Was gibt es sonst noch an verloren gegangenem Wissen aus dem Mittelalter?
Geheimnisse vergangener Zeiten zwischen Mythos, Wissenschaft und Vergessenheit
Das Mittelalter – eine Epoche zwischen Antike und Neuzeit, oft als „dunkel“ verschrien, aber bei näherem Hinsehen reich an Wissen, Kultur, Technik und Heilkunde, das uns heute staunen lässt. Vieles davon wurde überliefert, manches verfälscht – und einiges ging unwiederbringlich verloren. Doch was genau ist verschwunden? Was wissen wir nur noch bruchstückhaft? Und welche vergessenen Schätze mittelalterlicher Erkenntnis könnten uns heute vielleicht weiterhelfen?
1. Verlorenes medizinisches Wissen
Neben bekannten Heilkundigen wie Hildegard von Bingen oder den Klostermedizinern existierte im Mittelalter eine große, oft mündlich überlieferte Volksmedizin. Viele Kräutermischungen, Salbenrezepte, Entgiftungsmethoden und Behandlungstechniken sind im Lauf der Zeit verloren gegangen – etwa durch die Verfolgung sogenannter „Hexen“, die oft weise Frauen und Kräuterheilerinnen waren.
Auch Heilpraktiken mit regionalen Pflanzen, deren Wirkung heute kaum erforscht ist, sind verschwunden. Ebenso verloren sind viele Anwendungen aus der Tempelritter-Heilkunde oder der Alchemie, die durchaus medizinisches Potenzial gehabt haben könnten.
2. Geheimes Bauwissen der Kathedralenbauer
Wer einmal vor den gotischen Kathedralen von Chartres, Köln oder Reims gestanden hat, fragt sich unweigerlich: Wie konnten Menschen ohne moderne Maschinen solche Bauwerke errichten?
Das Wissen um:
- statische Berechnungen,
- Lastverteilung ohne Stahlbeton,
- akustische Effekte,
- Symbolik im Steinbau,
- präzise Ausrichtung nach astronomischen Prinzipien,
ist zum großen Teil nicht schriftlich dokumentiert worden. Es wurde mündlich in den Bauhütten weitergegeben, verschwand aber mit der Auflösung dieser Gemeinschaften. Besonders die geometrischen und numerologischen Kenntnisse gelten heute als weit komplexer, als man lange dachte.
3. Alchemie – mehr als Goldmacherei
Die mittelalterliche Alchemie war eine Vorläuferin der modernen Chemie, aber auch eine spirituelle Wissenschaft, die Körper, Geist und Materie als Einheit betrachtete. Viele alchemistische Manuskripte gingen verloren – durch Brände, Verfolgung oder absichtliche Geheimhaltung.
Verloren gingen unter anderem:
- Rezepturen zur Reinigung von Metallen oder Herstellung von Medikamenten
- Kenntnisse über Destillation, Fermentation, Tinkturen und Elixiere, die in der Naturheilkunde noch heute eine Rolle spielen
- Symbolisches Wissen, das man erst heute mit modernen Analyseverfahren besser zu entschlüsseln beginnt
Alchemie war kein „Hokuspokus“, sondern eine Mischung aus Philosophie, Chemie, Psychologie und Spiritualität – viel umfassender als unser heutiges Verständnis von Wissenschaft.
4. Altes Wissen über Energie, Klang und Resonanz
Verschiedene mittelalterliche Bauten – insbesondere Kirchen, Kapellen und unterirdische Räume – zeigen eine präzise Ausnutzung von Resonanzen und Klangwellen. Es gibt Hinweise darauf, dass Mönche und Baumeister mit bestimmten Tönen heilende oder bewusstseinsverändernde Zustände hervorrufen wollten. Auch in der Glas- und Glockenherstellung ging Wissen verloren, etwa zur Erzeugung ganz bestimmter Frequenzen.
Der Heilklang von gregorianischem Gesang, der gezielte Einsatz von Schall in Kapellen oder Resonanzräume unter Altären geben Rätsel auf, die heute nur schwer rekonstruiert werden können.
5. Verlorene Manuskripte und Bibliotheken
Viele mittelalterliche Texte sind für immer verloren – durch:
- Kriege und Invasionen (z. B. Brandschatzung der Bibliothek von Córdoba)
- Klosterauflösungen während der Reformation
- Verfolgung vermeintlich „ketzerischer“ Schriften
- natürliche Zerstörung (Feuchtigkeit, Feuer, Schimmel)
Besonders betroffen:
- Geheimes Wissen über Astronomie, das nicht mit dem kirchlichen Weltbild vereinbar war
- Medizinische Werke aus arabischer und jüdischer Tradition, die im Mittelalter oft die fortschrittlichsten waren
- Philosophische Schriften, die ein anderes Bild vom Menschen zeichneten als die offizielle Theologie
6. Vergessene Handwerkstechniken und Materialien
Auch das alltägliche Wissen der Handwerker ist oft nicht dokumentiert worden – etwa über:
- die Herstellung von Naturfarben, die Jahrhunderte überdauerten
- die Konservierung von Lebensmitteln ohne moderne Kühlung
- Waffen- und Rüstungsbau, z. B. das Schmieden von Klingen mit idealer Härte-Flexibilitäts-Kombination
- Textilherstellung, etwa mit Pflanzenfarben oder gewebten Mustern, die heute kaum reproduzierbar sind
Fazit: Der Schatz des verlorenen Wissens
Ein großer Teil des mittelalterlichen Wissens wurde nie systematisch niedergeschrieben oder ging durch die Wirren der Geschichte verloren. Und dennoch sind Spuren dieses Wissens erhalten – in alten Manuskripten, Kirchenarchitekturen, Bräuchen, Mythen und in der traditionellen Volkskunde.
Heute entdecken Wissenschaftler, Archäologen und Heilkundige mehr und mehr davon wieder – unterstützt durch moderne Technik, aber auch durch das wachsende Interesse an ganzheitlichen, naturverbundenen und spirituell fundierten Wissenssystemen.
Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir das „alte Wissen“ nicht nur als Kuriosität betrachten, sondern als Quelle von Erkenntnis, Inspiration – und Antworten auf Fragen, die die moderne Welt noch nicht gelöst hat.