Gedanken am 17. Dezember
Ein Ich-Tod ist eine Krise unvorstellbaren Ausmaßes. Nachdem
wir dem, was wir waren, gestorben sind, tritt eine Übergangszeit
ein, die erst verstreichen muß, bevor wir zu dem
erwachen können, was wir geworden sind. Diese Phase ist
ein Niemandsland, eine Zeit, während der wir »weder hier
noch da« sind. Die Juden wanderten 40 Jahre lang durch die
Wildnis, nachdem sie der ägyptischen Sklaverei entronnen
waren. Lazarus lag vier Tage lang im Grab. Persephone
schmachtete sechs Monate lang in der Unterwelt. Die Raupe
Hegt monatelang in scheinbarer Todesstarre, während sich in
der laudosen Dunkelheit des Kokons das Wunder der Metamorphose
vollzieht. Diese Zeit der Umwandlung verlangt
von uns gläubiges Vertrauen. Der große Mystiker Meister
Eckhart faßte diese notwendige seelische Einstellung mit
den Worten zusammen, wir seien niemals dem Lichte näher
als zur Zeit der Finsternis.
Tempelarbeit:
Atme ein paarmal tief durch; lasse dich langsam, geduldig in die
innere Stille gleiten. Erwägeden Gedanken, daß der wichtigste Teil
der Weihnachtsgeschichte -Josephs Geschichte – vom Glauben handelt,
der uns durch unsere dunklen Nächte hindurchhilft. In The
Gospel According to Jesus weist Stephen Mitchell daraufhin,
daß Marias Schwangerschaft eine schwere Glaubensprüfung für
Joseph bedeutet. Seine Aufarbeitung des Zweifels, des Schmerzes
und der Beschämung, die ihm ihre Schwangerschaft bereiten, und
die ihm zuletzt gelingende Vergebung stellen »eine Auflösung, eine
Umformung, eine Neuschöpfung des männlichen Mythos von
Adam und Eva« dar, »eines Mythos, nach dem die Schlange Eva
verführt und der Mann ihr (der Frau) für alle Zeiten die Schuldan
seiner Vertreibung aus dem Paradies gibt. (Tatsächlich wird Adam
erst in dem Augenblick vertrieben, als er ihr die Schuld gibt«