Die erste Stufe des Glaubens:
Intuitiv-projektiver Glaube in der frühen Kindheit
In der Theorie der Glaubensentwicklung nach James W. Fowler nimmt die erste Stufe des Glaubens einen besonderen Platz ein: der intuitiv-projektive Glaube, der typisch für die frühe Kindheit ist. In dieser Phase entwickeln Kinder erste Fähigkeiten zur Objektrepräsentanz und zum präoperationalen Denken, die in Verbindung mit dem Erwerb sprachlicher Fähigkeiten den Weg für den intuitiv-projektiven Glauben bereiten.
Fantasie und Deutungsmuster
Der intuitiv-projektive Glaube zeichnet sich dadurch aus, dass Kinder die religiösen Vorstellungen und Glaubensinhalte, die sie aus ihrer Umwelt aufnehmen, mit ihrer eigenen lebhaften Fantasie kombinieren. Sie formen ihre eigenen Deutungsmuster, indem sie Fragmente aus ihrer Umgebung mit ihrer kreativen Vorstellungskraft verknüpfen. Dabei werden grundlegende Themen wie „Gut und Böse“ oder „Leben und Tod“ in ihr persönliches Vorstellungsbild eingearbeitet.
Egozentrische Perspektive und mangelndes Einfühlungsvermögen
In dieser Phase fehlt es den Kindern noch an einem ausgeprägten Einfühlungsvermögen, und sie nehmen die Welt vor allem aus einer egozentrischen Perspektive wahr. Sie sind nicht in der Lage, die Sichtweise anderer Menschen einzunehmen oder zu verstehen. Dadurch entsteht ein eher naives Verständnis von Religiosität, das noch nicht von kritischem Denken oder reflektierter Selbstwahrnehmung geprägt ist.
Mangelnde Reflexion und kritische Hinterfragung
Kinder in dieser Phase akzeptieren die religiösen Vorstellungen und Glaubensinhalte, die ihnen vermittelt werden, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Sie nehmen die Überzeugungen ihrer Eltern oder der sie umgebenden Gemeinschaft einfach als gegeben hin, ohne darüber nachzudenken, ob sie diesen Glauben wirklich teilen oder ob es andere Perspektiven gibt.
Bedeutung für die persönliche Entwicklung
Die Phase des intuitiv-projektiven Glaubens ist eine wichtige Etappe in der persönlichen Entwicklung eines Kindes. Sie legt den Grundstein für das Verständnis von Spiritualität und Glauben und bereitet den Weg für weiterführende Entwicklungsstufen. Durch die fantasievolle Auseinandersetzung mit religiösen Themen werden wichtige Grundlagen für ein tieferes Verständnis und eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Glauben gelegt.
Fazit: Die erste Stufe des Glaubens als Fundament
Der intuitiv-projektive Glaube in der frühen Kindheit ist ein entscheidendes Fundament für die religiöse Entwicklung eines Menschen. Durch die kreative Verknüpfung von Fantasie und religiösen Vorstellungen entsteht ein erstes Verständnis von Spiritualität, das zwar noch naiv und unreflektiert ist, aber dennoch den Grundstein für weiteres Wachstum und Reifung legt.
Morgen geht es mit der zweiten Stufe des Glaubens weiter.