nur tiefer in die Täuschung verstricken.
Der templarische Kampf
Der wahre Kampf des Tempelritters richtet sich nicht allein gegen äußere Feinde, sondern gegen die Illusionen des eigenen Herzens.
-
Wachsamkeit vor dem Schein.
-
Demut gegenüber der Wahrheit.
-
Bereitschaft, die eigenen Motive immer wieder zu prüfen.
Nur so wird das Herz geläutert, nur so kann der Mensch bestehen, wenn Gott sein Innerstes prüft.
Fazit
Marcus Aurelius, der stoische Kaiser, hat uns ein Vermächtnis hinterlassen, das zeitlos bleibt: Misstraue dem Schein, besonders dann, wenn er dir schmeichelt.
Für den Templer ist diese Haltung nicht Philosophie allein, sondern tägliche Übung: Die Bereitschaft, sich nicht vom Glanz der Welt blenden zu lassen, sondern im Licht der Wahrheit zu stehen – auch wenn es dunkel, still und unscheinbar wirkt.
Denn der Schein vergeht. Die Wahrheit bleibt.
