Templer - Blog

Drei Päpste und 700 Dirnen

Das Konstanzer Konzil in den Jahren 1414 bis 1418 ließ die gesamte christliche Welt an den Seerhein schauen. Doch gemach: Kein politisches Ereignis ohne Vorgeschichte. Im Jahre 1378 hatte die Spaltung der Kirchen begonnen. Ein Papst regierte in Rom, einer in Avignon. Die weltlichen Machthaber waren schwache Geister. 1409 wollten die Kardinäle Klarheit:

Sie luden zum Konzil nach Pisa. Beide Päpste wurden abgesetzt, es kam Alexander V. und später Johann XXIII. Die Macht der Kardinäle allerdings reichte eben so weit noch nicht: Die Päpste ließen sich nicht absetzen, blieben an er Macht – und fortan gab es drei Päpste. Die Kirche und damit auch die Päpste bestimmten im Mittelalter viel. Und die drei Päpste waren zwei zuviel. Man glaubte ja auch nur an einen Gott. Zudem hatten die Päpste nicht gerade das, was man heute eine saubere Weste nennen würde: Johann XXIII. führte ein ganz und gar unkirchliches Leben, war auch schon in Kriege verwickelt. Ausgerechnet er wandte sich an den deutschen König Sigmund (aus luxemburgischen Haus, die Habsburger hatten zu dieser Zeit noch keine Chance auf den Thron) und wollte, dass Sigmund sich auf politischen Wege um die gespaltene Kirche kümmere.

Johann hatte mit dem Anrufen des Königs seinen eigenen Vorteil im Sinn: Er wollte die anderen beiden Päpste ausschalten. Doch Sigmund ging darauf nicht ein und schlug ein Konzil in Konstanz vor. In Konstanz nicht zuletzt deshalb, weil Sigmund dort Macht hatte und die Mitte Europas damals verkehrstechnisch mehr Argument war als sie das heute ist. Graf Eberhard von Nellenburg war der Mann gewesen, der dem König Konstanz nahelegte. Auf den 1. November 1414 wurde nach Konstanz geladen, Johann XXIII. war schon früher da, nach einer beschwerlichen Reise samt Kutschenunfall am Arlbergpass. Am 5. November wurde das Konzil eröffnet, am 16. November fand die erste Plenar-Sitzung im Münster statt. Der Streit war vorprogrammiert: Gleich wollten die Italiener Johann als einzigen Papst sehen. Der Gegenantrag: erst sollten die Gesandten der anderen Päpste gehört werden.

Eine Einigung war in weite Ferne gerückt. Alle oder keiner Erst im Januar kam es in der Spaltungsfrage der Kirche zu einer absehbaren Mehrheit: Ale drei Päpste sollten zurücktreten. Johann, XXIII. hatte die erste Schlacht im Konstanzer Münster verloren. Deutsche, Franzosen und Engländer fingen an, Johann regelrecht zu demontiere, veröffentlichten Schmähschriften, in denen ihm vorgeworfen wurde, er glaube nicht an die Auferstehung und sei bestechlich. Die Folge: Johann kündigte an im März zurückzutreten, wenn auch die anderen beiden Päpste zurück träten. Sigmund schien erleichtert, küßte dem Papst die Füße und hatte sich zu früh gefreut. Denn: Johanns Erklärung war eine Finte. Als Bogenschütze getarnt, floh Johann XXIII. aus der Stadt und landete in Schaffhausen. Dort verlas er, er sei wegen König Sigmund geflohen. Helle Aufregung in Konstanz: Würde das Konzil jetzt im Chaos enden?

Sigmund rüstete sich schon zum Zug gegen Schaffhausen und ächtete den Herzog von Österreich, der Johann bei der Flucht geholfen hatte. Johann floh weiter nach Freiburg. Der Herzog von Österreich, der bereits Hab und Gut an König Sigmund verloren hatte, nahm schließlich selbst den flüchtigen Papst gefunden, der daraufhin nach Radolfzell geführt wurde. Der Papst musste abdanken, wurde nach Gottlieben und dann für vier Jahre nach Mannheim in den Kerker gebracht. Geschichte ist manchmal gnädig: Später wurde Johann noch einmal Kardinal, starb aber kurz darauf. Der zweite Papst erklärte dem Konzil, freiwillig zurückzutreten, blieb der Spanier Benedikt XIII. übrig. König Sigmund ging nach Nizza, um das Problem zu klären, die Verhandlungen scheiterten, Benedikt zog sich nach Valencia zurück, protestierte gegen das Konstanzer Konzil. König Sigmund kehrte erst 1417 wieder nach Konstanz zurück, ohne Benedikt. Das Konzil setzte Benedikt ab und wählte im Oktober 1417 einen Papst für die drei alten: Otto Colonna hieß er mit bürgerlichen Namen, der neue Mann aus Rom, als Martin V. ging er in die Geschichte ein. Erst im April 1418 war das Konzil beendet. Wegen der Verbrennung von Johann Hus (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite) hat das Konzil einen schlechten Ruf in der Nachwelt, dennoch: Das Konzil hat die Kirchenspaltung zunächst aufhalten können, das ist der historische Verdienst, der nicht lange anhalten sollte.

Die Konstanzer haben vom Konzil über die Maßen profitiert: In den Jahren des Konzils war dort soviel Geld ausgegeben worden, dass die Stadt die reichste Süddeutschlands wurde. Insgesamt 72000 Menschen besuchten Konstanz. Beim ersten Hochamt Martin V. vor dem Münster sollen 150000 Menschen gelauscht haben. Was fehlte? Den Konstanzern die Bezahlung der königlichen Beherbungsgebühren: Eine Rechnung über 23000 Gulden wurde Sigmund 1418 präsentiert. Sigmund ließ seine Kronjuwelen als Pfand da und löste sie nicht mehr ein. Konstanz zeigte sich während der vier Jahre von seiner gastlichsten Seite: Es gab Wildschwein, Reh, Hase, aber auch Dachs, Otter, Amseln und Drosseln auf den Tisch, ein Doppelbett kostete für einen Monat zwischen einem und zwei Gulden. Der Wein – damals wurde er kräftig gewürzt – war verhältnismäßig günstig und 700 Dirnen machten auch mit den Männern des Konzils – Peter Lenk hat das Thema mit der Imperia aufgegriffen – ihr Geschäft.

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