Gedanken am 30 August
Mit zunehmender spiritueller Reife wissen wir die Schönheit
und die einfachen Freuden des Lebens – wie die Anwesenheit
geliebter Menschen – immer mehr zu schätzen. Ich
erinnere mich an einen Winterabend, als mein Sohn Andrei,
der damals 20 Jahre alt war, mit Grippe nach Haus kam. E r
war so dankbar für die einfachen Freuden einer warmen
Wohnung, die Schmusedecke aus seiner Kindheit, in die er
sich einwickeln konnte, und eine Mutter, die ihm den Kopf
streichelte und mit ihm redete! Während ich bei diesem
großen Jungen saß, war ich mir wehmütig der Tatsache
bewußt, daß wir wahrscheinlich nicht mehr viele Abende wie
diesen zusammen verbringen würden. Ich glaube nicht, daß
ich jemals glücklicher gewesen bin als in diesem Augenblick,
dem die Erkenntnis, daß alles vergänglich ist und daß wir
nichts von dem, was wir lieben, für selbstverständlich nehmen
dürfen, eine fast unerträgliche Süße verlieh.
Tempelarbeit:
Großer Geist, wie unglaublich vielfältig und kostbar ist die
Erfahrung des Lebens! Offne mir bitte die Augen für seine
Schönheit und hilf mir, seine Unbeständigkeit zu erkennen –
die Wahrheit einzusehen, daß alles, was ich liebe, eines Tages
vergehen wird – , auf daß ich mein Herz voll überschäumender
Dankbarkeit den Gaben und Freuden des gegenwärtigen
Augenblicks zu öffnen vermöge!
Verweile für ein paar Minuten im Gebet der Sammlung oder in
der Shamatha-Vipassana-Meditation. Mache dir den Segen der
Unbeständigkeit bewußt, die uns die Seligkeit des gegenwärtigen
Augenblicks erst richtig erfahren läßt.