Die Geschichte des Vatikans (Teil 9)
Souveränität durch die Lateranverträge (1929):
Die Beilegung der Römischen Frage
Die Lateranverträge, die am 11. Februar 1929 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Königreich Italien unter der Führung von Benito Mussolini geschlossen wurden, markieren einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte des Vatikans und des Papsttums. Diese Verträge ermöglichten nicht nur die Beilegung der sogenannten „Römischen Frage“, sondern hatten auch weitreichende politische, rechtliche und religiöse Auswirkungen.
Der politische Kontext:
Die Möglichkeit zum Abschluss der Lateranverträge wurde durch Mussolinis Politik der konsensstiftenden Kompromisse mit den alten Eliten der italienischen Gesellschaft geschaffen. Mussolini strebte nach innerer Festigung und internationaler Anerkennung für sein faschistisches Regime, und die Einigung mit dem Heiligen Stuhl sollte dazu beitragen.
Anerkennung der Souveränität des Vatikans:
Die Lateranverträge sahen vor, dass der italienische Staat die Souveränität des Papstes über die Vatikanstadt als eigenständigen Staat anerkannte. Dies bedeutete, dass der Vatikanstaat als unabhängige Nation anerkannt wurde, und der Heilige Stuhl erkannte gleichzeitig die Souveränität der italienischen Republik an. Dies war ein historischer Schritt, um die „Römische Frage“ zu lösen und den Konflikt zwischen dem Heiligen Stuhl und dem italienischen Staat beizulegen.
Das Konkordat und die Stellung der katholischen Kirche:
Ein wichtiger Bestandteil der Lateranverträge war das Konkordat, ein bilaterales Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem italienischen Staat. Dieses Abkommen bestätigte die katholische Religion als Staatsreligion in Italien und garantierte die Freiheit der Seelsorge und des Religionsunterrichts. Es verlieh der kirchlich geschlossenen Ehe zivilrechtliche Wirkung und glich das italienische Eherecht dem kanonischen Recht an.
Entschädigung für den Verlust des Kirchenstaats:
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Lateranverträge war ein Finanzabkommen, das dem Heiligen Stuhl eine hohe einmalige Entschädigung gewährte. Diese Entschädigung diente als Ersatz für den Besitz des Restkirchenstaates, der im Jahr 1870 von der italienischen Republik nationalisiert worden war. Dieses finanzielle Abkommen ermöglichte es dem Heiligen Stuhl, auf seine finanziellen Verluste aus dieser Zeit zu reagieren.
Die Auswirkungen der Lateranverträge:
Die Lateranverträge hatten weitreichende Auswirkungen auf die Stellung der katholischen Kirche in Italien und auf die Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem italienischen Staat. Obwohl die weltliche Macht der Päpste auf den kleinen Bereich der Vatikanstadt beschränkt blieb, behielten sie dennoch über ihre geistige Führung einen weitreichenden Einfluss. Die Lateranverträge legten den Grundstein für das moderne Verhältnis zwischen dem Vatikan und Italien und ermöglichten dem Heiligen Stuhl, sich auf seine religiöse Mission zu konzentrieren, während die katholische Kirche in Italien eine privilegierte Stellung behielt.