✠✠✠✠✠✠ ASTO TEMPLER-BLOG ✠✠✠✠✠✠

Die Stufen des Glaubens

Eine Reise durch das spirituelle Erwachsenwerden

Glauben ist nicht statisch. Er wächst, wandelt sich, reift – wie der Mensch selbst. Wer glaubt, steht in einem lebendigen Prozess. Die Stufen des Glaubens zeigen, wie sich dieser innere Weg im Laufe eines Lebens entfalten kann – vom kindlichen Urvertrauen bis hin zu einem tiefen, durchlebten und verbindenden Glauben.

Diese Einteilung geht auf den amerikanischen Entwicklungspsychologen James W. Fowler zurück, der die spirituelle Entwicklung des Menschen in verschiedene Stufen gegliedert hat. Für uns Templer sind diese Stufen nicht nur psychologische Kategorien – sie spiegeln auch den inneren Pfad des Erwachens wider, den jeder Mensch auf seine Weise durchschreitet.

1. Intuitiv-projektiver Glaube (ca. 3–7 Jahre)

In dieser frühen Phase ist der Glaube von Bildern, Gefühlen und Erzählungen geprägt. Das Kind erlebt Gott als eine magische Gestalt – gut, mächtig, aber auch manchmal strafend. Vorstellungen von Himmel, Engeln oder Hölle sind oft bunt, einfach und stark emotional besetzt.

Dieser Glaube ist intuitiv, gespeist aus Fantasie und Erzählungen der Erwachsenenwelt. Hier wird der erste Samen des Glaubens gelegt, der jedoch noch ganz im kindlichen Denken wurzelt.

2. Mythisch-wörtlicher Glaube (typisch im Schulalter)

Mit dem Schuleintritt beginnt das Kind, Zusammenhänge zu verstehen. Es liebt Geschichten, Märchen und biblische Erzählungen – und nimmt sie meist wörtlich. Die Welt des Glaubens erscheint als geordnete Bühne: Gut ist gut, Böse ist böse. Regeln sind wichtig, Rituale geben Halt.

Dieser Glaube basiert auf klaren Vorstellungen und einfachen moralischen Unterscheidungen. Es ist der Glaube an die Richtigkeit der überlieferten Lehren – ohne tieferes Hinterfragen.

3. Synthetisch-konventioneller Glaube (typisch im Jugendalter)

In der Jugend wird der Glaube Teil der eigenen Identität. Der Jugendliche beginnt, sich mit seiner Umwelt zu identifizieren – Familie, Freunde, Kirche, Gemeinschaften. Dabei übernimmt er oft die Werte und Glaubenshaltungen seines Umfelds, ohne sie vollständig zu hinterfragen.

Dieser Glaube ist stark von Zugehörigkeit geprägt. Der junge Mensch fragt: „Was denken andere über mich?“ – und oft auch: „Was denkt Gott über mich?“ Fragen tauchen auf, aber sie führen selten zu einem Bruch – vielmehr versucht man, das Bestehende zu integrieren.

4. Individuierend-reflektierter Glaube (häufig nach dem Verlassen des Elternhauses)

Mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben beginnt eine Phase intensiver Auseinandersetzung. Der Mensch stellt Fragen, zweifelt, sucht seine eigene Wahrheit. Der bisher übernommene Glaube wird hinterfragt – vielleicht auch zeitweise verworfen.

Es ist die Phase der inneren Eigenständigkeit. Die Antworten, die früher ausreichend waren, reichen nun nicht mehr. Der Glaube wird persönlicher, kritischer, reifer. Oft ist es eine Zeit des Umbruchs – aber auch eine Phase tiefgreifender Klärung und inneren Wachstums.

5. Verbindender Glaube (meist nicht vor der Lebensmitte)

Diese Stufe erreichen nur wenige Menschen – und meist erst in der Lebensmitte oder danach. Hier verbindet sich spirituelle Tiefe mit innerer Reife. Der Mensch erkennt die Vielfalt der Glaubenswege, ohne seine eigene Wahrheit zu verlieren. Er urteilt nicht, sondern sieht das Gemeinsame im Unterschiedlichen.

Der verbindende Glaube ist geprägt von Mitgefühl, innerem Frieden und gelebter Weisheit. Der Mensch lebt aus einer Tiefe, die nicht mehr beweisen muss. Er erkennt: Glaube ist kein Besitz, sondern ein Weg – ein ständiges Eintauchen in das Göttliche.

Fazit: Glauben als Entwicklungspfad

Die Stufen des Glaubens sind keine Hierarchie – sie sind Etappen eines persönlichen Reifungsprozesses. Jeder Mensch durchläuft sie in seinem eigenen Tempo, manche bleiben stehen, andere schreiten weiter. Wichtig ist: Glaube darf sich wandeln. Und mit jeder Wandlung wächst auch das Verständnis für das Mysterium, das wir Gott nennen.

Als Templer erkennen wir in dieser Entwicklung den wahren inneren Weg – vom äußeren Glauben zum inneren Wissen, vom Bild zum Erleben, vom Dogma zur lebendigen Verbindung.

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