Existenz- und Vermögenssicherung im europäischen Kriegsszenario – ein Gedankenexperiment
Die größte Sorge trägt, wer am meisten zu verlieren hat.
In den vergangenen Jahren wurden viele Menschen durch eine Kette globaler Krisen erschüttert. Die Corona-Pandemie und die Energiekrise hinterließen bereits tiefe Spuren, doch es war vor allem Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, der die Welt in Aufruhr versetzte und für viele das Grauen greifbar nahe brachte. Dieser Krieg dauert an, und auch der Nahostkonflikt zeigt, wie lokale Spannungen schnell eskalieren und globale Auswirkungen haben können.
Es überrascht nicht, dass sich immer mehr Menschen fragen, was passieren würde, wenn der Ernstfall in Europa eintreten würde. Sollte Putin seine Agenda weiter ausdehnen, wäre das Szenario, so unwahrscheinlich es auch scheint, ein bedenkenswerter Gedanke. In diesem Artikel gehen wir der Frage nach, wie man sich im Falle einer solchen Krise absichern kann – sowohl in Bezug auf das eigene Leben als auch auf das Vermögen.
Die Person steht über dem Besitz
Die goldene Regel jeder Vorsorge lautet: Die Person steht über dem Besitz. Vorrangig geht es darum, sich selbst und seine Familie zu schützen. Daher ist die erste Frage, die man sich stellen sollte: Wie lässt sich die eigene Sicherheit gewährleisten? Dazu gehört, einen möglichen zweiten Wohnsitz in Betracht zu ziehen und Vorkehrungen zu treffen, um im Notfall eine stabile Grundlage für den Lebensunterhalt zu haben.
Geografische Entfernung und kulturelle Nähe
Auf der Suche nach sicheren Zufluchtsorten wird die Schweiz häufig als erste Option genannt. Sie hat sich in vergangenen Konflikten als neutraler Staat bewährt und gilt nach wie vor als sicherer Hafen. Zudem unterscheiden sich Kultur und Rechtssystem der Schweiz nicht allzu stark von den europäischen Nachbarn. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Schweiz ihre Neutralität im Falle eines innereuropäischen Krieges beibehalten könnte, wenn ein Aggressor diese missachtet.
Deshalb gelten Kanada und Neuseeland mittlerweile ebenfalls als attraktive Optionen. Beide Länder bieten nicht nur eine hohe Lebensqualität und Sicherheit, sondern auch den Vorteil der englischen Sprache. Ihre geografische Lage außerhalb von Europa macht sie zudem weniger anfällig für kriegerische Konflikte auf dem Kontinent.
Ein weiterer interessanter Kandidat ist Singapur. Trotz großer kultureller und rechtlicher Unterschiede hat sich Singapur in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer gefragten Destination für vermögende Familien entwickelt. Der Stadtstaat bietet nicht nur eine stabile Regierung und ein starkes Finanzsystem, sondern auch eine ausgeprägte bürokratische Effizienz. Wer bereit ist, sich den strengen Regeln anzupassen, kann hier ein komfortables und sicheres Leben führen.
Wohnsitzwahl: Fallstricke und Herausforderungen
Innerhalb der EU ist es relativ einfach, den Wohnsitz zu wechseln, da Reisefreiheit und Niederlassungsfreiheit gegeben sind. Anders sieht es im internationalen Kontext aus. Jedes Land hat eigene Vorschriften in Bezug auf Visa und Aufenthaltsberechtigungen, die sorgfältig geprüft werden müssen. So kann es sein, dass ein bestimmtes Land voraussetzt, dass man eine gewisse Zeit dort gelebt haben muss, bevor ein permanenter Wohnsitz in Betracht kommt. Andere Staaten bieten spezielle „Investoren-Visa“ an, die vermögenden Einwanderern erlauben, sich relativ schnell niederzulassen.
Aus diesem Grund entscheiden sich viele Menschen, bereits präventiv einen zweiten Wohnsitz im Ausland zu sichern, unabhängig von aktuellen politischen Krisen. Dies bietet ihnen strategische Flexibilität im Ernstfall.
Den Lebensunterhalt sichern
Hat man einen geeigneten Ort für den Zweitwohnsitz gefunden, stellt sich die Frage, wie man seinen Lebensunterhalt im Falle einer Krise sicherstellen kann. Hierbei spielt die geografische Lage der Verwahrstelle eine große Rolle. Der im Ausland gehaltene Betrag sollte ausreichen, um im Notfall für mehrere Jahre über die Runden zu kommen, ohne das gesamte Vermögen aufzubrauchen. Auch ein Teil des Vermögens könnte investiert werden, um langfristig zu profitieren, allerdings sollte man die Allokation des Depots regelmäßig überprüfen.
Vermögensdiversifikation im Kriegsfall
Die Diversifikation des Vermögens ist im Kriegsfall besonders wichtig. Historisch betrachtet haben Kriege und Krisen oft kurzfristig zu einem Einbruch der Kapitalmärkte geführt. Dennoch zeigt die Geschichte, dass sich Börsen langfristig auch von schwerwiegenden Ereignissen erholen können. Ein diversifiziertes Portfolio kann helfen, das Vermögen durch volatile Zeiten zu steuern und langfristig zu sichern.
Physische Vermögenswerte wie Gold gelten in Kriegszeiten als besonders wertbeständig. Gold bietet einen realen Gegenwert, der nicht beliebig vermehrbar ist, und hat sich in der Vergangenheit als Schutz gegen Hyperinflation erwiesen. Auch der Besitz von Land, Forstflächen oder Immobilien kann im Krisenfall Stabilität bieten, vor allem wenn sie in sicheren Regionen liegen.
Zukunftsplanung statt Panikreaktion
Obwohl ein Krieg in Europa unwahrscheinlich erscheint, zeigt dieses Gedankenexperiment, wie wichtig es ist, frühzeitig Vorkehrungen zu treffen. Wer sich auf verschiedene Szenarien vorbereitet, gewinnt an Sicherheit und Flexibilität. Die Diversifikation von Vermögen, ein zweiter Wohnsitz und strategische Investments sind Maßnahmen, die nicht nur in Krisenzeiten sinnvoll sind, sondern auch im Alltag für Stabilität sorgen.
In unserem Family Office bemerken wir zunehmend, dass Mandanten ihr Vermögen international aufstellen und sich nicht von Ängsten leiten lassen, sondern vielmehr die vorhandenen Möglichkeiten nutzen möchten. Diese weitsichtige Haltung ist entscheidend, um auch in unsicheren Zeiten gut aufgestellt zu sein.
Fazit
Die Sicherung von Existenz und Vermögen im europäischen Kriegsszenario ist ein Thema, das zum Nachdenken anregt, auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses gering ist. Die zentrale Botschaft lautet: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Wer heute strategisch plant, kann sich morgen sicherer fühlen – unabhängig davon, ob Krisen eintreten oder nicht.