Der erste „Geldautomat“ der Geschichte?
Herons automatischer Weihwasserspender
Wie ein genialer Erfinder der Antike das Prinzip des Münzeinwurfs erfand
Wenn wir heute an Geldautomaten denken, sehen wir blinkende Displays, Kartenleser und PIN-Codes. Doch wussten Sie, dass das Prinzip eines „automatischen Spenders gegen Münzeinwurf“ schon vor über 2.000 Jahren erfunden wurde? Der griechische Ingenieur Heron von Alexandria entwickelte im 1. Jahrhundert nach Christus ein Gerät, das als erster „Geldautomat“ der Geschichte gelten kann – ein automatischer Weihwasserspender.
1. Wer war Heron von Alexandria?
Heron lebte im römischen Ägypten, wahrscheinlich im 1. Jahrhundert n. Chr., und gilt als einer der bedeutendsten antiken Erfinder und Ingenieure. Er war Mathematiker, Mechaniker und Autor zahlreicher Werke über Physik, Pneumatik, Optik und Mechanik.
In seinem Werk „Pneumatika“ beschreibt Heron über 80 technische Geräte – von selbstöffnenden Tempeltüren über Dampfmaschinen bis hin zu Automaten. Eines davon war ein Gerät, das eine ganz besondere Funktion hatte: Es spendete Flüssigkeit – wenn man eine Münze einwarf.
2. Der automatische Weihwasserspender – wie funktionierte er?
Herons Maschine bestand im Wesentlichen aus folgenden Komponenten:
- Ein Einwurfschlitz für Münzen
- Ein Hebelmechanismus, der durch das Gewicht der Münze in Bewegung gesetzt wurde
- Ein Ventil, das für kurze Zeit öffnete und eine bestimmte Menge Flüssigkeit (z. B. Weihwasser) freigab
- Sobald die Münze durchgefallen war, schloss sich das Ventil wieder
Das bedeutet: Nur wer eine Münze einwarf, erhielt eine Portion Weihwasser – etwa zur rituellen Reinigung am Eingang eines Tempels. Das war nicht nur praktisch, sondern auch eine geniale Kombination aus Technik, Wirtschaft und Religion.
3. Warum Weihwasser?
Im antiken Ägypten wie auch in der griechisch-römischen Welt spielte rituelle Reinigung eine große Rolle. Vor dem Betreten eines Tempels war es üblich, sich symbolisch zu reinigen – häufig mit Wasser, das als heilig galt. Der automatische Weihwasserspender ermöglichte es, diesen Akt ohne menschliches Personal, aber trotzdem „kontrolliert“ durchzuführen – gegen Bezahlung, versteht sich.
Ob es sich dabei um eine Form der Tempelabgabe handelte oder um eine Art „Eintrittsgebühr“ für den Zugang zu ritueller Reinheit, ist unklar. Sicher ist jedoch: Der Mechanismus beeindruckte die Besucher und sorgte für Ordnung.
4. Der erste Automat der Welt?
Auch wenn Herons Gerät noch keinen Bildschirm oder EC-Kartenleser hatte – das Grundprinzip eines Automaten war erfüllt:
- Einwurf eines Geldstücks
- Automatische Reaktion der Maschine
- Auslösung einer mechanischen Aktion (in diesem Fall: Ausgabe von Flüssigkeit)
Damit kann Herons Weihwasserspender mit gutem Recht als Vorfahre des heutigen Verkaufs- oder Bankautomaten gelten. Im Prinzip war es auch ein früher „Zahlung gegen Leistung“-Apparat – faszinierend fortschrittlich für seine Zeit.
5. Bedeutung und Nachwirkung
Herons Erfindungen waren ihrer Zeit so weit voraus, dass viele von ihnen erst in der frühen Neuzeit oder gar in der Industrialisierung wiederentdeckt und weiterentwickelt wurden. Seine Werke gerieten im Westen lange in Vergessenheit, wurden jedoch in der arabischen Welt bewahrt, übersetzt und studiert.
Der automatische Weihwasserspender zeigt eindrucksvoll, dass Technik und Religion, Funktion und Ritual, schon in der Antike kreativ verbunden wurden – mit Ideen, die bis heute fortleben.
Fazit
Herons automatischer Weihwasserspender war mehr als ein kurioses Spielzeug: Er war ein Meilenstein der Technikgeschichte. Mit ihm beginnt die Geschichte der Automatenkultur – lange bevor es Elektrizität, Zahnräder oder Banken gab.
Herons Genie zeigt: Der Mensch denkt seit jeher in Systemen, die Arbeit automatisieren, Ressourcen schonen und zugleich den Alltag strukturieren. In gewisser Weise war dieser Weihwasserspender nicht nur der erste Automat – sondern auch der erste Ausdruck einer Idee, die unsere moderne Welt prägt: Technik als Dienstleister für Mensch, Glaube und Gesellschaft.