✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Geht es wirklich um Sicherheit – oder nur um mehr Geld fürs Militär?

Die Schlagzeilen werden lauter, die Worte schärfer: Ein österreichischer General warnt vor einem möglichen Angriff auf das Staatsgebiet, das Bundesheer sei nicht einsatzbereit, die Neutralität biete keinen Schutz mehr. Der Ruf nach mehr Mitteln, mehr Gerät, mehr Präsenz wird zunehmend dringlich – und öffentlichkeitswirksam inszeniert.

Doch man darf und muss sich fragen, was tatsächlich hinter dieser Eskalation in der Rhetorik steckt:
Geht es hier wirklich um akute Bedrohungen – oder primär um die politische und gesellschaftliche Akzeptanz für höhere Militärausgaben?

Die Rückkehr des Kriegs als Argument

Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat sich der Ton in Europa verändert. Verteidigung ist kein Tabuthema mehr, sondern bekommt neue Relevanz. Auch in neutralen Staaten wie der Schweiz oder Österreich wird nun wieder fleißig geübt – in Allentsteig etwa, wo Schweizer Truppen das Szenario eines fremden Angriffs trainieren.

Und auch in Österreich endet nun offiziell die „Friedensdividende“ der letzten Jahrzehnte. Das Bundesheer, lange als „kaputtgespart“ belächelt, will sich neu erfinden – mit einem ambitionierten „Aufbauplan 2032“ und einem deutlichen Anstieg des Budgets.

Doch genau hier beginnt die Diskussion problematisch zu werden.

Bedrohungsszenarien: real oder konstruiert?

Generalleutnant Martin Dorfer warnt öffentlich: Österreich müsse mit einem Angriff auf kritische Infrastruktur rechnen – Terroristen, Spezialkräfte oder sogar staatlich gelenkte Verbrechensnetzwerke könnten zuschlagen. Die Neutralität schütze uns nicht. Die NATO sei nicht verpflichtet zu helfen.

Das alles mag nicht völlig aus der Luft gegriffen sein – aber es ist auch kein neues Phänomen. Schon seit Jahrzehnten sind hybride Bedrohungen, Cyberattacken oder Sabotageakte bekannt und Thema sicherheitspolitischer Debatten.

Neu ist hingegen, mit welcher Vehemenz jetzt davor gewarnt wird. Und mit welcher Klarheit daraus finanzielle Forderungen abgeleitet werden.

Neutralität als Auslaufmodell?

Indirekt wird die österreichische Neutralität zunehmend in Frage gestellt – nicht rechtlich, aber faktisch. Wenn sie angeblich keinen Schutz mehr bietet, stellt sich die Frage: Was will man stattdessen? Ein schleichender Kurswechsel in Richtung NATO-Mitgliedschaft? Eine Aufweichung der bisherigen Außenpolitik?

Hier muss die Politik klar Position beziehen – und ehrlich sein. Denn Neutralität war nie ein Freifahrtschein gegen Gewalt, sondern ein diplomatischer Status, der mit kluger Verteidigungsstrategie kombiniert sein muss. Doch das bedeutet nicht automatisch ein Milliardenheer mit Nato-kompatibler Aufrüstung.

Verteidigung ja – aber mit Augenmaß

Sicherheit kostet – keine Frage. Ein gewisses Maß an militärischer Grundfähigkeit ist notwendig, auch in einem neutralen Staat. Aber es stellt sich die Frage, wo die Grenze zwischen notwendiger Modernisierung und überzogener Militarisierung verläuft.

Wenn nun plötzlich die Luftverteidigung, Cyberabwehr, Panzertruppen, Aufklärungseinheiten, mobile Einsatzverbände und Drohnenflotten gleichzeitig als „elementar notwendig“ gelten – dann muss gefragt werden: Wer definiert das Maß, und mit welchem Ziel?

Geht es hier wirklich um Landesverteidigung – oder um den Aufbau einer kleinen, aber teuren Hochleistungsarmee, die international kompatibel ist und langfristig doch an größere militärische Bündnisse andocken soll?

Fazit: Wachsamkeit ist angebracht – auch gegenüber militärischer Argumentation

General Dorfer sagt: „Keiner von uns will Krieg.“
Das ist glaubwürdig – und dennoch gefährlich, wenn diese Aussage benutzt wird, um umfassende Aufrüstung als „Friedensprojekt“ zu verkaufen.

Die Verteidigung Österreichs darf kein Alibi für politische oder industrielle Interessen sein.
Deshalb ist es unsere Pflicht als Bürgerinnen und Bürger, genau hinzuhören, nachzufragen und wachsam zu bleiben, wenn plötzlich im Namen der Sicherheit Milliarden gefordert werden.

Denn: Verteidigung beginnt nicht mit dem Gewehr, sondern mit dem Denken.

Schreibe einen Kommentar