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Begegnung zwischen den Parallelwelten

Die Suche nach gemeinsamen Räumen in einer fragmentierten Gesellschaft
In einer zunehmend fragmentierten Gesellschaft stellt sich die Frage: Wo treffen sich Menschen, die aus verschiedenen Milieus stammen, noch? Wo existieren Begegnungszonen zwischen den einzelnen Parallelgesellschaften? Früher mag der sonntägliche Gottesdienst für viele eine solche Gelegenheit gewesen sein, auch wenn er manchmal aus obligatorischen Gründen besucht wurde. Doch selbst diese Begegnung setzte voraus, dass man Teil einer bestimmten Glaubensgemeinschaft war und von den anderen Mitgliedern akzeptiert wurde. Paradoxerweise schließen sich Menschen, sobald eine Gesellschaft vielfältiger wird, oft in verschiedenen Gruppen zusammen, was den gesamtgesellschaftlichen Konsensraum verkleinert.
Orte, an denen sich Menschen aus verschiedenen Kreisen aufhalten, sind jedoch selten. Das Bundesheer oder der Zivildienst könnten Beispiele sein, doch beide sind nur für Männer verpflichtend.
Gab es jemals Versammlungen, die wirklich alle Mitglieder einer Gesellschaft einschlossen und in denen jedem Menschen auf die gleiche Art begegnet wurde? Oder haben schon immer gewisse Parallelwelten in einer Gesellschaft existiert?
In liberalen und gerechten Demokratien sollten die Grenzen eigentlich durchlässiger sein, sodass Menschen zwischen den Sphären wandern und mehreren Gemeinschaften gleichzeitig angehören können. Doch weist der Trend gerade in diese Richtung? Oder nehmen die gegenseitigen und selbstgewählten Schubladisierungen zu?
Wenn Lebensrealitäten immer weiter auseinanderdriften, wenn sich jeder nur in seinen fragmentierten Blasen bewegt und sich auch nur dort informiert, können sich geistige Parallelwelten zwischen den Parallelgesellschaften auftun. Die Übereinstimmung rückt damit in weite Ferne. Wenn sich eine Gesellschaft nicht einmal mehr über gewisse gesamtstaatliche Prinzipien einigen kann, wird es demokratiepolitisch gefährlich.
In dieser zunehmend fragmentierten Welt ist es entscheidend, dass wir nach Wegen suchen, um gemeinsame Räume zu schaffen, in denen Menschen aus verschiedenen Milieus zusammenkommen und miteinander interagieren können. Nur so können wir die Gräben überwinden, die sich zwischen den verschiedenen Parallelwelten auftun, und eine inklusive und solidarische Gesellschaft fördern.

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